Holzdecke Innenansicht

Forschungsprojekt – Vertikale Flankenübertragung von Holzständerwänden

Untersuchungen zur vertikalen Flankenübertragung von Holzständerwänden bei Luft- und Trittschallanregung von Holzdecken zur Erweiterung des Nachweisverfahrens nach DIN 4109

Ausgangssituation

Mit der 2018 neu veröffentlichten DIN 4109-1 wurden die Trittschallanforderungen an Wohnungstrenndecken in der Bausituation, also incl. der Übertragung durch die flankierenden Wände, verschärft. Hierdurch ergibt sich ein dringender Handlungsbedarf für den Holzbau, da viele der derzeitigen, wirtschaftlichen Standard-Holzdeckenkonstruktionen nun nicht mehr als Wohnungstrenndecken geeignet sind.

Neben der Ausführung der reinen Deckenkonstruktion spielen auch Aufbau und Anbindung der flankierenden Wände eine wesentliche Rolle für die Trittschallübertragung. Der Einfluss der Flankenübertragung liegt für übliche Decken- und Wandkonstruktionen im Holzbau bei 5 bis 15 dB. Der Anteil der Flankenübertragung hat damit den maßgeblichen Einfluss auf die Nachweisbarkeit einer Trenndecke in Holzbauweise. Das entsprechend DIN 4109 zu verwendende rechnerische Nachweisverfahren ist einfach und praxisnah. Jedoch führen die im Rahmen der Neufassung der DIN 4109 verabschiedeten Verschärfungen der Mindestanforderungen an den Trittschall dazu, dass mit diesem vereinfachten Rechenverfahren die Anforderung im Allgemeinen nur mit Aufbauten nachgewiesen werden könnten, die den Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit nicht mehr genügen.

Ursache hierfür ist maßgeblich die vereinfachte pauschale Berücksichtigung der flankierenden Wände im rechnerischen Nachweisverfahren der Gesamtkonstruktion (Decke und Wand). So werden beispielsweise nichttragenden Innenwände, die einen deutlich geringeren Einfluss auf die Flankenübertragung als tragenden Wände aufweisen, trotzdem gleichbehandelt. Dies gilt auch für Außenwände mit schalltechnisch wirksamen Installationsebenen. Bei der Berücksichtigung der flankierenden Wände im Nachweisverfahren besteht daher dringender Handlungsbedarf in der Erweiterung sowie Generierung von Planungsdaten für eine differenziertere Betrachtung der einzelnen Wände, um durch eine detaillierte und daher genauere Berechnung die Einhaltung der gestellten Anforderungen nachzuweisen.

Zielsetzung

Die Aufgabenstellung des Projektes bestand in der differenzierten Betrachtung der Flankenübertragung. Hierzu wurde die Luft- und Trittschallübertragung der flankierenden Wände von Holzdecken genauer untersucht, um Planungsdaten für unterschiedlich ausgeführte Holzständerwände und deren Zusatzmaßnahmen (brandschutztechnisch erforderliche Zusatzbeplankungen, Installationsebenen) in der Prognose berücksichtigen zu können. Würde durch solche Zusatzmaßnahmen die Flankenübertragung deutlich reduziert, so wäre es auch möglich, mit derzeitigen Standard-Deckenaufbauten die neuen Anforderungen nach DIN 4109 einzuhalten.

Förderstellen

Vorgehensweise

Aufbauend auf den vorhandenen Planungsdaten zur Berechnung des Norm-Trittschallpegels am Bau wurden von der Arbeitsgruppe noch fehlende Daten zu flankierenden Wänden und Vorsatzkonstruktionen aufgezeigt und in den ersten Projektgruppensitzungen eine Prüfmatrix erstellt. Die nachfolgenden Decken- und Wandaufbauten wurden hierbei berücksichtigt.

Deckentypen:

  • Zementestrich / MW-Trittschalldämmplatten, s‘ ≤ 8 MN/m³ / Holzbalkendecke (Unterdecke beliebig)
  • Zementestrich / WF-Trittschalldämmplatten, s‘ ≤ 30 MN/m³ / Splittschüttung in Pappwaben, m‘ ≥ 90 kg/m² / Holzbalkendecke (Unterdecke beliebig)
  • Zementestrich / MW-Trittschalldämmplatten, s‘ ≤ 8 MN/m³ / Splittschüttung in Pappwaben, m‘ ≥ 90 kg/m² / Massivholzdecke

 

Wandtypen:

