Zwei Handwerker tragen ein Fenster aus der Produktion

Zweistufige Fenstermontage rechnet sich

Erfahrungsbericht

Schon seit einiger Zeit setzen wir in unseren Projekten für Türen und Fenster auf den zweistufigen Einbau mit Vorabzarge. Aus unserem ganzheitlichen Blick auf den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden liegen die Vorteile dieser Methode klar auf der Hand. Denn die ARCHImedes Gruppe kümmert sich rund um das 1988 gegründete Architekturbüro auch um Stadtentwicklung, Konversion, Denkmalpflege, Projektentwicklung, Realisierung als Bauträger, Verwaltung, Technische Betreuung und Wartung sowie das Halten und Vermieten von Liegenschaften.

Thorsten Holch
Geschäftsführer der ARCHImedes Gruppe

Wer baut kennt das Problem: Staub, Putz, Farbe oder Schaum verschmutzen die in den Rohbau eingebauten Fenster während der Bauzeit. Auch zerkratzte oder durch Funkenflug teilweise irreparabel beschädigte Gläser und Rahmen sind keine Seltenheit. Schon früh haben wir darum nach Lösungen gesucht, den Bauanschluss zwischen Wand und Boden mit Fenstern und Türen stärker zu entkoppeln. Für einzelne Projekte entstanden so individuell entworfene Flachstahlzargen, um teure und empfindliche Elemente später einbauen zu können. Allerdings waren das relativ kostspielige Sonderkonstruktionen mit doch erheblichem Aufwand.

Die vielfältigen Vorteile des Einbaus mit Zarge als Standardlösung haben wir 2014 im Rahmen des Projekts Philosophengarten für uns entdeckt. Ein denkmalgeschütztes Militärgebäude der französischen Streitkräfte wurde hier um zwei Neubauten und zwei Tiefgaragen zu einem Komplex mit 120 Wohnungen erweitert. Die Anforderungen an die über 1.000 benötigten Fenster waren hoch, etwa Top-Schallschutz aufgrund einer angrenzenden Bahnlinie, Wärmeschutz nach KfW 40 im Neubau bzw. KfW 85 im Bestand oder der denkmalschutzkonform in die Elemente integrierte Sonnenschutz. Die technische Klärung war so aufwändig, dass der Rohbau schon abgeschlossen war, bevor die Fenster bestellt waren. So waren wir also zeitlich bereits unter Druck geraten, als ich im Gespräch mit dem Architekten-Berater des Südtiroler Fensterherstellers Finstral eher beiläufig erwähnte: „Eigentlich bräuchten wir ein Element, das man in den Rohbau reinstellt, an dem man alle Anschlüsse, Putz, Fassade und Estrich erledigen kann und danach einfach das richtige Fenster reinschiebt …“. Seine überraschende Antwort: „In Südtirol machen wir das immer so. Das haben wir im Programm.“

Bei einem Urlaub auf einem Südtiroler Bauernhof habe ich das tatsächlich entdeckt. Selbst alte Fenster sind dort bereits mit einer ganz einfachen Holzzarge montiert. Die heutigen Lösungen sind deutlich weiterentwickelt. Finstral bietet beispielsweise eine umfangreich konfigurierbare Systemzarge aus recyceltem Kunststoff mit Stahlkern und anextrudierten Dichtungen. Von Kästen und Führungsschienen für den Sonnenschutz über Verbreiterungen zum Rohfußboden bis zu unterschiedlichen Bauanschluss-Situationen deckt dieses System zahlreiche Anforderungen ab. Und die Zarge funktioniert auch unabhängig vom eingesetzten Fenster. Lediglich ein spezifisches Falzmaß ist vorgegeben.

