Zwei Männer die ein Fenster einbauen.

Fenster planen – mit Verstand und Augenmaß

Grundsätze und Praxistipps

Lesezeit: 7 Minuten

Es heißt, dass Fenster dem Gebäude Gesicht und Charakter geben.

Das gilt nicht nur für das äußere Erscheinungsbild, sondern in gleicher Weise für das Innenleben und die Funktion eines Hauses – genannt seien hier wichtige Parameter wie der Ausblick, Tageslichtversorgung und Lüftung. Fenster greifen aber auch wechselweise in die Raumnutzung ein, weil man vor ein Fenster keine Möbel stellt oder dieses nicht öffnen kann, weil Ecken, Kanten, Stützen oder Vorsprünge im Weg sind. Deshalb müssen Fenster auch von innen geplant werden.

Darüber hinaus haben Fenster einen großen Einfluss auf die Bauphysik und damit den Energieverbrauch und Wohnkomfort eines Hauses. Vor diesem Hintergrund scheint die Fensterplanung wie die Quadratur des Kreises. Es gibt aber Grundregeln, bei dessen Beachtung der Bauherr die Fenster bekommt, die er für sein Haus braucht. Oft ergeben sich Konflikte zwischen Gestaltung und Funktionalität, die der Bauherr letztendlich für sich lösen muss.

Muster eines Energy Labels
Bild 2: Energylabel bietet eine Bewertung der energetischen Qualität für Winter und Sommer

Solare Nutzung und Sonnenschutz

Moderne Fenster erzielen in der Heizperiode beachtliche Wärmegewinne, deshalb ist eine großflächige Verglasung auf der Südseite von Vorteil. Dabei muss auf gute Werte für den Wärmeschutz (Uw[i] ≤ 1,1 W/m²K) und den Wärmegewinn (g-Wert Glas [ii]³ 0,6 bzw. 60%) geachtet werden. Raumhohe Fenster und Schiebetüren lassen bei tiefstehender Wintersonne besonders viel Licht ins Haus, wenn das Balkongeländer nicht wieder alles verschattet. Aber raumhohe Fenstertüren brauchen auch eine Absturzsicherung inkl. ausreichender Befestigung, damit keiner bei offener Tür abstürzen kann.

Im Sommer lassen sich südseitige Flächen leicht durch Balkone, Vordächer oder einen Dachüberstand verschatten – das ist robust und preisgünstig. Dies gilt jedoch nicht für die West- und Ostseite; hier sind Verschattungen notwendig. Hilfreich sind große zusammenhängende Räume, offene Treppenhäuser (Kamineffekt[iii]) und Speichermassen (Wände und Decken), damit die gewonnene Wärme gut verteilt und gespeichert werden kann.

Generell besteht ein Zielkonflikt zwischen solarer Energienutzung und Sonnenschutz, der sich aber gut durch eine Verschattung lösen lässt. Deshalb fordert die Energieeinsparverordnung (EnEV) [i]den Nachweis für den Sonnenschutz, und zwar für Neubauten und größere Sanierungen. Grundsätzlich funktioniert ein außenliegender Sonnenschutz besser als ein innenliegender, weil die Wärme draußen bleibt. Übrigens dämmen Wärmeschutzfenster nicht nur gegen Kälte, sondern auch gegen Hitze. Beim Sonnenschutz gibt es eine große Auswahl an Funktionen, Formen und Farben. Hilfreich ist eine Einstellbarkeit und Zonierung des Verschattungsgrades, beispielsweise durch Jalousien, die im oberen Bereich mehr Licht durchlassen und die unten „gelöchert“ sind und so einen Blick nach außen zulassen. Allerdings wird durch Tageslicht immer auch ca. 50% der Sonnenenergie [ii]übertragen, so dass man sich im Sommer zwischen Licht und Wärme entscheiden muss. Da hilft der beste Sonnenschutz nicht weiter, denn die Physik lässt sich nicht austricksen. Automatisch gesteuerte Jalousien ermöglichen bei Abwesenheit eine optimale Regelung zwischen Energiegewinn und Verschattung und sichern das Hochfahren, wenn ein Sturm naht. Moderne Jalousien und Raffstores halten aber einiges aus und vertragen noch Stürme bis zur Windgeschwindigkeit 8[iii], wenn das Haus nicht gerade auf einem Hügel oder an sonstigen windigen Orten steht.

Probleme gibt es bei teilweiser Verschattung, die manchmal zum Glasbruch führen kann, weil für das Glas der Temperaturunterschied zwischen verschatteten und Sonnen beschienenen Flächen zu groß wird – hier hilft der Einsatz von Einscheibensicherheitsglas (ESG)[i], das deutlich bessere Festigkeiten hat als normales Floatglas.

