Das Foto zeigt eine zweiflügelige braune Holztür die gerade auf Schall geprüft wird.

Neufassung DIN 4109 – Innentüren

Neuregelungen im Schallschutz in Deutschland

Lesezeit: 7 Minuten

Im Vergleich zur Fassung der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ aus dem Jahr 1989 [1] haben sich bei der Neufassung von 2016/2018 einige Änderungen ergeben.

U.a. wurde die Norm neu gegliedert; aus einem Hauptteil und mehreren Beiblättern wurde eine neunteilige Norm:

  • Teil 1 mit Mindestanforderungen für den Schallschutz;
  • Teil 2 beschreibt das Rechenverfahren zum Nachweis der Erfüllung der Anforderungen;
  • Teil 4 enthält Regelungen zum Nachweis über bauakustische Messungen;
  • Die Teile 31 bis 36 enthalten den Bauteilkatalog mit Konstruktionen zum Nachweis des Schallschutzes:

Nachfolgend werden wesentliche Änderungen im Hinblick auf die Schalldämmung von Innentüren dargestellt.

Anforderungen

Die kennzeichnende Größe für die Schalldämmung von Innentüren nach DIN 4109-1, Kapitel 4, Tabellen 2, 4, 5 und 6, ist das bewertete Schalldämm-Maß Rw in dB mit Berücksichtigung der Schallübertragung nur über die Tür. Dies gilt für den betriebsfertigen Zustand am Bau. Zum Nachweis der Schalldämmung in den beschriebenen Fällen ist jeweils ein Sicherheitsbeiwert von 5 dB zu berücksichtigen (s. Kap. 3).

Die Anforderungen sind für unterschiedliche Gebäudenutzungen getrennt formuliert. Im Wesentlichen ergaben sich keine Änderungen an den Bauteilen und deren Anforderungen. Einzig bei der Schalldämmung in Zweckbauten gab es einzelne Ergänzungen.

Spektrum-Anpassungswerte nach EN ISO 717-1 sowie die Schalldämmung in einem erweiterten Frequenzbereich von 50 bis 5000 Hz werden im bauaufsichtlichen Nachweisverfahren in Deutschland nicht berücksichtigt.

Das Foto zeigt eine zweiflügelige braune Holztür die gerade auf Schall geprüft wird.
Schallprüfung einer zweiflügeligen Innentür im ift-Labor Bauakustik

Wohngebäude und Büros

In DIN 4109-1 Kapitel 5.1, Tabelle 2 stehen Anforderungen an die Schalldämmung in Mehrfamilienhäusern, Bürogebäuden und gemischt genutzten Gebäuden. In Zeile 18 und 19 werden die Anforderungen abhängig von der Grundrissgestaltung wie folgt festgelegt: Bei Türen, die von Hausfluren oder Treppenräumen in abgeschlossene Flure von Wohnungen oder Arbeitsräumen führen, beträgt die Anforderung R’w = 27 dB. Führt die Tür direkt in einen Aufenthaltsraum gilt eine Anforderung von R’w = 37 dB.

Hotels

In DIN 4109-1 Kapitel 6.1, Tabelle 4 stehen Anforderungen an die Schalldämmung in Hotels und Beherbergungsstätten. Zeile 6 legt eine Anforderung für Türen zwischen Fluren und Übernachtungsräumen mit R’w = 32 dB fest. Eine Anforderung an Türen zwischen Hotelzimmern wird nur indirekt über die Schalldämmung der Trennwand gestellt.

Schulen

In DIN 4109-1 Kapitel 6.3, Tabelle 6 (Zeilen 8 und 9), werden Anforderungen an die Schalldämmung von Türen in Schulen und vergleichbaren Einrichtungen abhängig vom Grundriss festgelegt. Türen, die von Fluren in Unterrichtsräume führen, besitzen eine Anforderung von R‘w= 32 dB. Neu ist eine Anforderung an Türen zwischen Unterrichtsräumen mit R’w = 37 dB.

Das Foto zeigt eine Innentür aus Holz im ift-Labor für Bauakustik.
Schallprüfung einer Innentür im ift-Labor Bauakustik

Krankenhäuser

In DIN 4109-1 Kapitel 6.2, Tabelle 5 (Zeilen 9 bis 11), werden Anforderungen an die Schalldämmung von Türen in Krankenhäusern und Sanatorien abhängig vom Grundriss festgelegt. Türen zwischen Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern sowie zwischen Fluren und Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern besitzen eine Anforderung von R’w = 37 dB. Für Türen zwischen Fluren und Krankenräumen sowie zwischen Fluren und Operations- bzw. Behandlungsräumen und zwischen Operations- bzw. Behandlungsräumen ist eine Anforderung von R’w = 32 dB festgelegt. Neu hinzugekommen ist die Anforderung von R’w = 37 dB an Türen zwischen Räumen, die einem erhöhten Ruhebedürfnis oder Vertraulichkeit unterliegen.

