Das Foto zeigt eine Wand nach der Feuerprüfung. Die linke Seite ist die bestehende Seite und die rechte Seite ist modifiziert mit einem Glasauschnitt.

Brandschutz von Bauelementen bei Sanierung und Umnutzung von Gebäuden

Bewertung, Nachweise und Prüfungen bei Änderungen und Ergänzungen bestehender Brandschutzelemente

Lesezeit: 6 Minuten

Die Modernisierung und Umnutzung älterer Gebäude zur Schaffung von Wohnraum sind zentrale Aufgaben der nächsten Jahre. Eine interessante, aber bisher selten genutzte Option ist dabei die Umnutzung von Büro- zu Wohngebäuden.

Das Foto zeigt die Front eines Gebäudes, das einen Anbau mit Holzfassade hat.
Bild 1: Nutzungsänderung (hier durch Anbau eines neuen Gebäudes) führen meistens zur notwendigen Bewertung der bereits eingebauten und den Einbaubedingungen neuer Brandschutzelemente in den „alten“ Wänden. (Quelle: Alexey Khromushin – stock.adobe.com)

Die Bewertung der Tauglichkeit bzw. Ertüchtigung vorhandener Brandschutzelemente (normativ korrekt als Feuer- und Rauchschutzelemente (FSA/RSA) bezeichnet) sowie der Einbau neuer Bauelemente in bestehende Bausubstanz ist dabei von großer Bedeutung. Der nachfolgende Beitrag zeigt wie Architekten und Planer hierbei am besten vorgehen können. Es wird erläutertet wie Änderungen und Ergänzungen an bestehenden Brandschutzelementen bzw. Anforderungen aufgrund einer Nutzungsänderung (§67 MBO) bewertet und genehmigt werden können. An Praxisbeispielen wird gezeigt wie vorhandene Nachweise und ergänzende Prüfungen genutzt werden können, um die notwendigen Verwendbarkeits- und Anwendbarkeitsnachweise zu erhalten (Vorhaben bezogene Bauartgenhmigung (vBG) bzw. Zustimmung im Einzelfall (ZiE).

Bewertung von Änderungen und Ergänzungen an bestehenden Brandschutzelementen

Im Gebäudebestand sind sehr häufig auch alte Brandschutzelementen verbaut, die zur Einbauzeit baurechtlich zulässige Brandschutzelemente waren. Diese Bauelemente gelten solange als tauglich, bis ein Brandereignis auftritt oder erhebliche bauliche Veränderungen oder Nutzungsänderungen vorgenommen werden. So wie die Gebäude nach den damals gültigen Bauregeln und Vorschriften errichtet wurden, sind auch die Brandschutzelemente in der Regel entsprechend den damalig geltenden bauaufsichtlichen Nachweisen gefertigt und montiert worden. Entsprechende Nachweise und Zulassungen sollten zwar in der Gebäudedokumentation enthalten sein, fehlen aber oft. In einigen Fällen wurden Brandschutzelemente aber auch nur „in Anlehnung“ an bestehende bauaufsichtliche Nachweise, nach Normen (z. B. DIN 18082) oder nach bekannten Prinzipien mit den geeigneten Materialien hergestellt und eingebaut. Bei baulichen Veränderungen (Umbau, Erweiterungen etc.) oder bei Änderung der Nutzung bleibt zwar der Bestand erhalten, jedoch müssen die aktuellen baulichen Anforderungen eingehalten werden. Das betrifft auch die bauordnungsrechtlichen Vorgaben zum Brand- und Rauchschutz.

Zu sehen ist das Foto einer Feuerschutztür, um die herum Bewertungen stehen.
Bild 2: Bewertung einer vorhandenen Feuerschutztür durch visuelle Beurteilung durch einen Sachverständigen (Quelle: ift Rosenheim)
Zu sehen ist das Foto einer nichttragenden Verglasung innerhalb eines Gebäudes. Darum stehen Bewertungen des Feuerwiderstands.
Bild 3: Bewertung des Feuerwiderstands einer nichttragenden Verglasung durch Recherche von Nachweisen und Ableitung der Feuerwiderstandsdauer durch eine kompetente Zertifizierungsstelle im Rahmen einer Gutachtlichen Stellungnahme (Quelle: ift Rosenheim)