Wir waren also begeistert von dieser Lösung und entschieden, es für die Fenster und Haustüren des Bauvorhabens Philosophengarten einzusetzen. Der erste Vorteil lag in der Lieferzeit. Bereits nach 14 Tagen waren die Zargen auf der Baustelle. Selbst bei den heute aufgrund der Nachfrage üblichen Lieferzeiten für Fenster von um die 20 Wochen werden Zargen noch immer in 3 bis 4 bereitgestellt. Zweiter Vorteil ist der schnelle und leichte Einbau. Die Kunststoff-Zargen sind leicht zu vertragen, was vor allem erfahrene Monteure schätzen. Die montierten Zargen erleichtern auch den folgenden Gewerken die Arbeit, da sie Anschlüsse unmissverständlich vorgeben. Die Außenabdichter können einfach mit Bitumen und Flüssigkunststoff anarbeiten, Verputzer finden ihre Anputzkanten, und die Elektriker wissen dank Vorbohrungen, wo sie ihre Kabel zu verlegen haben. Ein weiterer kleiner, aber nennenswerter Vorteil: Wenn Sie sich bei einem Fenster vermessen haben, können Sie diesen Fehler leicht erkennen und vergleichsweise kostengünstig und flott korrigieren. Eine neue Zarge zu setzen, kostet rund 150 Euro, während ein neu einzubauendes Fenster leicht an die 2.000 Euro Kosten verursacht. Das passiert zwar nicht oft, aber wenn, ist der Ärger deutlich geringer. Ein großer Vorteil sind die ausbleibenden Verschmutzungen und Beschädigungen der Elemente. Durch die Entkoppelung von den „schmutzenden“ Gewerken erspart das Zeit für Koordination und Durchführung der Reinigung und das Durchführen von Reparaturen. Auch der Aufwand für Abkleben und Schutz der Elemente entfällt. Die Anzahl der Reklamationen geht spürbar zurück, vor allem bei großen und empfindlichen Elementen wie (Fenster-)Türen und Schiebetüren.

Dieser Vorteil des zweistufigen Einbaus ist aus den Sanitär- und Elektrogewerken ja bereits wohl bekannt. Niemand würde zuerst einen Wasserhahn einbauen und erst anschließend fliesen. Und auch Lichtschalter werden ganz selbstverständlich erst im letzten Arbeitsschritt einer Baustelle auf ihre Unterputzelemente geklipst. Vorabzargen für Fenster und Türen greifen genau diese bekannten Prinzipien auf und sind daher für jeden auf der Baustelle auch schnell und leicht nachvollziehbar.

Ein weiterer Vorteil, der sich ebenfalls bei unserem Projekt Philosophengarten ergeben hat, ist die Möglichkeit, den Rohbau zügig dicht zu bekommen. Folienfenster und Bautüren für die Zargen lassen sich einfach mitbestellen. So kann eine Gebäudehülle problemlos innerhalb von 2 bis 4 Wochen geschlossen werden. Sie können anschließend heizen und trocknen und die Ausbaugewerke voranbringen. Sobald dies abgeschlossen ist, können die fertigen Fenster mit wenigen Handgriffen in die Zargen eingeschoben und verschraubt werden. Hier ist von Vorteil, dass diese Arbeit – bei der teils schwere Elemente bewegt werden müssen – so simpel, dass sie nicht von erfahrenem Fachpersonal, sondern auch von angelernten Hilfskräften erledigt werden kann. Und dieser Vorteil bleibt auch für den gesamten Lebenszyklus des Hauses erhalten: Mit Zarge montierte Elemente können jederzeit mit sehr geringem Aufwand herausgenommen werden, um sie zu reparieren oder zu ersetzen. Somit ist das Ideal der zerstörungsfreien Demontage und Wiedermontage erreicht, was für die Kosten des Gebäudebetriebs erheblich ist.

Nachteile gibt es auch: Zargen sind ein zusätzliches Bauteil das extra kostet. Beim Philosophengarten waren dies rund +7 % zusätzlich für das Gewerk Fenster. In Summe machte das 80.000 Euro bzw. zusätzliche +8 €/m2 Wohnfläche aus. Dieser Kostennachteil wurde jedoch durch die Vorteile der zweistufigen Methode wieder ausgeglichen – durch geringeren Aufwand für Koordinierungs- und Bauleitungsaufwand sowie geringere Schäden und weniger Reklamationen. Auch die laut Ausschreibung mit 18.000 € kalkulierten Aufwände für Schutzmaßnahmen rund um Fenster und Türen entfielen. Zudem zahlte es sich aus, dass durch die geringere Bauzeit eine frühere Nutzung des Objekts möglich wurde, was bei wöchentlichen Mieteinnahmen von ca. 30.000 € einen erheblichen Kostenvorteil bietet.

Bei jedem Projekt rechnet sich der zweistufige Einbau individuell und anders. Spätestens beim ersten Austausch eines Fensters im Lebenszyklus des Gebäudes dürfte sich die Zargenlösung jedoch als kostengünstigere Alternative erweisen. Auch die Bereitschaft der Immobilieneigentümer, das Bauteil Fenster zu aktualisieren, dürfte deutlich steigen, wenn der Austausch dank der Zargenmontage so einfach durchzuführen ist. So lässt sich abschließend sagen, dass für die ARCHImedes Gruppe die Vorteile der zweistufigen Montage von Fenstern und Türen mit Vorabzargen deutlich überwiegen. Seit dem Bauvorhaben Philosophengarten kommt diese Methode bei nahezu jedem unserer Projekte zum Einsatz – ganz gleich ob bei denkmalgeschützter Altbausubstanz oder im Neubau.