Die Grafik zeigt die Umrisse Großbritanniens mit britischer Flagge.

UKCA – das britische CE Zeichen

Die Leiden des jungen Brexit

Lesezeit: 3 Minuten

Die Ausgangssituation: Großbritannien hat am 31.01.2020 mit einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 die EU verlassen und ist somit von den Gesetzen und Regelungen der EU unabhängig.

In einem ersten Schritt wurden jedoch die bisher geltenden europäischen Regelungen als Basis für die nationalen Regelungen (u.a. CPR – Bauproduktenverordnung, Prüfnormen) übernommen. Das CE-Zeichen wurde zum UKCA-Zeichen. Die Umsetzung läuft jedoch nicht so reibungslos, da auch noch einige politische Unstimmigkeiten bezüglich der Verfahrensweisen im Brexit allgemein zwischen der EU und Großbritannien vorliegen, die den Übergang erschweren.

Dies führt zum Teil dazu, dass Prüfungen der Notified Bodies, die nach gleichen technischen Regeln durchgeführt wurden und werden, nicht automatisch von den Approved Bodies in GB als Grundlage für das UKCA-Zeichen anerkannt werden können bzw. dürfen. Dies gilt jedoch nicht für Prüfungen, die im Vereinigten Königreich bei einem bisherigen Notified, nun aber Approved Body durchgeführt wurden. Hier ist eine Anerkennung problemlos.

Die Grafik zeigt die Umrisse Großbritanniens mit britischer Flagge.
Bild 1: Austritt Großbritanniens aus der EU – Betroffen sind: England, Schottland, Wales und Nordirland (für Nordirland gelten auf Grund der Binnengrenzen mit der Republik Irland (EU!) Sonderregelungen, auch im Binnen-Warenverkehr von England nach Nordirland). (Bild: Pixabay)
Das Schaubild zeigt in Tabellenform die erforderlichen Nachweise und regelgebenden Stellen in der EU und Großbritannien.
Bild 2: EU CPR versus UK CPR

Nutzungsmöglichkeiten von Nachweisen

Für Produkte, die ins AVCP-System 1 (Assessment and Verification of Constancy of Performance, AVCP – Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit) fallen, indes ist eine Verwendung von Nachweisen, die von Notified Bodies erstellt werden, möglich. Dies gilt sowohl für bestehende als auch für neu zu erbringende Nachweise. Es muss jedoch schon bei der Abklärung ein Approved Body involviert sein. Dieser übernimmt letztendlich die Verantwortung für die Richtigkeit der Dokumente.

Das ift Rosenheim arbeitet in diesem Bereich mit den Approved Bodies UL und BSI eng zusammen und bietet Verfahren an, die die Prozesse für die Kunden vereinfachen – sowohl im Bereich der Prüfdurchführung als auch bei den erforderlichen Überwachungen. Das Ziel ist, dass der Kunde seinen jeweiligen Ansprechpartner, sein Labor und seinen Auditor weitestgehend beibehalten kann.

Für Produkte, die ins AVCP-System 3 fallen, existiert derzeit nur eine Vorgehensweise zur mögliche Verwendung von neuen Prüfnachweisen, erstellt durch ein Notified Body. Auch hierbei ist eine Abstimmung mit dem Approved Body im Vorfeld erforderlich, die das ift Rosenheim für seine Kunden mit seinen Kooperationspartnern in Großbritannien übernimmt.

Für „historische Daten“ im AVCP-System 3 hingegen gibt es noch kein offiziell von der UKAS, der Akkreditierungsstelle in GB, zugelassenes Verfahren. Wie bereits erwähnt handelt es sich eher um politische Gründe zwischen Großbritannien und der EU. Allerdings gibt es seitens der Legislative in GB Bestrebungen, hier eine Lösung für den britischen Markt zu finden.

Verlängerung der Übergangsphase

Da nun die die Koexistenzphase – transition period – um ein Jahr verlängert wurde, ist die Lage etwas entspannt worden, jedoch nach wie vor aktuell. Diese Verlängerung basierte auch auf die Erkenntnis in Großbritannien, dass manche Auswirkungen des Brexit, wie er vollzogen wurde, wohl nicht ausreichend berücksichtigt wurden, wie z.T. sogar in der britischen Presse zu lesen war.

 

Prüfmöglichkeiten in Großbritannien

Eine weitere Herausforderung in dieser Frage ist (neben den sicherlich entstehenden Lieferengpässen, wie sie heute schon in anderen Bereichen zu sehen sind) die Verfügbarkeit und die Kapazitäten der Prüflabore und Zertifizierungsstellen in Großbritannien.

Diese sind zum Teil viel zu gering oder überhaupt nicht vorhanden. Somit wären die erforderlichen Prüfungen und Überwachungen nur mit langen Wartezeiten oder zum Teil überhaupt nicht machbar. Labore, die – so könnte man meinen – von diesem Umstand der erneuten Prüfungen Vorteile hätten, bringen diese Problematik eindrücklich den Organen der Gesetzgebung vor und versuchen so Lösungen zu forcieren.

Blick in die Zukunft

Es werden zukünftig sicherlich mehr und mehr neue Prüfkapazitäten geschaffen, was ja zum Teil schon geschieht. Vermutlich wird dies aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen, und es wird sicher eine gewisse Priorisierung geben, die sich nach dem Bedarf richtet.

Auch ist es durchaus denkbar, dass in Zukunft die von der EU übernommenen Regelungen überarbeitet und entsprechend nationalen Baugesetzen geändert werden. Prüfungen müssten dann ergänzt oder nach neuen Kriterien erneut durchgeführt werden. Die Hoheit über die Durchführung dieser Prüfungen wird sicher bei den Approved Bodies in Großbritannien liegen. Das ift Rosenheim wird auch hier versuchen, soweit wie möglich durch Kooperationen mit den entsprechenden Stellen (UL und BSI) Lösungsmöglichkeiten zur Vereinfachung der erforderlichen Verfahren zu finden und seinen Kunden mit Rat und Tat in dieser neuen Situation zur Seite stehen, um die Verfahren im Rahmen der Gesetze Großbritanniens und der EU so einfach wie möglich zu gestalten.

Das Foto zeigt einen Haufen mit Steinen, der symbolisch für die fehlende Bauanleitung für den Brexit steht.
Bild 3: Die Herausforderung Brexit– wer hat die Bauanleitung?

Roland Fischer

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Maschinenbau Roland Fischer ist seit 2007 im ift Rosenheim im Bereichen Businessdevelopment, Betreuung der Auslandsvertretungen des ift Rosenheim im Ausland und im Vertrieb als Sales Manager tätig. Zuvor arbeitete er als Projektleiter im Bereichen Brandschutz und Fassadenneuentwicklung sowie als Entwicklungsleiter bei namhaften Systemhäusern.

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