Lesezeit: 3 Minuten
Nach einer langen Zeit wachsender Einbruchszahlen, sind diese seit 2 Jahren rückläufig. Untersuchungen der Kriminalpolizei (Kölner Studie) zeigen, dass einbruchhemmende Maßnahmen in 43% der Fälle wirksam sind, weil der Einbruchversuch gestoppt wird. Deshalb überlegen immer mehr Hausbesitzer und Mieter, wie die Immobilie besser geschützt werden kann.
Hierfür bieten die kriminalpolizeilichen Beratungsstellen (KPK) Informationen und Beratung. Dies ist auch notwendig, da Nachrüstprodukte angeboten werden, die über keinerlei Prüfnachweise verfügen und deren Nutzen fragwürdig ist. Deshalb ist die Kenntnis von Planung, konstruktiver Grundlagen und notwendigen Nachweise hilfreich.
1. Planung
Eine 100%ige Sicherheit gibt es nicht und Fachleute sprechen deshalb von Einbruchhemmung, die sich am Täterverhalten orientiert. Einbrecher haben Angst vor der Entdeckung, werden mit zunehmender Zeit nervös und stoppen den Einbruch, wenn es zu lange dauert. Deshalb beginnt die Einbruchhemmung bereits bei der Gebäudeplanung. Nicht einsehbare Bereiche (Kellereingänge, Terrassen, Türen in Nischen etc.) sind des Einbrechers liebster Ort und sollten bereits bei der Planung vermieden bzw. besonders gut geschützt werden. Hier helfen bereits Bewegungsmelder oder Videokameras (auch Attrappen).
2. Anforderungen
Die Einbruchhemmung von Fenstern und Außentüren ist in der Produktnorm für Fenster und Außentüren EN 14351-1 geregelt und definiert sechs Widerstandsklassen gemäß der Normenreihe EN 1627 bis EN 1630. Die unterschiedlichen Widerstandsklassen werden einer „normierten“ Täterbeschreibung und Widerstandszeit mit entsprechenden Werkzeugen gegenübergestellt. Bei öffentlichen Ausschreibungen ist die Widerstandsklasse RC 2 nahezu zum Standard geworden und RC3 findet sich bei Immobilien mit höheren Sachwerten. Die Klassen 4 bis 6 sind für Ladengeschäfte mit wertvollen Waren, für kritische Infrastrukturen (Wasser, Strom, IT) sowie Gebäude für gefährdete Personengruppen gedacht (Politik, Religionsgemeinschaften, Botschaften etc.)
3. Konstruktion einbruchhemmender Bauelemente
Bei der Konstruktion einbruchhemmender Bauteile gilt, dass die gesamte „Sicherheitskette“ geschlossen sein muss. Das heißt, von der Befestigung in der Wand, über Material und Falzausbildung, eine geeignete Schlossauswahl und -befestigung sowie die Beschlagauswahl bis zur eingesetzten Verglasung muss jedes Detail auf die Forderungen der Einbruchhemmung abgestimmt werden.
Einbruchhemmende Fenster benötigen aufgrund der dickeren angriffhemmenden Gläser auch größere Profilquerschnitte. Wichtig sind auch die Anbringung und die Nutzung abschließbarer Fenstergriffe, um ein Öffnen nach einem Glasdurchbruch zu vermeiden. Die Beschläge sind für die verschiedenen Widerstandsklassen ausgelegt und die Vorgaben zur Verschraubung und Montage aus der Montageanleitung müssen eingehalten werden.
Je nach Widerstandsklasse ist eine einbruchhemmende Verglasung notwendig. Die Sicherung des Glases gegen „Aufhebeln“ wird durch eingeschraubte Metallwinkel oder durch Verklebung der Scheiben erreicht. Beim Einsatz von Sicherheitsglas ergibt sich als positiver Nebeneffekt eine geringere Verletzungsgefahr durch Glasbruch. In Deutschland kann mit der Klasse „RC 2 N“, die den Einsatz von normalem Glas vorsieht, einen Grundschutz gegen Hebelwerkzeuge und damit ein kostengünstiger Einbruchschutz erreicht werden.
Fenster- und Türelemente im Bestand können auch durch Beschläge nach DIN 18104-1 für Aufschraubsicherungen und DIN 18104-2 für verdeckt liegende Beschläge nachgerüstet werden. Zwar lässt sich durch eine Nachrüstung keine geprüfte Widerstandsklasse mehr erreichen, aber dennoch ein guter Widerstand gegen Gelegenheitstäter erzielen. Wichtig sind eine fachkundige Beratung, die Verwendung von geprüften und zertifizierten Nachrüstprodukten sowie die Montage durch geschulte und zertifizierte Fachbetriebe, die auch in der KPK-Liste aufgeführt sind.
4. Prüfnachweise und Zertifizierung
Die Widerstandsklasse für die Einbruchhemmung wird im Wesentlichen durch einen simulierten Einbruchversuch (manueller Angriff) geprüft, der für die Klassifizierung in der Regel ausschlaggebend ist. Bei dieser Prüfung wird ein realistischer Einbruchversuch durchgeführt (Werkzeugangriff), der sich an dem Verhalten professioneller Einbrecher orientiert und mit einem definierten Werkzeugsatz erfolgt, der von der Widerstandsklasse (RC, eng. Resistance Class) abhängt. Ausschlaggebend ist die Zeit, die der Prüfer bis zum Öffnen des Bauelements braucht – Fenster der Klasse RC-2 müssen den Einbruch 3 Minuten verhindern.
Die Herstellung und Montage einbruchhemmender Fenster, Türen und sonstiger Abschlüsse erfordert ein hohes Maß an Fachwissen, das Kenntnisse der Beschläge, Fensterprofile und Glas, der Risiken und der Montage umfasst. Durch eine unsachgemäße Montage und Verarbeitung verlieren einbruchhemmende Bauelemente schnell ihre Schutzwirkung, wenn beispielsweise eine unzureichende Anzahl oder falsche Montage der sichernden Pilzkopfzapfen erfolgt.
Hersteller, Errichter und Montagebetriebe mit hohem Qualitätsanspruch lassen sich deshalb schulen, zertifizieren und werden regelmäßig durch eine neutrale Stelle überwacht. Zertifizierte Produkte sind an einem Kennzeichnungsschild erkennbar und werden in die Herstellerlisten der Landeskriminalämter (KPK-Listen) aufgenommen.
Literatur und Infos
- Kölner Studie zum Wohnungseinbruch
- Kommentar zur DIN EN 14351-1 Fenster und Türen - Produktnorm, Leistungseigenschaften, Prof. Ulrich Sieberath; Prof. Christian Niemöller, ift Rosenheim November 2013
- K-EINBRUCH-Initiative der Polizei
- Kriminalpolizeiliche Beratungsstellen
- KPK-Listen der Landeskriminalämter