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Türen sind die Visitenkarte eines Hauses und das lassen sich Bauherren schon mal was kosten.
Für den Schreiner bringt das gute Deckungsbeiträge, wenn Beratung, Planung und Ausführung professionell sind. Ansonsten drohen Reklamationen, Zusatzkosten und Imageschaden. Angesichts der Vielfalt an Materialien, Konstruktionen, Funktionen und Anforderungen ist dies keine leichte Aufgabe. Insbesondere der demografische Wandel und der Wunsch nach mehr Komfort, Sicherheit und Einbruchschutz fordert Know-How. Diese Aspekte sind gerade der Generation 50+ wichtig, die als kaufkräftige Zielgruppe auf Qualität großen Wert legt.
Komfort ist kein Luxus
In modernen Fahrzeugen bekommen Menschen heute deutlich mehr Komfort geboten, als in Gebäuden – elektrisch öffenbare Fenster und eine Zentralverriegelung sind Standard und Internet und Unterhaltungsmedien sind auch an „Bord“. Das wollen Bauherren auch im Haus und dies wird bei der Haustür zunehmend zum Standard. Immer mehr Eingangstüren werden mit Automatikfunktion für Öffnen und Verschließen und elektronischen Sicherheitsschlössern bestellt, denn das bietet mehr Bedienkomfort und Barrierefreiheit – wichtig für die Generation 50+, die ihr eigenes Haus bis ins hohe Alter nutzen will. Aber Achtung – wenn "normale" Außentüren mit Antrieben und Steuerungen nachgerüstet werden, ist neben dem CE Zeichen nach EN 14351 ein zusätzliches nach EN 16005 erforderlich.
Die besonderen Sicherheits- und Montagehinweise des Antriebs- und Steuerungsherstellers müssen beachtet werden. Grundsätzlich ist vor Inbetriebnahme eine Risikobeurteilung, mit Maßnahmen zu Verhinderung bzw. Beseitigung von Gefahren, zu erstellen und vom Türenhersteller oder Systemgeber zu liefern sind.
Auch die mechanische Anbindung der elektrischen Antriebe birgt Probleme, weil Rahmen oder Türblatt zu wenig Festigkeit haben. In der Praxis zeigen sich deshalb Schäden, wie ausgerissene Bänder, beschädigte Türrahmen mit offenen Fugen, klemmende Türen mit Schädigung der Antriebe usw. Für die Praxis braucht der Schreiner verlässliche Systeme mit geeigneten Profilen, Türblättern- und -füllungen, Eckverbindungen und Bändern. Besonderes Augenmerk gilt der gesamten elektrischen Vorinstallation, damit auf der Baustelle kein "Kabelsalat" entsteht. Bei schlüssellosen Türen, die Funkchips oder Fingerprint nutzen, sollte die elektronische Verarbeitung der Signale innerhalb des Hauses erfolgen. Ansonsten haben "Langfinger" mit elektronischen Decodern leichtes Spiel.
Einbruchsicherheit – auf´s Detail kommt es an
Steigende Einbruchzahlen und tägliche Medienberichte zu Terror und Kriminalität erhöhen das Interesse an einbruchhemmenden Fenstern und Türen. Einbruchhemmung funktioniert aber nur im System und einzelne Elemente wie ein Sicherheitsbeschlag oder innere Verriegelungen helfen alleine nicht weiter. Deshalb rät die Kriminalpolizei zum Kauf und Einbau von geprüften und zertifizierten Bauelementen der Widerstandsklasse RC2. Auch wenn viele Schreiner Prüfzeugnisse von Systemgebern und Beschlagherstellern nutzen, müssen diese genau gelesen werden. Insbesondere müssen die Anwendungsgrenzen bezüglich Öffnungsarten und -richtung, Außenabmessungen sowie die verwendeten Profile, Ausfachungen, Verglasungen und Beschläge beachtet werden. Ansonsten gelten die Prüfnachweise nicht mehr, schlimmer noch – die Einbruchhemmung funktioniert nicht.
Auch bei Herstellung und Montage muss genau gearbeitet werden, damit die Türen die hohen mechanischen Belastungen eines Einbruchversuchs aushalten. Dies gilt besonders für die Verwendung der vorgegebenen Rahmenmaterialen (PVC-Profil mit Wandungsdicken und Verstärkungsprofilen, Holzart, Rohdichte, etc.), den Toleranzen beim Zuschnitt und Profilierung, die Rahmeneckverbindungen (Verbindungsart, Klebstoff, Eckfestigkeiten etc.) und natürlich den Beschlägen und Schlössern. Hier spielt bei Holz der Schraubentyp, das Vorbohren bzw. Schrägverschraubung, bei PVC die Verschraubungen nur durch Kunststoff und/oder Stahlprofil sowie der exakte Rückschnitt der Stahlverstärkung in der Ecke und bei Metall der Einsatz gewindefurchender oder Spezialschrauben eine entscheidende Rolle. Bei dem Einsatz von Schlössern müssen Abmessung und Position der „Schlosskammern“ beachtet werden. Darüber hinaus sind natürlich auch die Vorgaben einer fachgerechten Montage zu beachten, beispielsweise die Auswahl und Anzahl der Befestigungsmittel, die Positionierung in der Wand oder eine druckfeste Hinterfütterung.