  • Holztafelbauwände mit unterschiedlichen raumseitigen Ausführungen
    Beplankungen (in mm): 12 OSB / 12 OSB + 12,5 GK / 18 GKF / 2×18 GKF / 2×18 GF
    Vorsatzkonstruktionen (in mm): Federschiene + 12,5 GK / Lattung + 12,5 GK /
    entkoppelte Lattung + 12,5 GK / CW-Profil + 2×12,5 GK
  • Massivholzwände mit unterschiedlichen raumseitigen Ausführungen
    Beplankungen (in mm): 12,5 GK / 18 GKF / 2×18 GKF
    Vorsatzkonstruktionen (in mm): Federschiene + 12,5 GK / Lattung + 12,5 GK /
    entkoppelte Lattung + 12,5 GK / CW-Profil + 2×12,5 GK
  • Metallständerwände (C-Profil-Wände) mit 12,5 GK / 2×12,5 GK bekleidet
  • Durchlaufende flankierende Holztafelbauwände mit vorgesetztem Deckenelement in Quasi-Ballonframing-Bauweise

Neben dem Norm-Trittschallpegel flankierender Holzbauwände Lnf,ij,lab wurden zur Übertragung der Ergebnisse auf andere Decken- Wandstöße folgende Größen ermittelt:

  • Ln,Df, Ln,DFf, K1, K2, DRj, DRij

Zusätzliche Untersuchungen wurden zum abgestrahlten Schallpegel des Estrichrandes und zur Abstrahlung der flankierenden Wand in Abhängigkeit der Wandhöhe durchgeführt.

Ergebnisse

Zur Erweiterung des Prognosemodells wurde eine differenzierte Berücksichtigung der einzelnen Flanken eingeführt. Damit können die maßgeblichen Flankenübertragungswege Df und DFf für flankierende Wände unterschiedlicher Ausführung einzeln berechnet und zusätzliche Maßnahmen wie Vorsatzkonstruktionen, Zusatzbeplankungen und Elastomerlager im Deckenstoß von Massivholzwänden berücksichtigt werden.

Das Modell basiert auf der Prognose nach DIN EN ISO 12354, lässt aber für den Leichtbau neben dem Messwert Lnf,ij,lab,w der Flankenübertragung auch die o.g. Berechnung aus den Einzelkomponenten zu. Dadurch ist es für geprüfte Decken- / Wandkombinationen möglich, direkt mit dem Messwert in die Prognose einzusteigen, um eine möglichst hohe Genauigkeit zu erreichen. Für nicht geprüfte Kombinationen können die eher auf der sicheren Seite liegenden Planungsdaten der Einzelkomponenten verwendet werden. Neben dem klassischen Leichtbau werden auch Massivholzdecken und -wände in der Prognose berücksichtigt.

Für die Ermittlung und Bereitstellung der Eingangsdaten des Prognosemodells wurden mit den Holzbauverbänden und der projektbegleitenden Arbeitsgruppe die relevanten Decken- und Wandaufbauten festgelegt und daraus eine Prüfmatrix abgeleitet. Die Messergebnisse konnten mit bereits vorhandenen Daten vorangegangener Projekte kombiniert und zu Planungsdaten für die Normung zusammengestellt werden. Diese wurden direkt in die aktuelle Überarbeitung der DIN 4109-33 übernommen und in den Normungsgremien diskutiert.

Die Validierung des Berechnungsmodells anhand von 63 Baumessungen in unterschiedlichen Holzbauten zeigte zum einen, dass die Ergebnisse durch die differenzierte Berücksichtigung der flankierenden Wände nicht mehr so stark auf der sicheren Seite liegen, da Zusatzmaßnahmen nun berücksichtigt werden können und zum anderen, dass auf Grund der höheren Prognosegenauigkeit eine Reduzierung von uprog = 3 dB auf uprog = 2 dB möglich ist. Die Verschärfung der erhöhten Anforderungen nach DIN 4109-5 von Ln,w = 46 dB auf Ln,w = 45 dB wird also schon allein durch die geringere Prognoseunsicherheit kompensiert. Dadurch wird der rechnerische Nachweis von Wohnungstrenndecken für den Mindestschallschutz auch mit wirtschaftlichen Standard-Holzdeckenkonstruktionen ermöglicht und die erhöhte Anforderung nach DIN 4109-5 können mit den in den Vorgängerprojekten optimierten und in DIN 4109-33 hinterlegten Deckenaufbauten erreicht werden.

Forschungspartner

Norbert Sack

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