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ift Rosenheim entwickelt praxisgerechtes Nachweisverfahren
Zur Jahrtausendwende schien Vakuum-Isolierglas (VIG) das Produkt der Zukunft zu werden. Allerdings scheiterte diese Chance an der Verfügbarkeit, den sehr begrenzt herstellbaren Abmessungen, der geringen Größenvielfalt sowie dem fehlenden Nachweis der Dauerhaftigkeit. Nach wie vor ist VIG in Europa ein ungeregeltes und nicht harmonisiertes Bauprodukt. Die zwischenzeitlich im Rahmen der ISO-Normung erarbeitete ISO 19916-1 zu VIG berücksichtigt aber nicht die einseitig wirkende Klimalast, die noch durch Winddruck und Soglasten überlagert wird. Bereits vor der Veröffentlichung des finalen ISO-Normentwurfs entwickelte das ift Rosenheim ein Prüfverfahren zum praxisgerechten Nachweis der Dauerhaftigkeit von VIG.
Nach zwischenzeitlichem Interesse an VIG wurde die Aufwärts-entwicklung gestoppt. Wegen der individuellen Gestaltungs-wünsche nach unterschiedlichen Fenstergrößen sowie dem Fehlen entsprechender Regelwerke als Basis für notwendige Prüfnachweise ist VIG in Europa ein Nischenprodukt. Der Ein-satz in Deutschland scheiterte an der Problematik, dass die Losgröße 1 im individuellen Fensterbau eine in der Technologie schwer umsetzbare Marktforderung ist.
Eine CE-Kennzeichnung ist nach wie vor nicht möglich. Vielmehr ist eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (früher: Zustimmung im Einzelfall) notwendig – einzig basierend auf Messungen des Ug-Werts im Neuzustand. Allerdings sagt dies nichts über die Dauerhaftigkeit des Produkts aus, die von Bauherren berechtigterweise gefordert wird.
Die mittlerweile veröffentlichte ISO 19916-1:2018-10 „Glas im Bauwesen – Vakuumglas – Teil 1: Grundlegende Spezifizierung von Produkten und Evaluierungsmethoden für die thermische und die schallisolierende Leistung“ bezieht sich nur auf klimatische Einwirkungen. Allerdings wird dabei die einseitig wirkende Klimalast, also Temperaturdifferenzen zwischen Innen- und Außenscheibe, nicht berücksichtigt. Zusätzlich überlagern noch Winddruck und Soglasten diese Last.
Bei Versuchen am ift Rosenheim kam es zu großen Scheibendurchbiegungen und somit zu entsprechend großen Scherlasten im Randverbund. Daher entwickelte das ift Rosenheim ein Prüfverfahren, das auf der neuen ISO basiert und zusätzliche Einwirkungen zum praxisgerechten Nachweis der Dauerhaftigkeit berücksichtigt.
Inkludiert sind hierbei die Ermittlung der Wärmedurchgangskoeffizienten Ug der Vakuum-Isoliergläser sowie klimatische und mechanische Belastungen in einer Musterfassade im Labor. Zusätzlich wird bei kleinformatigen Scheiben die Dauerbelastung durch Feuchte und UV-Strahlung geprüft. Abschließend findet ein Vergleich der Wärmedurchgangskoeffizienten der Gläser vor bzw. nach den Belastungen statt. Auch die Schalldämmung kann optional geprüft und bewertet werden.
Zur Validierung des Prüfverfahrens erfolgt parallel zu den Laborprüfungen eine In-situ-Belastung der VIG in einer ift-Musterfassade. Nach ein, zwei und drei Jahren werden die Verglasungen ausgebaut, ihr Ug-Wert im Labor geprüft und die Veränderung gegenüber dem Anfangszustand beurteilt und mit den Ergebnissen der Kurzeitprüfungen verglichen.
Neue Produktionsstätten in Europa werden die Lieferzeit verbessern und so VIG sicher einen deutlichen Aufwärtstrend bescheren. Vor allem im Bereich der Renovierung, bei Denkmalfenstern und bei großen Glasflächen bietet VIG durch sein niedrigeres Gewicht und die geringere Bautiefe Vorteile. In einigen Bauvorhaben in Europa wurden bereits VIG eingebaut. Damit ist ein weiterer Schritt in Richtung praktischer Umsetzung erfolgt.