In Abhängigkeit von der geplanten Nutzung sowie den vorhandenen und neuen Gebäudestrukturen werden die Vorgaben zum baulichen Brandschutz und die Möglichkeiten für Rettungs- und Brandbekämpfungsmaßnahmen in einem Brandschutzkonzept (-plan) festgelegt. Darin werden auch die Anforderungen für die bestehenden oder neuen Brandschutzelemente durch Feuerwiderstandsklassen festgelegt. Die Erfüllung der Anforderungen durch neue Brandschutzelemente ist normativ eindeutig vorgegeben. Aber für die Bewertung der Eignung alter Brandschutz-Elemente gibt es keinen allgemeinen Fahrplan. Insbesondere wenn die Kennzeichnung fehlt, beginnt die „Detektivarbeit“ durch den Planer oder einen Sachverständigen. Das gilt auch wenn diese Bauelemente zum Einbauzeitpunkt normkonform (z. B. DIN 18082) gefertigt und eingebaut wurden.

Problematisch sind Brandschutzelemente, die nur „in Anlehnung“ an bauaufsichtliche Nachweise oder Normen gefertigt wurden. Deshalb ist es übliche, dass bei Änderungen von Gebäuden (baulich oder Nutzung) mit der Erstellung des Brandschutzkonzepts (-plans) auch der Bestand der eingebauten Brandschutzelemente detailliert erfasst wird. Nach dem Abgleich der Bestandsaufnahme mit den Forderungen des aktuellen Brandschutzkonzeptes (Berücksichtigung von Gebäudestrukturen/-technik, Personenanzahl, Rettungs-/Brandbekämpfungsmaßnahmen etc.) ergibt sich häufig das Problem, wie nicht gekennzeichnete „Brandschutz-Elemente“ bewertet werden können. Dies umfasst die bauordnungsrechtliche Einordnung sowie Aussagen zu gekennzeichneten Brandschutzelemente in Bezug auf deren tatsächliche brandschutztechnische Leistungsfähigkeit.

Handelt es sich um eine „überschaubare“ Stückzahl an Elementen und damit um akzeptable Kosten, wird meistens schnell eine Entscheidung für den Austausch der alten Brandschutzelemente getroffen. Doch in vielen Fällen verhindern der Denkmal-/Bestandsschutz oder wirtschaftliche Gründe eine Entscheidung. In diesen Fällen muss der Feuerwiderstand bzw. die Rauchdichtheit der eingebauten Elemente verlässlich bewertet werden.

Je nach Anforderung und der baulichen Situation des Bauvorhabens kann bei ausreichender Erfahrung und Fachkompetenz des Sachverständigen eine Sichtung und Bewertung der Brandschutzelemente im Rahmen einer Baustellenbegehungen erfolgen. Das Ergebnis sollte aber nicht einfach nur zu einer pauschalen Austauschempfehlung führen. Vielmehr gilt es folgende Fragen zu klären:

  • welche Anforderungen können von den vorhandenen „Brandschutz-Elementen“ noch bzw. nicht mehr erfüllt werden,
  • können die Brandschutzelemente angepasst und ertüchtigt werden, um die aktuellen Anforderungen zu erfüllen,
  • Analyse und Feststellung, ob die alten Elemente zulassungskonform ausgeführt wurden,
  • Können die Brandschutzelemente evtl. ausgebaut werden, um das tatsächliche oder noch vorhandene Leistungsvermögen durch geeignete Prüfverfahren zu beurteilen.

An ausgewählten Beispielen wird das Vorgehen und die Ergebnisse nachträglicher Prüfungen beschrieben.

