Zwei Handwerker tragen ein Fenster aus der Produktion

Viele Wege führen nach Rom – die Vorab-Montagezarge ein neuer?

In leichter Abänderung der Original-Redewendung, nämlich „Alle Wege führen nach Rom“, die auf die in der Antike politisch, wirtschaftlich und kulturell führende Stadt Rom und deren Straßennetzwerk mit der von Kaiser Augustus auf dem Forum Romanum aufgestellten goldenen Säule als Zentrum Bezug nimmt, ist in diesem Fall für die weitere Bewertung unseres Themas das Adjektiv „viele“ die passendere Wortwahl.

Wichtig ist dabei, unabhängig von Steigungen, Kurven, und Belagsarten neue Wege zu beschreiten, was prinzipiell als erster positiver Ansatz zu bewerten ist.

Prof. Michael Lange
UBF, Unabhängige Berater für Fassadentechnik e.V., Prof. Michael Lange Ingenieurgesellschaft mbH

Wie auch in der ift-Fachinformation MO-06/1 angemerkt, ist die Planung und Ausführung von Vorab-Montagezargen nicht etwas völlig Neues, sondern bei größeren Projekten vereinzelt umgesetzt worden.

Diejenigen, die sich mit der Ausführung und dem praktizierten Baugeschehen eingehender befassen oder befassen müssen, wissen um die Problematik unserer Bauanschlüsse. Die Funktionsfähigkeit solcher Ausführungen ist durch die Schnittstellenproblematik als kritisch anzusehen und hängt von sehr vielen Einzelfaktoren ab.

Es gibt eben keine CE-zertifizierten Bauanschlüsse – ebenso wenig wie es CE-zertifizierte Hände oder Montageabläufe gibt. Umso wichtiger ist es deshalb, ein Bauteil oder Bauprodukt von der Planung so zu konzipieren, dass es die höchsten Erwartungen auf die Funktionsfähigkeit einer Komponente zu einer Bauart erfüllen kann.

Die Baustelle selbst als ausführungstechnisch und damit auch terminlich durch die vielen Gewerke kostenintensivsten und mit dem höchsten Risiko behafteten Phase der gesamten Baumaßnahme sollte immer mit Bauteilen beliefert werden, die einen hohen Vorfertigungsgrad und wenig Ansätze für eine falsche Ausführung bieten.

Nach diesen Kriterien muss auch der 2-stufige Fenstereinbau mit Vorab-Montagezargen bewertet und einer Plausibilitätskontrolle hinsichtlich der priorisierten Pro-Argumentationskette unterzogen werden.
Die Hauptargumente sind aufgrund des späteren Einbaus des eigentlichen Fensterelementes die minimierte Beschädigungsmöglichkeit und ein späterer Fensteraustausch mit vergleichbar weniger Aufwand als bei einer normalen Montageart der Fenster und damit einer kostengünstigen Fenstermodernisierung.

Ein Blick in die ift-Fachinformation MO-06/1 zeigt – bezogen auf den Fensterrahmen – relativ kleine „Zargen-Profile“. Hier bleibt zu hoffen, dass diese der nächsten Fenstergeneration nach 40 Jahren auch noch als Befestigungsgrund dienen können.

Wenn zur Argumentationsunterstützung Bilder von möglichen Beschädigungen an Fenstern dargestellt werden, dann auch in einem realistischen Vergleich, denn wenn jemand auf den Fensterrahmen tritt, der noch nicht mit einer Verglasung gefüllt ist, dann würde eine Vorab-Montagezarge ohne eingesetzte Füllung genauso Schaden erleiden.

Die zum Thema Mängelhaftung und Gefahrtragung juristisch sehr umfangreichen Einlassungen und den daraus sich ergebenden möglichen Problemen, die bei der herkömmlichen Fenstermontage für den Ersteller genannt sind, müssen in der logischen Konsequenz jetzt auf die Vorab-Montagezargen-Konstruktion übertragen werden. Denn wenn die Vorab-Montagezarge einerseits nicht richtig umlaufend – insbesondere in den Ecken – gefertigt und an den Baukörper angeschlossen ist oder wenn sie, was nicht auszuschließen ist, selbst beschädigt wird, dann gelten die genannten juristischen Ausführungen auch für die Vorab-Montagezarge.
Ob diese Szenarien in die Kosten-Nutzen-Analyse eingeflossen sind, lässt sich ohne detaillierte Einsicht in die Unterlagen nicht erkennen. Ohne Berücksichtigung des monetär positiven Einflusses bei der Fenstererneuerung wird vermutlich die Kosten-Nutzen-Analyse nicht so günstig ausfallen.

Dies wird insbesondere in juristischer und bautechnischer Hinsicht dann wichtig, wenn es in Zukunft unabhängig von der Fensterkonstruktion preisgünstigere „neutrale“ Vorab-Montagezargen auf dem Markt gibt, die dann auch im Rahmen des Vergabeverfahrens mit dem Fensterbauer nichts mehr zu tun haben. Das kann, wenn damit Geld zu verdienen ist, ein eigener Markt werden, dann allerdings auch mit den gleichen Schnittstellenproblemen, die beim Einzelfenstereinbau vorliegen.

Meine obigen Ausführungen sollen nicht ein gegenteiliges Statement gegen die Vorab-Montagezarge darstellen, sondern nur die mannigfach aufgezählten positiven Argumente mit weniger euphorischem Wimpernschlag zu betrachten versuchen.

Die Vorab-Montagezarge ist sicherlich eine sinnvolle Konstruktion für den Einsatz im Wohnungsbau und dafür auch zu empfehlen.

Alle aufgezählten Argumente sind richtig, nur entgegen der normalen bisherigen Fenstermontage liegt jetzt der Schwerpunkt für Planung und Ausführung in der Vorab-Montagezarge, die bei der Erstinstallation der Fenster einen monetären Faktor darstellt, den es mit inhaltlich guten Argumenten beim Geldgeber zu egalisieren gilt.

Die Vorab-Montagezarge ist sicherlich ein neuer und vernünftiger Weg, aber in der Umsetzung zurzeit nur über einen holprigen Belag zu erreichen.