Die Tabelle zeigt in Spalten: Prinzipskizze, Sonnenschutz, Vorteile und Zu beachten. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 1: Bewertungskriterien unterschiedlicher Verschattungssysteme
Das Schaubild zeigt, wie ein Mann trotz geschlossener Jalousie geblendet wird. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 3: Blend- und Sonnenschutz sind nicht dasselbe

Tageslichtversorgung

Eine ausreichende Versorgung mit natürlichem Tageslicht spart nicht nur Strom, sondern sorgt für Gesundheit und gute Laune. Medizinische Studien belegen, dass das Tageslicht den Stoffwechsel reguliert, die Melatoninproduktion (Schlafhormon) unterdrückt, die „Gute-Laune-Hormone“ wie Seratonin und Noradrenalin aktiviert, die Abwehrkräfte verbessert, den Schlaf-/Wachrhythmus steuert sowie die Leistungsfähigkeit und Lernfähigkeit steigert. Demzufolge sollten die Fenster auf der Ost-, West- und Nordseite nicht zu klein ausfallen, zumal wenn dort Räume liegen, die häufig genutzt werden, beispielsweise eine Küche. Als Basis für die Fensterplanung dienen folgende Grundsätze:

  • farbneutrale Verglasung mit einem Lichttransmissionsgrad [i]von ca. 65% bis 75 %
  • normal geschnittene Räume (Verhältnis Breite : Tiefe etwa 1 : 2)
  • Fensterfront sollte ca. 20% der Raumfläche betragen
  • Breite und Höhe der Fenster etwa 1,5 m bis 2,5 m, Brüstungshöhe etwa 0,90 m und deckennaher Fensteroberkante. Keine Glasteilung durch Sprossen
  • Möglichst geringe Abschattung durch Verbauung oder Pflanzen

Ein besonderes Thema fürs Büro ist der Blendschutz, der nicht von jeder Verschattung erreicht werden kann. Dies lässt sich oft besser durch innenliegende Gardinen oder Jalousien erreichen, die gleichzeitig einen Blickschutz bieten und so auch die Privatsphäre schützen.

Lüftung

Lüften mit Fenstern ist einfach, bekannt und kostenlos. Das funktioniert besonders gut mit zwei weit geöffneten Fenstern, die sich gegenüber oder über Eck liegen (Querlüftung). Mit Schiebe- und Drehkippfenstern lässt sich der Lüftungsspalt gut regulieren, dafür gibt es heute geeignete Beschlagtechnik. Allerdings stören offene Fenster bei Einbruchgefahr, Regen, Sturm und Lärm, so dass immer mehr Bauherren automatisch betriebene Fenster oder Fensterlüfter [i]nachfragen. An viel befahrenen Straßen oder bei  anderen Lärmquellen ist ein Schalldämmlüfter in Schlaf- und Kinderzimmern eine sinnvolle Investition, um frische Luft und Ruhe sicher zu stellen. Fensterlüfter gibt es mit Wärmerückgewinnung und sind damit eine gute Alternative zu zentralen Lüftungsanlagen, um im Winter die Lüftungswärmeverluste [ii]und damit den Energieverbrauch zu reduzieren. Damit werden die teuren und schwer zu reinigenden Rohrleitungen vermieden, die bei der energetischen Sanierung bestehender Gebäude oft gar nicht einsetzbar sind.

Verschiedene Weisen Fensterlüfter zu integrieren.
Bild 4: Verschiedene Integration von Fensterlüftern in Fenster
(ift-Richtlinie LU-02/1 – Fensterlüfter)
Das Schaubild zeigt, die verschiedensten Öffnungsarten von Fenstern. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 5: Übersicht verschiedener Öffnungsarten

Fensteröffnung, Anordnung und Raumfunktion

Fenster müssen leicht zu bedienen, zu warten und zu reinigen sein. Bei der architektonischen Planung des äußeren Erscheinungsbildes darf deshalb nicht vergessen werden, dass Fenster leicht zu bedienen sein müssen und den Innenraum nicht stören. Ein Dachflächenfenster im Treppenhaus ist ideal, um von oben Licht ins Haus zu bringen und für die Nachtauskühlung geeignet, damit die nach oben steigende warme Luft sich nicht im Dachgeschoss staut (Kamineffekt). Eine rechtzeitig geplante elektromotorische Öffnung ist hier sicher besser als eine „Leiterlösung“. Weitere „Klassiker“ der Fehlplanung sind Fenster im Treppenhaus, die sich nicht öffnen lassen weil eine Stufe im Weg ist, oder links und rechts zu wenig Raum bleibt, um dort einen Schrank hinstellen zu können.

