Datenblatt Psi-Werte Fenster

Warme Kante für Fenster und Fassade

Einfache Berücksichtigung im wärmetechnischen Nachweis

Lesezeit: 7 Minuten

Entsprechend der Produktnorm für Fenster EN 14351-1 [1] (Fassaden EN 13830 [2]) erfolgt die Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten UW (UCW) entsprechend EN ISO 10077-1 [3] (EN ISO 12631 [4]).

Zur Berechnung wird – neben den Wärmedurchgangskoeffizienten der einzelnen Komponenten wie Rahmen oder Verglasung – der sog. lineare Wärmedurchgangskoeffizient Y (Psi) benötigt. Dieser Y-Wert beschreibt den Wärmeverlust, der durch den Einbau der Verglasung in den Rahmen entsteht. Seine Höhe hängt wesentlich davon ab, welcher Abstandhalter im Isolierglas verwendet wird.

Für die Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten sind in EN ISO 10077-1 und auch in EN ISO 12631 sowohl für konventionelle als auch wärmetechnisch verbesserte Abstandhalter pauschale Werte vorgegeben, die ohne weiteren Nachweis herangezogen werden dürfen. Ebenso ist es auch möglich, den Y-Wert für Abstandhalter entsprechend EN ISO 10077-2 [5] individuell zu berechnen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Y-Wert vom detaillierten Rahmenprofil, vom Glasaufbau sowie von der konkreten Einbausituation des Glases abhängt.

Repräsentative Psi-Werte

Entsprechend den Produktnormen sind für den Nachweis von Leistungseigenschaften sogenannte repräsentative Probekörper zu verwenden. Es ist z.B. ausreichend, den Wärmedurchgangskoeffizienten UW für die in EN 14351-1 definierten Standardgrößen zu ermitteln. Auch andere Eigenschaften wie z.B. die Luftdurchlässigkeit oder die Luftschalldämmung werden an repräsentativen Probekörpern ermittelt. So ist es zielführend, auch den Nachweis von Y-Werten von wärmetechnisch verbesserten Abstandhaltern an repräsentativen Rahmenprofilen und Glasaufbauten durchzuführen. Diese Vorgehensweise bietet im Wesentlichen zwei Vorteile:

  • Die so ermittelten Y-Werte können im Rahmen der Herstellerdeklaration des Wärmedurchgangskoeffizienten verwendet werden.
  • Durch die einheitlichen Randbedingungen bei der Ermittlung des Y-Wertes ist ein gerechter und objektiver Vergleich der Leistungsfähigkeit von wärmetechnisch verbesserten Systemen möglich.

 

Psi-Werte für Fenster

Für Fenster definiert die ift-Richtlinie WA-08/3 [6] ein Verfahren zur Ermittlung von repräsentativen Y-Werten von wärmetechnisch verbesserten Abstandhaltern in Verbindung mit Fensterrahmenprofilen. Hierzu sind für die Materialien

  • Holz,
  • Holz-Aluminium
  • Kunststoff sowie
  • Metall

repräsentative Rahmenprofile festgelegt. Diese Rahmenprofile erlauben den Einbau sowohl von 2-fach als auch 3-fach Wärmedämmglas. Die Querschnitte der repräsentativen Rahmenprofile können der Richtlinie entnommen werden. Ebenso sind repräsentative Glasaufbauten definiert:

2-fach Wärmedämmglas:

4/16/4 mit Ug = 1,1 W/(m2 K)

3-fach Wärmedämmglas:

4/12/4/12/4 mit Ug = 0,7 W/(m2 K)

Bei der Anwendung der repräsentativen Y-Werte bei der Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten UW gelten nachfolgende Regeln:

Die berechneten repräsentativen Y-Werte können für folgende Wärmedämmgläser verwendet werden:

  • 2-fach Wärmedämmglas: Ug ≥ 1,0 W/(m2 K) mit Argon oder Luftfüllung
  • 3-fach Wärmedämmglas: Ug  ≥ 0,5 W/(m2 K) mit Argon oder Luftfüllung

Die repräsentativen Y-Werte wurden für eine äußere und innere Glasdicke von jeweils 4 mm ermittelt. Beim Einsatz von dickeren Glasscheiben sind die repräsentativen Y-Werte entsprechend zu erhöhen:

  • Pro mm größerer Glasdicke der Außenscheibe um 0,001 W/(m2 K)
  • Pro mm größerer Glasdicke der Innenscheibe um 0,002 W/(m2 K)

Bei der Verwendung der repräsentativen Y-Werte ist des Weiteren darauf zu achten, dass die Uf-Werte sowie die Glaseinstände der tatsächlichen Rahmenprofile den Werten entsprechend nachfolgender Tabelle genügen.

