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Der Schallschutz gegen Außenlärm ist einer der wesentlichen Aspekte für den Mindestschallschutz im Hochbau. Er ist in Deutschland in DIN 4109 verankert und betrifft insbesondere den Schutz vor Verkehrs- und Gewerbelärm.
Historie des Nachweisverfahrens zum Schallschutz gegen Außenlärm
Regeln zur Planung der Schalldämmung von Außenbauteilen wurden bereits 1973 über eine VDI-Richtlinie 2719 publiziert. In der Folge sind Anforderungen an die Schalldämmung der Gebäudehülle 1975 über eine Richtlinie als ergänzende Bestimmung zu DIN 4109 formuliert und für die 1989er Fassung [1] dieser Norm noch einmal überarbeitet worden. Die Anforderung wird in Abhängigkeit eines maßgeblichen Außenlärmpegels La formuliert, der als A-bewerteter Schalldruckpegel in Abhängigkeit von der Außenlärmsituation, z.B. Höhe und Art des Verkehrsaufkommens, festgelegt wird. In DIN 4109:1989 wurden dafür Lärmpegelbereiche I bis VII formuliert, die jeweils ein Intervall von 5 dB abdeckten. Als Anforderungskenngröße für den Schallschutz wurde das bewertete Bau-Schalldämm-Maß R’w gewählt. Zur Abfederung von Unsicherheiten, z.B. bei der Frequenzabhängigkeit von Außenlärm und Schalldämmung der Außenbauteile, wurden pauschal 5 dB auf den Anforderungswert aufgeschlagen.
In der Neufassung der Normenreihe DIN 4109 im Jahr 2016 wurde das Verfahren zum Schallschutz gegen Außenlärm noch weitestgehend übernommen, nur die Berücksichtigung von nächtlichen Außenlärmpegeln wurde neu in die Normung aufgenommen. Eine immer höhere Verkehrsbelastung mit höheren Außenlärmpegeln führte zu vermehrten Beschwerden und in Folge auch zu Einsprüchen gegen die Norm. Auch Änderungen in den Verordnungen (z.B. Wegfall Schienenbonus im BImSchG) sind zu berücksichtigen. Eine verstärkte Bauaktivität in stark lärmbelasteten Gebieten führt hier zu höheren Anforderungswerten und damit einem erhöhten Aufwand bei den baulichen Maßnahmen. Dem steht ein öffentlicher Druck zur Reduzierung der Baukosten entgegen.
In einem ersten Schritt wurden daher in einer Revision der DIN 4109-1 im Jahr 2018 [2] die Lärmpegelbereiche herausgenommen und eine Anforderung in 1dB-Schritten eingeführt. Außerdem wurde eine Sonderregelung für den Schienenverkehr eingeführt, die im Nachgang wiederum zu Kritik Anlass gab.
Aktuelle Untersuchungen zum Schallschutz gegen Außenlärm
In einem vom DIBt initiierten Forschungsvorhaben [3] wurde daher die derzeitige Situation beim Schallschutz gegen Außenlärm analysiert. Auf Basis dieser Untersuchungen wurde vorgeschlagen, eine differenziertere Prognose zum Nachweis des Schallschutzes durchzuführen, damit der pauschale 5 dB Sicherheitsaufschlag gestrichen werden kann.
Um hier keine neuen Kenngrößen einzuführen, sollten dabei die Anforderungen an die Schalldämmung als Rw+C bzw. Rw+Ctr (d.h. unter Berücksichtigung der Spektrum-Anpassungswerte C und Ctr jeweils im Frequenzbereich von 100 Hz bis 3150 Hz) gestellt werden, wobei bei der Außenlärmart zu differenzieren ist, siehe Tabelle [1].
Konsequenzen für die Schalldämmung der Außenbauteile
Der rechnerische Nachweis für dieses Verfahren orientiert sich an den bestehenden Vorgaben aus DIN 4109-2, allerdings wird bei den Bauteilkenngrößen anstelle von Rw nun ein Rw+C bzw. Rw+Ctr eingesetzt. Danach benötigt man bei Außenbauteilen neben dem bewerteten Schalldämm-Maß auch die Spektrum-Anpassungswerte C und Ctr. C und Ctr; sie werden seit über 20 Jahren in Laborprüfungen von Bauteilen ausgewiesen und sind für Bauteile wie Fenster, Verglasungen und Vorhangfassaden bereits über die CE-Deklaration nachzuweisen. Für andere Bauelemente, die in der Bauteilsammlung der DIN 4109-35 nur über ein Rw beschrieben wurden, sind in einem Forschungsvorhaben des ift Rosenheim Analysen gemacht worden, die es ermöglichen auch für diese Bauteile Spektrum-Anpassungswerte auszuweisen, siehe Tabelle 2.
Betrachtet man diese Zahlenwerte im Hinblick auf die neuen Kenngrößen Rw+C bzw. Rw+Ctr und beachtet man, dass der Zahlenwert der Anforderung im Vergleich zur Vorgängernorm um 5 dB reduziert wurde, so stellt man fest, dass bei Lärmsituationen, die mit dem Spektrum-Anpassungswert C beschrieben werden, eine Reduzierung der Anforderung an Fenster und bei Lärmsituationen, die mit dem Spektrum-Anpassungswert Ctr beschrieben werden, im Mittel die gleichen Anforderungen an Fenster zu erwarten sind.
Ausblick
Die Normenreihe DIN 4109 ist in der Überarbeitung und soll demnächst als Entwurf veröffentlicht werden. Zum Thema Schallschutz gegen Außenlärm gibt es bei folgenden Punkten derzeit noch weitergehende Diskussionen:
- Berücksichtigung des Maximalpegels bei der Bestimmung des maßgeblichen Außenlärmpegels, dies ist in DIN 4109-4 als „Kann“-Bestimmung formuliert
- Berücksichtigung der tieffrequenten Schalldämmung von Außenbauteilen bei Frequenzen unterhalb 100 Hz, eine entsprechende Anpassung der Norm ist derzeit nicht vorgesehen
Literatur
- DIN 4109:1989-11
Schallschutz im Hochbau, Anforderungen und Nachweise
DIN Media GmbH, Berlin - DIN 4109-1:2018-01
Schallschutz im Hochbau – Teil 1: Mindestanforderungen
DIN Media GmbH, Berlin - Meier, „Schallschutz gegen Außenlärm, Anforderungen zum baulichen Schallschutz gegen Außenlärm nach DIN 4109 unter Berücksichtigung des derzeitigen Stands der Technik als Grundlage für bauaufsichtliche Regelungen“, Bericht Nr. M143131/02 von Müller BBM
- Saß, Bernd: ift-Forschungsvorhaben 2022 (gefördert durch DIBt)
„Ermittlung von Spektrum-Anpassungswerten für Bauelemente zur Integration in DIN 4109-35“, Aktuelle Studie zu Spektrum-Anpassungswerten von Bauelementen (Fenster, Glas, Rollladenkästen, Bauteilfugen), ift-Forschungsbericht 2022-11, gefördert durch DIBt - DIN 4109-35:2016-07 und DIN 4109-35/A1:2019-12
Schallschutz im Hochbau, Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Elemente, Fenster, Türen, Vorhangfassaden
DIN Media GmbH, Berlin