Foto der Hand eines Einbrechers, nachdem die Scheibe einer Tür zerschlagen wurde und jetzt mit der Klinke die Tür geöffnet wird.

Auf die Details kommt es an!

Erfahrungsbericht aus der Produktüberwachung einbruchhemmender Bauteile

Lesezeit: 8 Minuten

Die stetig steigende Zahl an Einbrüchen, das damit verbundene gestiegene Sicherheitsbedürfnis vieler Bürger und das aktuell gestartete Förderprogramm der KfW-Bankengruppe „Altersgerecht Umbauen“ [1], das auch Einzelmaßnahmen zum Einbruchschutz fördert, haben zur Folge, dass die Nachfrage nach einbruchhemmenden Maßnahmen stark angestiegen ist.

Dadurch bieten auch immer mehr Hersteller von Bauelementen solche Produkte an. Im Gegensatz zur Situation von vor ca. 15 Jahren können Hersteller aber nur in den seltensten Fällen auf eigene Prüferfahrung zurückgreifen, da umfangreiche Prüfnachweise oftmals von Systemgebern genutzt werden können. Diese Prüferfahrung, bei der oftmals erst erkannt wird, welche Auswirkungen z.B. schon der Einsatz eines Schraubendrehers haben kann, ist aber für das Verständnis des Zusammenspiels einzelner Details zu einem funktionssicheren, einbruchhemmenden Bauteil von enormer Bedeutung. Umso wichtiger ist es, durch geeignete flankierende Maßnahmen, wie z.B. Schulungen oder auch die Zertifizierung der Herstellbetriebe, die zugesagten Eigenschaften sicherzustellen. Eine Möglichkeit der Zertifizierung bietet hier beispielsweise das ift Rosenheim mit dem Zertifizierungsprogramm für angriffhemmende Bauteile [2]. Nachfolgend werden einige Punkte aufgezeigt, u.a. basierend auf Erfahrungen aus der Produktüberwachung, auf welche Details geachtet werden muss, um die in den Prüfnachweisen erreichten Klassen auch im Objekt sicherstellen zu können.

Drei Säulen

Ein funktionsfähiges, einbruchhemmendes Elemente steht auf drei wesentlichen Säulen:

 

  • Planung
  • Fertigung
  • Montage
Das Schaubild zeigt die Qualitätskette beim Einbruch. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 1: Qualitätskette Einbruch

Planung (Auftragsbearbeitung/Auftragsprüfung)

In diesem Stadium wird die Machbarkeit geprüft und festgelegt. Die hierfür verantwortlichen Stellen benötigen umfangreiche Kenntnisse – sowohl über die Randbedingungen des Bauvorhabens als auch die Systemgrenzen der über die entsprechenden Nachweise abgedeckten Elemente.

Einbausituation

DIN EN 1627:2011 [3] trifft hier bereits Aussagen, welche umgebende Wände in Abhängigkeit der Widerstandsklasse grundsätzlich geeignet sind:

  • Mauerwerk gemäß DIN 1053-1 [4],
  • Stahlbeton nach DIN 1045 [5],
  • Porenbetonwände,
  • Holztafelwände,
  • separat nachgewiesene Wandarten.

Neben den Wänden selbst ist die geplante Einbausituation der Elemente in der Wand zu berücksichtigen. Ist z.B. eine umlaufende Befestigung und druckfeste Hinterfütterung zwischen Element und Wand nicht möglich, so sind in der Regel separate Nachweise bzgl. dieser Befestigungssituation zu führen. Dies kommt u.a. in folgenden Situationen zum Tragen:

  • Elemente mit Aufsatzrollladenkasten,
  • Wandaufbau mit Wärmedämmverbundsystem (Lage der Fenster in der Dämmzone),
  • Befestigung mit Schlaudern.

Ist bereits in der Planungsphase bekannt, dass eine normkonforme Montage aufgrund der gegebenen Einbausituation nicht möglich ist, ist dies bei der Beratung und im Angebot entsprechend zu berücksichtigen.

Systemgrenzen

Obwohl zur Nutzung oftmals sehr umfangreiche Nachweise zur Verfügung stehen, kann in der Regel nicht das Gesamtsystem bzgl. der einbruchhemmenden Eigenschaften abgedeckt werden. Der planenden Stelle müssen die Systemgrenzen bekannt sein, damit nur Komponenten oder Ausführungsvarianten zum Einsatz kommen, für die der Nachweis der Eignung auch geführt wurde. Folgende Punkte sind hier primär zu nennen:

  • Öffnungsarten /Öffnungsrichtung
  • Außenabmessungen
  • verwendete Profile
  • verwendete Ausfachungen / Verglasungen
  • verwendete Beschläge

Die Prüfung der Machbarkeit ist ein wesentlicher Punkt bei der Umsetzung von Projekten zur Einbruchhemmung. In der Produktüberwachung muss hier leider immer wieder festgestellt werden, dass dieser Säule zu wenig Beachtung geschenkt wird. Dies ist teilweise auch der Situation geschuldet, dass der Hersteller oftmals nicht die planende Stelle ist und die Schnittstellen nicht sauber geregelt sind.