Tabelle 1 zeigt die Bestandsbewertung von Brandschutzelementen. Welche Aufgaben, welche Prüfung mit welchem Ergebnis)   (Quelle: ift Rosenheim)
Tabelle 1: Bestandsbewertung von Brandschutzelementen (Quelle: ift Rosenheim)
Das Foto zeigt eine Wand nach der Feuerprüfung. Die linke Seite ist die bestehende Seite und die rechte Seite ist modifiziert mit einem Glasauschnitt.
Bild 4: Brandprüfung der nachgebauten bestehenden Wand (links) und einer modifizierten Wandkonstruktion (rechts mit neuem Glasausschnitt) nach EN 1364-1 zur Bewertung und als Nachweis des geforderten Feuerwiderstands. (Quelle: ift Rosenheim)

Bewertung Feuerwiderstand durch „angepasste“ Prüfungen

Feuerwiderstandsprüfungen werden auf Basis von Prüfnormen durchgeführt. Oft sind aber Abweichungen hinsichtlich der Konstruktion und der vorhandenen Zulassung notwendig, um die jeweiligen Produkte (z.B. Türen, Trennwände, Fassaden oder Decken) auf die Einbausituation im jeweiligen Bauvorhaben anzupassen. In bestehenden Gebäuden weichen die Bedingungen oft von den normierten Verwendbarkeits- und Anwendbarkeitsnachweisen ab, und damit auch von den Prüfbedingungen eines (Brandschutz-)Produktes ab (Anforderungen an den Probekörper, Prüfbedingungen, Messeinrichtungen oder die Durchführung der Prüfung). Diese Abweichungen (im Sinne §67 MBO) ergeben sich oft aus Vorgaben des Denkmalschutzes oder der spezifischen Nutzung, so dass sich normkonforme Prüfungen nicht durchführen lassen. Deshalb ist es erforderlich die Feuerwiderstandsprüfungen in Anlehnung an die jeweilige Prüfnorm durchzuführen und die Ergebnisse entsprechend zu interpretieren. Diese Ergebnisse können dann in Form eines zusammenfassenden Dokuments (gutachtliche Stellungnahme) baurechtlich als Basis zur Beantragung eines Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweise (Zulassung, Prüfzeugnis, Vorhaben bezogene Bauartgenhmigung (vBG) bzw. Zustimmung im Einzelfall (ZiE)) genutzt werden, mit denen dann die „alten“ Brandschutzelemente unverändert oder durch eine „Ertüchtigung“ weiter verwendet werden können. Somit kann bereits vor einer Sanierung bzw. Umnutzung eines Gebäudes festgestellt werden, welche Maßnahmen möglich und wirtschaftlich sinnvoll sind.

Kritische Aspekte der Prüfplanung

Eine genaue Kenntnis der Prüfnormen und umfangreiche Prüferfahrungen sind notwendig, um die zulässigen Abweichungen und Änderungen der Prüfung zu kennen und zu interpretieren. Beispielsweise sind bei der EN 1634-1 (Drehflügeltüren/-tore, Fenster oder Feuerschutzvorhänge) der Anwendungsbereich, die Ausführung und der Einbau des Probekörpers, das Anbringen der Messeinrichtungen, die Durchführung der Prüfung und die gewünschten Leistungskriterien zu beachten. Gleiches gilt für die Anzahl der zu prüfenden Probekörper in einer Prüfung, die Tragkonstruktionen oder auch die Elementgröße. Eine normkonforme Prüfung ist also nur unter Einhaltung aller Rahmenbedingungen möglich.

In bestehenden und umgebauten Gebäuden (aber auch in neuen Gebäuden) gibt es jedoch häufig Anforderungen und Einbaubedingungen, die eine normkonforme Prüfung nicht ermöglichen. Ein praktisches Beispiel ist die Aneinanderreihung von Feuerschutzabschlüssen, bei denen die normkonforme seitliche Tragkonstruktion zur Ableitung der auftretenden Kräfte während der Prüfung fehlt. Dieser Anwendungsfall ist durch die Prüfnormen nicht vollständig abgedeckt und wird in den Zulassungen meistens nicht als Anwendungsfall angegeben.

Ein zweites Beispiel ist die Anforderung, dass eine Haftraumtür als Probekörper nach 20 Minuten geöffnet werden muss, so dass die Prüfung nur in Anlehnung an die EN 1634-1 (bzw. nach einer speziellen Richtlinie) durchgeführt werden kann. Das dritte Beispiel tritt häufig beim Umbau von Gebäuden auf, wenn die vorhandene Skelettbauweise aus Stahl oder Stahlbeton beim Innenausbau durch eine Skelettbauweise mit vorgehängten, nichttragenden Holzwänden ergänzt wird. Bei der Feuerwiderstandsprüfung gibt es Kontroversen mit der EN 1364-3 und der EN 1364-1, bei der eine Prüfung nichttragender Außenwände, die vor Decken abgehängt sind, ausgeschlossen ist.