Auch die Öffnungsrichtung [i]muss vom Innenraum her definiert werden. Fenster und Türen sollten sich eher zur Wand, als zum Raum hin öffnen. In engen Räumen (Küche oder Bad) sind vertikale und horizontale Schiebefenster, bei denen kein Fensterflügel in den Raum ragt, eine gute Lösung zur Raumbelüftung. Dank moderner Beschläge und Dichtungen sind diese Fenster wind- und regendicht. Wenn nur Tageslicht gefragt ist, reicht für einen Raum oft die Kombination von einem Fenster mit Festverglasungen, die wartungsfrei und günstiger sind. Hier muss aber auf die mögliche Reinigung von außen, ohne aufwändige Gerüste oder Leitern, geachtet werden.

Die leichte Bedienbarkeit [ii]ist wesentlich von Größe und Gewicht der Fensterflügel, der Anordnung der Griffe und der Öffnungsart abhängig. Ein tiefer gelegter Griff lässt sich leichter erreichen, sorgt aber wegen der „Hebelgesetze“ für etwas höhere Bedienkräfte. Hier ist auf besonders leichtläufige Beschläge zu achten. Das gilt vor allem für barrierefreie [iii]Gebäude. Generell gilt, dass kleine Fenster sich leichter öffnen und schließen lassen wie Große.

CE-Zeichen, Haltbarkeit und Qualität

Abschließend ein Wort zu Qualität und zum CE-Zeichen, das oft als Qualitätszeichen missverstanden wird. Die CE-Kennzeichnung auf Basis der Produktnorm für Fenster und Außentüren (EN 14351-1) ist baurechtlich vorgeschrieben. Das zeigt allerdings nur, dass grundlegende Sicherheitsanforderungen der EG erfüllt werden und die technischen Kennwerte an einem Musterfenster nach definierten Regeln ermittelt wurden. Ob diese Eigenschaften nachher auch von einem „normal“ produzierten Serienfenster erreicht werden, unterliegt der alleinigen Verantwortung des Herstellers. Nachweise und Prüfungen zur Qualität und Dauerhaftigkeit sind beim CE-Zeichen nicht vorgeschrieben. Mehr Sicherheit als Herstelleraussagen bietet deshalb eine Zertifizierung und Prüfung von Qualitätsmerkmalen und eine regelmäßige Überwachung durch eine neutrale Institution, beispielsweise dem ift Rosenheim oder der RAL-Gütegemeinschaft. Insbesondere die Prüfung der Dauerfunktion mit 15.000 Öffnungs- und Schließzyklen sowie der mechanischen Festigkeit sind ein guter Garant für Langlebigkeit und Gebrauchstauglichkeit.

Ein Muster eines ift Qualitätszeichen für Fenster.
Bild 6: Merkmale des ift Qualitätszeichen für Fenster
Zwei Männer die ein Fenster einbauen.
Bild 7: Planung, Herstellung und Montage mit Spaß und Qualität
(Bildquelle: Hilzinger Fensterbau)

Fazit

Es gäbe noch viel zu schreiben und zu empfehlen, aber dies fällt leider dem Platzmangel in Fachzeitschriften zum Opfer. Deshalb finden sich viele Detail- und Spezialinfos auf der Website des ift Rosenheim unter www.ift-rosenheim.de/wissen sowie im Atlas „Fenster“, den wir zusammen mit Prof. Cremers in der Edition Detail erstellt haben. Allen Bauherren, Planern und Ausführenden wünschen wir viel Freude beim Bau neuer und der Sanierung bestehender Häuser.

Literatur

  1. Kommentar zur DIN EN 14351-1 Fenster und Türen - Produktnorm, Leistungseigenschaften (Druckexemplar), 346 Seiten, ift Eigenverlag 3/2013
  2. EN 14351-1:2006+A1:2010 – Fenster und Türen , Leistungseigenschaften - Teil 1: Fenster und Außentüren ohne Eigenschaften bezüglich Feuerschutz und/oder Rauchdichtheit; Beuth Verlag GmbH
  3. ift-Richtlinie LU-02/1 – Fensterlüfter Teil 2  - „Empfehlungen für die Umsetzung von lüftungstechnischen Maßnahmen im Wohnungsbau mit Fensterlüftern“; 24 Seiten, ift Eigenverlag 3/2010
  4. Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren, 299 Seiten, ift Institut für Fenstertechnik und RAL-Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren e.V., 4/2013
  5. ifz info FE-12/1 "Die richtigen Fenster und Türen für mein Haus", kostenloser Download unter www.ift-rosenheim.de/wissen, ifz Rosenheim 10/2009

Jürgen Benitz-Wildenburg

Leiter PR & technische Kommunikation

Das ift Rosenheim ist der Vermittlung des erworbenen Wissens an Bauschaffende, Planer und interessierte Bauherren verpflichtet, die sich mit Fenstern, Fassaden, Glas, Türen, Toren und Baustoffen beschäftigen. 

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