Nachweis- und Rechenverfahren

DIN 4109-2 gibt die Regeln für den rechnerischen Nachweis der Schalldämmung vor. Innentüren nehmen hier eine Sonderstellung ein, da für diese Türen Anforderungen direkt formuliert sind, so dass die Anwendung des Rechenverfahrens entfällt. Im Vergleich zur Vorgängernorm haben sich folgende Änderungen beim Sicherheitskonzept ergeben:

Das Vorhaltemaß entfällt und wird durch einen Sicherheitsbeiwert ersetzt

Die Berechnung und Planung der Schalldämmung erfolgt in der neuen DIN 4109 mit Bauteildaten ohne Berücksichtigung eines Vorhaltemaßes für das einzelne Bauteil. Es gibt also kein Rw,R mehr! Stattdessen wird ein sogenannter Sicherheitsbeiwert uProg eingeführt, der auf die berechnete Gesamtsituation R’w beim Vergleich mit der Anforderung angewendet wird, also R’w – uprog ≥ erf. R’w [dB].

Für Innen- und Laubengangtüren beträgt der pauschalierte Sicherheitsbeiwert uProg = 5 dB. Da die Anforderungen bei Innentüren an das Bauteil direkt gestellt werden, gilt hier Rw – 5 dB ≥ erf. Rw [dB]. Der Sicherheitsbeiwert von 5 dB ist zahlenmäßig gleich mit dem Vorhaltemaß aus DIN 4109:1989 [1]. Damit hat sich am Anforderungsniveau für die Innentüren nichts geändert.

Bauteilkatalog

Ein Überarbeitungsschwerpunkt bei DIN 4109 war die Aktualisierung des Bauteilkatalogs. Alle dargestellten schalltechnischen Kenngrößen der Bauteile sind Laborprüfwerte entsprechend der aktuellen Laborprüfnormen [8] ohne weitere Sicherheitsabschläge.

Alternativ zur Anwendung von Konstruktionen, die im Bauteilkatalog beschrieben werden, kann der Nachweis nach wie vor auch durch Messung der Schalldämmung im Laborprüfstand erfolgen.

In den neuen Bauteilkatalog (DIN 4109-35 [6] für Elemente, Fenster, Türen, Vorhangfassaden) wurde nun auch ein tabellarisches Nachweisverfahren für Innentüren aufgenommen, das den Nachweis für Türen in Holz- oder Metallzargen bis zu einem bewerteten Schalldämm-Maß Rw = 35 dB ermöglicht. Hiermit können verschiedene Konstruktionsvarianten von Türen einfach nachgewiesen werden, vielfach ohne separaten prüftechnischen Nachweis.

Für den tabellarischen Nachweis der Schalldämmung werden das bewertete Schalldämm-Maß Rw des Türblatts und die Fugenschalldämmung RS,w (bewertetes Fugenschalldämm-Maß) für Falz- und Bodendichtung benötigt. Das bewertete Fugenschalldämm-Maß RS,w wird messtechnisch nach DIN EN ISO 10140-1 [8] bestimmt oder aus Tabelle 7 von DIN 4109-35 entnommen.

Der Nachweis der Schalldämmung einer betriebsfertigen Tür mit Anforderung erf. Rw,Tür (als Laborprüfwert) gilt nach Tabelle 4 aus DIN 4109-35 als erfüllt, wenn bei einem überfälzten Türblatt der Türblattwert Rw,Türblatt um mindestens 2 dB über erf. Rw,Tür und gleichzeitig die Fugenschalldämm-Maße von Falz- und Bodendichtung RS,w,Falzdichtung, RS,w,Bodendichtung jeweils um mindestens 10 dB über erf. Rw,Tür liegen. Bei einem stumpf einschlagenden Türblatt gilt prinzipiell die gleiche Regel, nur dass hier der Türblattwert Rw,Türblatt um mindestens 4 dB über erf. Rw,Tür liegen muss. Tabelle 5 aus DIN 4109-35 gibt Korrekturwerte für Türblätter an, die bei konstruktiven Änderungen ohne prüftechnischen Nachweis verwendbar sind.

Ein Beispiel für den Nachweis einer stumpf einschlagenden Tür mit Anforderung Rw,Tür = 32 dB wird in Kap. 5 gezeigt.

Anwendungsbeispiel

Das Anwendungsbeispiel soll das in Kap. 4 dargestellte neue Tabellenverfahren für den Nachweis der Schalldämmung von Innentüren veranschaulichen.

Randbedingungen Anwendungsbeispiel

Wohnungseingangstür (schwellenlos, d.h. mit absenkbarer Bodendichtung, Türblatt stumpf einschlagend) in einem Mehrfamilienhaus, die in einen abgeschlossenen Flur in der Wohnung führt.