Die Tabelle zeigt in Spalten Rahmenmaterial, Ur in W/(m2K) und Glaseinstand in mm. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 1: Anforderungen an die Uf-Werte von Fensterrahmenprofilen zur
pauschalen Anwendung der repräsentativen -Werte
Datenblatt Psi-Werte Fenster
Bild 1: Datenblatt des Bundesverbandes Flachglas

Die Mitglieder des AK Warme Kante des Bundesverbandes Flachglas BF veröffentlichen ihre repräsentativen Y-Werte mittels entsprechender Datenblätter, die auf der Website des BF (www.bundesverband-flachglas.de) kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Neben den erläuterten repräsentativen Y-Werten ist auf dem Datenblatt auch die sogenannte äquivalente Wärmeleitfähigkeit des Abstandhalters dargestellt. Auf diese wird in Kapitel 3 eingegangen.

Psi-Werte für Fassaden

Die entsprechend der ift-Richtlinie WA 08/3 ermittelten repräsentativen Y-Werte können ausschließlich bei der Ermittlung des Wärmedurchgangskoeffizienten für Fenster entsprechend EN ISO 10077-1 genutzt werden. Für Vorhangfassaden dürfen diese Werte nicht verwendet werden!

Um für den Wärmedurchgangskoeffizienten von Vorhangfassaden UCW eine ähnlich einfache Vorgehensweise zu ermöglichen, wird aktuell in einem Forschungsvorhaben ein Verfahren entwickelt, mit dem repräsentative Y-Werte von wärmetechnischen Abstandhaltern für die Anwendung in Vorhangfassaden ermittelt werden können.

Hierzu ist es notwendig repräsentative Fassadenprofile sowie repräsentative Glasaufbauten zu definieren. Zusätzlich sind die Einflüsse weiterer Parameter wie z.B. der Glasdicke, der Wärmedurchgangskoeffizient der Fassadenprofile, die Höhe von inneren und äußeren Dichtungen zu prüfen.

Das Vorhaben wird durch die Arbeitsgruppe Warme Kante des Bundesverbandes Flachglas finanziert und inhaltlich begleitet. Es wird damit gerechnet, dass eine entsprechende Richtlinie zum Ende des Jahres zur Verfügung steht.

Ermittlung der äquivalenten Wärmeleitfähigkeit eines Abstandhalters

Die Ermittlung des repräsentativen Y-Wertes nach WA-08/3 erfolgt durch numerische Berechnung entsprechend EN ISO 10077-2. Für die numerische Berechnung ist – neben dem exakten geometrischen Querschnitt des Abstandhalters – auch die Kenntnis der Wärmeleitfähigkeit der eingesetzten Materialien notwendig.

Zum Teil können Wärmeleitfähigkeiten einschlägigen Normen entnommen werden. Die Wärmeleitfähigkeit von neuen Materialen muss jedoch gemessen werden. Hierzu wurden in der Vergangenheit verschiedenste Messverfahren verwendet und teilweise stark abweichende Ergebnisse angegeben. Es wäre daher grundsätzlich notwendig, für die unterschiedlichen Materialien und Bearbeitungszustände geeignete Messverfahren festzulegen. In der Vergangenheit hierzu durchgeführte Arbeiten und Untersuchungen zeigten jedoch eine Reihe von Schwierigkeiten wie z.B. die Berücksichtigung von anisotropen Eigenschaften.

Eine andere Lösungsmöglichkeit besteht darin, nicht die Wärmeleitfähigkeit aller eingesetzten Materialen, sondern eine „äquivalente Wärmeleitfähigkeit“ des kompletten Abstandhaltersystems zu ermitteln. Eine solche Vorgehensweise vermeidet die oben angesprochenen Probleme, vereinfacht das Verfahren und hat weitere Vorteile, die im Folgenden noch dargestellt werden.

Daher wurde im Rahmen eines Forschungsvorhabens [7] eine entsprechende Methodik definiert. Die Ermittlung der äquivalenten Wärmeleitfähigkeit von wärmetechnisch verbesserten Abstandhaltern erfolgt im Wesentlichen auf der Grundlage von EN 12664. Hierzu wird der Wärmedurchlasswiderstand eines „speziellen“ Probekörpers ermittelt. Der Probekörper besteht aus zwei Glasplatten, zwischen die die wärmetechnisch verbesserten Abstandhalter integriert sind. Die detaillierte Vorgehensweise kann der ift-Richtlinie WA-17/1 [8] entnommen werden.