Deshalb ist für die Prüf- und Probekörperplanung zur Bewertung von Brandschutzelementen die frühzeitige Abstimmung zwischen der Prüf-/Zertifizierungsstelle und dem Planer notwendig. Gleiches gilt für die Planung, Durchführung und Interpretation der Prüfung durch eine erfahrene und kompetente Prüf- und Zertifizierungsstellen. Ansonsten besteht das Risiko, dass die Prüfergebnisse nicht als Grundlage für die baurechtlich geforderten Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweise (Zulassung, Prüfzeugnis, ZiE) genutzt werden können.

Literatur

  1. EN 1634-1:2014+A1:2018 – Feuerwiderstandsprüfungen und Rauchschutzprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse, Fenster und Baubeschläge – Teil      1: Feuerwiderstandsprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse und Fenster
  2. EN 1191:2012 – Fenster und Türen - Dauerfunktionsprüfung – Prüfverfahren
  3. EN 1634-3:2004/AC:2006 – Prüfungen zum Feuerwiderstand und zur Rauchdichte für Feuer- und Rauchschutzabschlüsse, Fenster und Beschläge – Teil 3: Prüfungen zur Rauchdichte für Rauchschutzabschlüsse
  4. EN 1364-1:2015 – Feuerwiderstandsprüfungen für nichttragende Bauteile – Teil 1: Wände
  5. EN 1364-3:2014 – Feuerwiderstandsprüfungen für nichttragende Bauteile – Teil 3: Vorhangfassaden – Gesamtausführung
  6. EN 13830:2003 – Vorhangfassaden – Produktnorm
  7. 13830:2015+A1:2020 – Vorhangfassaden – Produktnorm

Dr. Gerhard Wackerbauer

ift Rosenheim

Der promovierte Physiker Dr. Gerhard Wackerbauer ist seit Mai 1996 am ift Rosenheim tätig. Am Anfang war er im Bereich Schallschutz, sowie Wärme-und Feuchteschutz tätig. Im November 2004 wechselte er in das Brandschutzzentrum in Nürnberg und war dort zuletzt bis zu dessen Umzug 2016 Prüfstellenleiter im Bereich Brandschutz. Danach wechselte er zur notifizierten Produktzertifizierungsstelle Brand in Nürnberg, einer Abteilung der ift Zertifizierungsstelle, und ist dort seit Oktober 2016 der fachlich verantwortliche Leiter. Weiterhin ist er auch bei bauaufsichtlichen Zulassungen im Bereich Brandschutz tätig.

Darüber hinaus vertritt er seit Ende 2013 das ift Rosenheim in der Europäischen Sektorgruppe der notifizierten Stellen SH02 im Brandschutz, ist Mitglied im Ausschuss deutschen Spiegelausschuss NA 005-52-05 AA und vertritt diesen im Europäischen Normungsausschuss TC127-WG3 und in ISO/TC92/SC2/WG3.

Johannes Stahl

ift Rosenheim

Johannes Stahl ist Prüf- und Projektingenieur für Brandschutzprüfungen und seit vielen Jahren im ift Rosenheim für Prüfungen von Bauelementen mit Anforderungen an den Feuerwiderstand und die Rauchdichtheit zuständig. Ebenso erstellt er auf Basis von Prüfergebnissen und anderer Nachweise projektbezogene gutachtliche Stellungnahmen, die als Grundlage für Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweise (vorhaben bezogene Bauartgenehmigung (vBG) bzw. Zustimmung im Einzelfall (ZiE)) dienen

Stefan Klausing

ift Rosenheim

Stefan Klausing ist Experte für Brandschutzbauteile und seit vielen Jahren im ift Rosenheim für die Bewertung von Bauelementen mit Anforderungen an den Feuerwiderstand und die Rauchdichtheit zuständig. Auf Basis von Prüfergebnissen und anderer Nachweise erstellt er projektbezogene gutachtliche Stellungnahmen, die als Grundlage für Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweise (Zulassung, Prüfzeugnis, Vorhaben bezogene Bauartgenehmigung (vBG) bzw. Zustimmung im Einzelfall (ZiE)) dienen.

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