Thermischer Komfort muss sein
Die EnEV 2014 hat ab dem 1. Januar 2016 den Jahresprimärenergiebedarf für Neubauten um 25% verschärft und für Haustüren bei der Gebäudesanierung die Anforderungen von 2,9 auf 1,8 W/(m²K) gesenkt. Auch wenn der Einfluss einer einzelnen Tür auf den Wärmebedarf eines Gebäudes gering ist, wird der Komfort doch erheblich beeinflusst, denn häufig grenzen Haus- und Außentüren direkt an einen Wohnraum, in dem kein Bewohner einen kalten Luftzug spüren will. Bei der Konstruktion und Planung müssen deshalb die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 und EnEV erfüllt werden. Die relevante Kenngröße ist der raumseitige Temperaturfaktor fRSI, der über 0,70 liegen muss. Der Nachweis erfolgt an der Schnittstelle zwischen Tür und Baukörperanschluss. Kritisch ist bei schwellenlosen Haustüren vor allem der untere Bereich, bei dem man thermisch getrennte Schwellensysteme einsetzen sollte.
Tür ist nicht gleich Tür – auf den Einsatz kommt es an!
Eine Tür für alle Einsatzzwecke gibt es nicht, denn je nach Nutzung bestehen unterschiedliche Anforderungen. Das gilt vor allem für Sonderbauten mit hoher Nutzungsfrequenz, teilweise extremen mechanischen Belastungen und erhöhten Sicherheitsanforderungen, beispielsweise bei Gebäuden mit hohen inneren Vermögenswerten oder bei staatlichen Verwaltungsgebäuden (Bundeskanzleramt). Für die am Bau Beteiligten (Planer, Architekten, Hersteller und Monteure) ist oft unklar, welche Anforderungen, technischen Eigenschaften und Kennwerten konkret erfüllt werden müssen, weil diese in einer Vielzahl unterschiedlicher Regeln „versteckt“ sind. Um diese Unsicherheit bezüglich Planung, Ausschreibung und Herstellung der „richtigen“ Türen zu vermeiden, hat das ift Rosenheim eine neue Reihe von Richtlinien aufgelegt, und in Kürze Empfehlungen für Türen in Schulbauten veröffentlicht werden.
Literatur
- Kommentar zur Produktnorm Fenster und Außentüren DIN EN 14351-1, ift Rosenheim 3/2014
- ifz Info TU-07/1 „Barrierefreie Türen für den privaten Wohnbereich“.
- ifz info EI-04/1 "Mechanische Nachrüstung an Fenstern und Fenstertüren"
- ifz info TU-06/1 "Türen in Flucht- und Rettungswegen"
- ift-Fachinformation UM-02/1 Universal Design einfach – sicher – nachhaltig, Chancen und Konsequenzen für Bauelemente (ift Rosenheim, ISBN 978-3-86791-333-1)
- DIN 18040 Teil 1 und 2 - Barrierefreies Bauen, Beuth Verlag, 10/2010
- DIN 4108-2 - Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden, Beuth Verlag, 2/2013
- Anlage zum Merkblatt Altersgerechtes Umbauen (159); Technische Mindestanforderungen. KfW Bankengruppe
Infokasten 1 – Tagungsband Tür- und Tortage
Der Tagungsband der Rosenheimer Tür- und Tortage 2016 gibt auf über 50 Seiten einen Überblick über die aktuellen Trends aus Technik und Normung und enthält ebenso die Vortragsfolien der 28 Referenten mit Diagramme, Details und Beschreibung neuer gesetzlicher Anforderungen und Normen.
Bestellung für 39,00 zzgl. MwSt. ISBN 978-3-86791-394-2
Infokasten 2 – Türen in Flucht- und Rettungswegen
Bei Türen in Flucht- und Rettungswegen muss zwischen den Anforderungen des deutschen Baurechts und der europäischen Bauproduktenverordnung unterschieden werden. Für Hersteller von Außentüren gilt für das „Inverkehrbringen“ die Bauproduktenverordnung (BauPVO) in Verbindung mit der harmonisierten Produktnorm DIN EN 14351-1. Diese definiert als „Wesentliches Merkmal“ auch die „Fähigkeit zur Freigabe“ für Außentüren in Fluchtwegen und legt bereits seit 1.12.2010 als System für die Bestätigung der Leistungsbeständigkeit das System 1 inkl. einer Fremdüberwachung fest. Das ift Rosenheim rät Herstellern deshalb davon ab, in der Leistungserklärung die „Fähigkeit zur Freigabe“ mit „npd“ zu deklarieren. Gemäß BauPVO kann diese Anforderung nicht „nachträglich“ erklärt werden, so dass formal der Einbau einer neu gefertigten Türe erforderlich ist.