Prinzipieller Probekörperaufbau zur Ermittlung der äq. Wärmeleitfähigkeit
Bild 2: Prinzipieller Probekörperaufbau zur Ermittlung der äq. Wärmeleitfähigkeit

Die so ermittelte äquivalente Wärmeleitfähigkeit leq,2B kann nun verwendet werden, um den linearen Wärmedurchgangskoeffizienten Y eines Abstandhalters in einer konkreten Anwendungssituation zu berechnen. Hierfür wird das sogenannte Two-Box-Modell verwendet: beim Two-Box-Modell wird die detaillierte Abstandhaltergeometrie mit den einzelnen unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeiten durch ein Rechteck (Box) ersetzt. Das Rechteck hat die identische Höhe wie der reale Abstandhalter sowie die entsprechende äquivalente Wärmeleitfähigkeit des Abstandhalters.

Darstellung des Two-Box-Modells
Bild 3: Darstellung des Two-Box-Modells

Durch die Verwendung des Two-Box-Modells lassen sich Fehler bei der Berechnung des Y-Wertes, die durch die detaillierte Modellierung entstehen, in der Regel verhindern. Zusätzlich verringert sich der zeitliche Aufwand für die Modellierung des Systems erheblich. Somit stellt dieser Ansatz eine enorme Erleichterung bei der individuellen Berechnung dar.

Zusammenfassung

Durch die beschriebenen und in EN ISO 10077-1 zitierten Methoden stehen dem Fensterbauer einfache und praxistaugliche Instrumente zur Verfügung, um den Einfluss des Abstandhalters bei der Ermittlung der wärmetechnischen Eigenschaften von Fenstern schnell und unkompliziert zu berücksichtigen. Die in Zusammenarbeit mit dem AK Warme Kante des BF erarbeiteten „Spielregeln“ werden auch von anderen privaten Institutionen wie z.B. dem British Fenestration Rating Council verwendet. Somit konnte eine einheitliche Basis zur Bewertung von wärmetechnisch verbesserten Abstandhaltern geschaffen werden.

Literatur

  1. EN14351-1: 2006+A1:2010
    Fenster und Türen - Produktnorm, Leistungseigenschaften – Teil 1: Fenster und Außentüren ohne Eigenschaften bezüglich Feuerschutz und/oder Rauchdichtheit
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  2. EN 13830:2015
    Vorhangfassaden – Produktnorm
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  3. EN ISO 10077-1: 2006 + AC:2009
    Wärmetechnisches Verhalten von Fenstern, Türen und Abschlüssen – Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten – Teil 1: Allgemeines
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  4. EN ISO 12631:2012
    Wärmetechnisches Verhalten von Vorhangfassaden – Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten.
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  5. EN ISO 10077-2:2012
    Wärmetechnisches Verhalten von Fenstern, Türen und Abschlüssen - Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten – Teil 2: Numerisches Verfahren für Rahmen
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  6. WA-08/3:2015
    Wärmetechnisch verbesserte Abstandhalter – Teil 2 Ermittlung der äquivalenten Wärmeleitfähigkeit durch Messung
    ift Rosenheim GmbH
  7. N. Sack, F. Feldmeier, W. Albrecht
    Ermittlung der äquivalenten Wärmeleitfähigkeit von wärmetechnisch verbesserten Abstandhaltern - Abschlussbericht
    ISBN 978-3-86791-339-3
    ift Rosenheim 2012
  8. EN 12664:2001
    Wärmetechnisches Verhalten von Baustoffen und Bauprodukten – Bestimmung des Wärmedurchlasswiderstandes nach dem Verfahren mit dem Plattengerät und dem Wärmestrommessplatten-Gerät – Trockene und feuchte Produkte mit mittlerem und niedrigem Wärmedurchlasswiderstand
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  9. ift-Richtlinie WA-17/1
    Wärmetechnisch verbesserte Abstandhalter – Teil 2 Ermittlung der äquivalenten Wärmeleitfähigkeit durch Messung
    ift Rosenheim 2013

Norbert Sack

ift Rosenheim

Dipl.-Phys. Norbert Sack ist Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung und seit 1995 am ift Rosenheim tätig. Er arbeitet in verschiedenen nationalen und internationalen Normenausschüssen und Sachverständigengremien mit und ist Lehrbeauftragter an der Hochschule Rosenheim.

Lösungen aus diesem Themenbereich

Artikel aus diesem Themenbereich