Das Foto zeigt eine verglaste Tür innerhalb eines Gebäudes.

Neuer Schwung im Brandschutz

Wie geht es weiter mit Produktnorm, EAD und Bauartgenehmigung?

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Eines ist gewiss – wir werden auch in Zukunft Gebäude aller Art mit feuerwiderstandsfähi-gen Bauteilen ausstatten, deswegen kein „?“ im Untertitel. Gewiss ist auch, dass wir einen Verwendbarkeitsnachweis benötigen, gleichgültig ob der nun eine nationale Zulassung (abZ/aBG) oder eine europäisch technische Bewertung (ETA) ist, oder einer Produktnorm folgt.

Die Verfahren für Außentüren, Fenster und Tore sind mit der CE-Kennzeichnung verbindlich eingeführt, dort ändert sich in naher Zukunft nichts. Hier gibt es schon die harmonisierten Produktnormen EN 16034 in Verbindung mit EN 14351-1 bzw. EN 13241. Ebenso ist für Vorhangfassaden eine harmonisierte Produktnorm vorhanden (EN 13830), auch wenn die derzeit gültige Fassung aus 2003 nicht mehr ganz dem technischen Standard in der Ausgabe 2015 entspricht. Bei Verglasungen sind keine Änderungen in Sicht, da bleibt es bei nationalen Zulassungen oder einer freiwilligen ETA.

Spannend ist es für Innentüren, denn da gibt es nicht nur schon zwei EADs für Stahlblech- und Stahl-Rohrrahmen-Feuerschutz-Innentüren, sondern auch zwei ganz neue: Die eine beschäftigt sich mit Holztüren mit Feuerwiderstand, die andere behandelt ganz „normale“ Innentüren, also solche ohne Feuerwiderstand oder Rauchdichtheit. Details sind noch nicht bekannt, da beide EADs (Stand 08.05.2023) noch nicht veröffentlich sind. Die Möglichkeiten einer europaweit gültigen ETA mehren sich also. Noch wird die ETA nur zögerlich genutzt, aber das Interesse steigt langsam.

Ein weiteres „heißes Eisen“ hat das DIBt Anfang 2022 geliefert: Mit den Veranstaltungen im Januar und Mai wurde die Diskussion um den Einbau von Feuer- und Rauchschutztüren in Wände und Fluren eröffnet. Davon aber später mehr.

ETA/EAD versus abZ/aBG

Neben den bereits bekannten Europäischen Bewertungsdokumenten (EADs) befinden sich zwei neue auf dem Weg. Das eine beschäftigt sich mit FSA/RSA aus Holz. Die EAD ist analog denen für Stahlblech- und Stahl-Rohrahmen-Türen aufgebaut und beinhaltet viele Regeln, die aus den EXAP-Normen entnommen wurden. Leider konnte man sich nicht dazu durchringen, die EXAP-Normen, die es für Holztüren ja schon als europäisch abgestimmte und eingeführte Normen gibt, vollständig zu übernehmen. Daher müssen vorhandene EXAP-Berichte noch hinsichtlich der Änderungen in der EAD angepasst werden.

Ganz neu ist die EAD für Innentüren ohne Feuerwiderstand oder Rauchdichtheit. Auch wenn es keine FSA/RSA sind, ist es sicher eine gute Nachricht, dass die Eigenschaften einer Innentür damit auch nach einem europaweit abgestimmten Verfahren nachgewiesen werden können. Die EAD beschäftigt sich aber nur mit den sogenannten mandatierten Eigenschaften, der Einbruchschutz zum Beispiel bleibt privatrechtlich.

Einbau von Feuer- und Rauchschutztüren in Wände

Hier gibt es zwei verschiedene Einbausituationen zu beachtet. Beide kommen häufig beim Einbau von Türen in Fluren vor. Die erste beschäftigt sich mit dem Anschluss der FSA/RSA an verschiedene Wände in einem Element, also z.B. rechts Massivwand, links Leichtbauwand und oben an einen Sturz. Hier hat das DIBt ausgeführt, dass bei den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen bzw. der allgemeinen Bauartgenehmigung streng genommen nur der Einbau der Tür in eine Wand (also bei dreiseitig dem gleichen Anschluss) berücksichtigt wird. In Bild 1 sieht man einen FSA in einer Verglasung, die nur zweiseitig ausgeführt ist. Dazu kommen Spezialfälle wie raumhohe Türen, die an eine Decke oder solche, die an einen Sturz anschließen. Hier wird nicht behauptet, dass solche Ausführungen technisch nicht möglich oder dass der Feuerwiderstand und die Rauchdichtheit dann nicht mehr gewährleistet seien, sondern dass diese einer Zustimmung im Einzelfall bzw. jetzt einer Vorhaben bezogenen Bauartgenehmigung bedürfen. Ob das in den Graubereich einer „nichtwesentlichen Abweichung“ fällt, die der Hersteller auf Basis entsprechender Prüfernachweise feststellen kann, bleibt abzuwarten.