Schritt 1: Festlegung der Anforderung lt. DIN 4109-1 (Kap. 2.1) erf.R‘w = 27 dB

Schritt 2: Berücksichtigung Sicherheitsbeiwert uprog = 5 dB

Zum Nachweis der Schalldämmung wird ein Sicherheitsbeiwert eingerechnet (Kap. 3)

Anforderung an Tür im betriebsfertigen Zustand

Rw,Tür = erf. R‘w + uprog = 32 dB

Schritt 3: Nachweis der Schalldämmung der Tür

Nach DIN 4109-35 ist die Anforderung an die Schalldämmung des betriebsfertigen Türelements nachgewiesen, wenn ein ausreichend schalldämmendes Türblatt mit geeigneten Falz- und Bodendichtungen kombiniert wird.

Ergebnis:

Schalldämmung Türblatt (stumpf einschlagend)

Rw,Türblatt Rw,Tür + 4 dB = 32 dB + 4 dB = 36 dB

Fugenschalldämmung Falzdichtung

RS,w,Falzdichtung Rw,Tür + 10 dB = 32 dB + 10 dB = 42 dB

Fugenschalldämmung Bodendichtung

RS,w,Bodendichtung Rw,Tür + 10 dB = 32 dB + 10 dB = 42 dB

Damit kann die geforderte Schalldämmung der Tür durch Einsatz eines Türblatts mit Rw,Türblatt ≥ 36 dB und von Falz- und Bodendichtungen mit einer Fugenschalldämmung von jeweils RS,w ≥ 42 dB erreicht und einfach nachgewiesen werden.

Literatur

  1. DIN 4109:1989-11 – Schallschutz im Hochbau; Anforderungen und Nachweise.
    DIN 4109 Bbl. 1:1989-11 – Schallschutz im Hochbau, Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren.
    DIN 4109 Bbl. 1/A1:2003-09 – Schallschutz im Hochbau, Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren; Änderung A1.
    DIN 4109 Bbl.-3:1996-09 – Schallschutz im Hochbau, Berechnung von R’w,R für den Nachweis der Eignung nach DIN 4109 aus Werten des im Labor ermittelten Schalldämm-Maßes Rw.
    DIN 4109-11:2010-05 – Schallschutz im Hochbau, Güte- und Eignungsprüfungen
  2. DIN 4109-1:2016-07
    Schallschutz im Hochbau – Teil 1: Mindestanforderungen
  3. DIN 4109-1:2018-01
    Schallschutz im Hochbau – Teil 1: Mindestanforderungen
  4. DIN 4109-2:2016-07
    Schallschutz im Hochbau – Teil 2: Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen
  5. DIN 4109-2:2018-01
    Schallschutz im Hochbau – Teil 2: Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen
  6. DIN 4109-31 bis -36:2016-07
    Schallschutz im Hochbau – Teil 31 bis 36: Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog)
    Teil 31: Rahmendokument
    Teil 32: Massivbau
    Teil 33: Holz-, Leicht- und Trockenbau
    Teil 34: Vorsatzkonstruktionen vor massiven Bauteilen
    Teil 35: Elemente, Fenster, Türen, Vorhangfassaden
    Teil 36: Gebäudetechnische Anlagen
  7. DIN 4109-4: 2016-07
    Schallschutz im Hochbau – Teil 4: Bauakustische Prüfungen
  8. Normenreihe DIN EN ISO 10140:2010
    Akustik – Messung Schalldämmung von Bauteilen in Prüfständen
    Teil 1: 2016-12: Anwendungsregeln für bestimmte Produkte
    Teil 2: 2010-12: Messung der Luftschalldämmung
    Teil 3: 2015-11: Messung der Trittschalldämmung
    Teil 4: 2010-12: Messverfahren und Anforderungen
    Teil 5: 2014-09: Anforderungen an Prüfstände und Prüfeinrichtungen

Bernd Saß

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Bernd Saß ist seit 1993 Mitarbeiter am ift Rosenheim. 2001 wurde er Prüfstellenleiter für den Bereich Bauakustik; seit 2004 ist er stellvertretender Prüfstellenleiter des ift-Labors Bauakustik. Er ist „Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern für Schallschutz von Fenstern, Türen, Toren und Verglasungen“. Er ist Referent, Fachautor und Mitglied in verschiedenen Norm- und Fachausschüssen.

Dr. Joachim Hessinger

ift Rosenheim

Dr. Joachim Hessinger hat an der Universität Mainz Physik studiert und arbeitet seit 1996 im Bereich Bauakustik am ift Rosenheim. Seit 2005 ist er Prüfstellenleiter im ift Labor Bauakustik, in dem Prüfungen von Fenstern, Fassaden, Verglasungen, Deckenelementen und Holzbauwänden durchgeführt werden, sowie Forschungsprojekte und Gutachten bearbeitet werden. Als Lehrbeauftragter, Referent und Fachautor gibt er seine Erfahrungen weiter. Er ist Mitglied in verschiedenen Normen und Fachausschüssen, beispielsweise NA 005-55-74 AA (Anforderungen an den Schallschutz) des DIN.

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