Das Foto zeigt eine verglaste Tür innerhalb eines Gebäudes.
Bild 1: Tür in Verglasung – erlaubt oder nicht erlaubt? (Quelle: ift Rosenheim)

Besonders kritisch ist der Einbau, wenn nur oberhalb der Tür eine Leichtbauwand angeordnet ist. Hier ergibt sich das Problem, dass eine solche „Leichtbau-Schürze“ eben keine Trennwand darstellt, in die ein FSA/RSA eingebaut wird, also schon baurechtlich keine Wand ist. Ein wesentliches Merkmal einer Trennwand ist, dass diese von Rohdecke zu Rohdecke spannt. Gegen dieses fundamentale Prinzip wird hier verstoßen. Das bedeutet, dass es nicht einfach nur eines zusätzlichen Nachweises bedarf, sondern dass hier im Grunde der Einbau generell nicht konform mit dem Baurecht ist. Ein solcher Einbau wird nicht nur bei Türen häufig ausgeführt, auch bei (Brandschutz-)Verglasungen sieht man dies, vor allem in Verbindung mit abgehängten Decken.

Die zweite Einbausituation ist der Einbau senkrecht zu einer Trennwand, zum Beispiel eben bei Einbau in einem Flur. Dies mag bei raumhohen Türen noch mit entsprechenden Nachweisen ausreichend belegbar sein, bei Kombination mit einer Schürze oberhalb der Tür fehlt wie oben der wesentliche Charakter einer Trennwand, von Rohdecke zu Rohdecke zu spannen.

Die zwei Fotos zeigen unzugelassene Einbauten an verschiedenen Decken.
Bild 2: Ohne Worte – Beispiele für Einbauten weitab jeder Zulassung (Quelle: Werksbild HOBA Brandschutzelemente)

Da zum einem der Einbau in Fluren ein häufiger Einsatzbereich für FSA/RSA ist und zum anderen man Flure nicht wesentlich breiter bauen möchte, als es die Tür z.B. wegen der erforderlichen Fluchtwegbreite vorgibt, wird man hier Lösungen finden müssen. Denn der korrekte Einbau der Tür im Flur in eine Montagewand, die neben der Tür mindestens 200 mm breit sein soll, würde zwar wunderbar der Trennwand-Definition entsprechen, auch die Durchführung von Leitungen aller Art mit entsprechenden Schotts für Leichtbauwände ermöglich, aber eben auch reichlich nicht nutzbare Fläche in Fluren schaffen, die dann als „illegaler Stauraum“ womöglich die Fluchtwege behindern würde. Die Beantragung einer ZiE/vBG für diese häufig vorkommende Einbausituation würde letztendlich die Allgemeinheit der abZ/aBG in Frage stellen. Übrigens hier noch der Hinweis, dass auch Türen mit einer ETA nicht mit „Schürzen“ ausgeführt werden dürfen, da das Problem die nicht vorhandene Trennwand ist und nicht der Einbau der Tür in diese.

Auch wenn es kein „Grenfell“-Ereignis in Deutschland gab, das diese Diskussion ins Rollen gebracht hat, so werden dennoch Lösungen für die nur zum Teil formalen Baurechtsprobleme benötigt. Was man allerdings gelegentlich an Wildwuchs (wie im Bild 2 zu sehen) auf der Baustelle antrifft, wirft schon auch die Frage auf, ob diese Ausführungen noch ausreichend Sicherheit im Brandfall gewährleisten.

Fazit

Auch in Zukunft werden wir Gebäude mit ausreichender Sicherheit im Brandfall bauen, die auch mit Strom-, Wasser- und Lüftungsleitungen ausgestattet sind. Auch wenn nicht jede formal falsche Ausführung gleich zum Sicherheitsrisiko wird, so ist es sicher richtig, dem Wildwuchs wirksam entgegenzutreten und dem Markt praxisgerechte und mit vertretbarem Aufwand nachweisbare Lösungen zu ermöglichen.

Dr. Gerhard Wackerbauer

ift Rosenheim

Der promovierte Physiker Dr. Gerhard Wackerbauer ist seit Mai 1996 am ift Rosenheim tätig. Am Anfang war er im Bereich Schallschutz, sowie Wärme-und Feuchteschutz tätig. Im November 2004 wechselte er in das Brandschutzzentrum in Nürnberg und war dort zuletzt bis zu dessen Umzug 2016 Prüfstellenleiter im Bereich Brandschutz. Danach wechselte er zur notifizierten Produktzertifizierungsstelle Brand in Nürnberg, einer Abteilung der ift Zertifizierungsstelle, und ist dort seit Oktober 2016 der fachlich verantwortliche Leiter. Weiterhin ist er auch bei bauaufsichtlichen Zulassungen im Bereich Brandschutz tätig.

Darüber hinaus vertritt er seit Ende 2013 das ift Rosenheim in der Europäischen Sektorgruppe der notifizierten Stellen SH02 im Brandschutz, ist Mitglied im Ausschuss deutschen Spiegelausschuss NA 005-52-05 AA und vertritt diesen im Europäischen Normungsausschuss TC127-WG3 und in ISO/TC92/SC2/WG3.

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