Herstellung einbruchhemmender Elemente

Ausgehend davon, dass nur solche Komponenten ausgewählt wurden, die auch nachgewiesen wurden, wird nachfolgend auf die herstellungsbedingten Kriterien eingegangen.

Nahaufnahme einer gebrochenen Rahmenecke eines Fensters.
Bild 2: gebrochene Rahmenecke

Allgemeines

  • Einhaltung der vorgegebenen Materialqualitäten (z.B. Holzart, Rohdichte, Wandungsdicken)
  • Einhaltung der vorgegebenen Toleranzen beim Zuschnitt und Profilierung
  • Exakte Ausführung der Rahmeneckverbindungen (Verbindungsart, Klebstoff, Eckfestigkeiten)

Beschlageinbau

Ein wesentlicher Teil einbruchhemmender Elemente sind die Beschläge. Diese stellen in der Regel das Bindeglied zwischen dem festen (Rahmen) und dem beweglichen Teil (Flügel) dar.

Befestigung von Beschlägen und Beschlagteilen

So sind in Abhängigkeit vom Material unterschiedliche Details zu beachten:

Holz

  • Schraubentyp in Abhängigkeit der Situation (Typ, Dimension, Material)
  • Vorbohren der Verschraubungen
  • Verwendung von Schrauben mit integrierter Bohrspitze
  • Schrägverschraubung bzw. versetzte Verschraubungen

Kunststoff

  • Verschraubungen nur durch Kunststoff
  • Verschraubungen durch Kunststoff und Stahl (Länge der Verstärkungen?)
  • Verschraubungen mit speziellen Hinterlegungen
    Abhängig von der Befestigungsvariante sind dazu unterschiedliche Schraubenarten und -längen notwendig, die detailliert in den Prüfnachweisen angegeben werden.
  • exakter Rückschnitt der Stahlverstärkung aus der Ecke

Metall 

  • gewindefurchende Schrauben
  • Spezialschrauben

Schlossunterstützung

Da z.B. Schlösser in Kammern von Profilen eingeschoben werden, deren Größe bereits definiert ist, werden zur seitlichen Unterstützung Materialien beigelegt, die bei einem möglichen Angriff ein Ausweichen der Schlosskästen hemmt.

Bohrschutz

Ein meist unscheinbares Bauteil, das z.B. bei Fenstern auf das Flügelgetriebe montiert wird. Dieses Bauteil ist Bestandteil des einbruchhemmenden Beschlages und soll verhindern, dass von der Angriffseite ein Zugriff auf den Vierkant möglich ist. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass dieses Bauteil auch montiert wird. Fehlt es, fällt das im Normalfall zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr auf.

Bei Türen werden verschiedene Schutzziele oftmals durch einen geeigneten und geprüften Schutzbeschlag erreicht. Hier ist einerseits der Bohrschutz für den Bereich der Zuhaltung integriert, auch kann beispielsweise der Ziehschutz für den Profilzylinder erfüllt werden. Trotz einer im Schutzbeschlag integrierten Zylinderabdeckung (z.B. ES1-ZA nach DIN 18257 [6]) muss zwingend auch der Profizylinder bohrgeschützt ausgeführt sein.

Foto eines Schutzbeschlags mit Zylinderabdeckung
Bild 3: Schutzbeschlag mit Zylinderabdeckung

Sicherung von zugänglichen Komponenten

Um die Widerstandszeit eines Elementes zu erhöhen, werden von der Angriffseite zugängliche Schrauben wie z.B.

  • Verschraubungen von Bändern
  • Verschraubungen von Andruckleisten von Fassaden
  • Verschraubungen von mechanischen Sicherungen der Glasanbindung

durch unterschiedliche Maßnahmen gesichert.

  • Aufbohren der Werkzeugaufnahmen
  • Einschlagen von Kugeln in den Innensechskant
  • Ausfüllen des Innensechskant mit Spezialmitteln

Diese Maßnahmen sind trotz der Tatsache, dass dadurch auch planmäßige Demontagearbeiten erschwert bzw. verhindert werden, zwingend umzusetzen.

Glasanbindung/Sicherung von Ausfachungen

Besteht der Flügel aus einem umlaufenden Rahmen und einer Füllung, so ist diese Füllung zu sichern. Die Sicherung dieser Füllungsanbindung erfolgt in der Regel entweder mechanisch, z.B. über eingebrachte Winkel, oder über Verklebungen. Ausschlaggebend bei Verklebungen sind u.a. folgende Parameter:

  • Auswahl des zugelassenen, geprüften Klebstoffes
  • Richtige Positionierung der Verglasung (Position der VSG-Scheibe im Mehrscheibenisolierglas innen – außen)
  • Vorbereitung der Haftflächen (reinigen, primern)
  • Einbringen des Klebstoffes an die richtige Position in der richtigen Menge
  • Konditionierung der verklebten Ausfachung (1K oder 2K)

Ebenfalls ist die mechanische Sicherung ein probates Mittel:

  • Verwendung der vorgegebenen Sicherungen (z.B. Stahlwinkel)
  • Verwendung der vorgegeben Befestigungsmittel für die Sicherungen
  • Positionierung der Sicherungen wie vorgegeben (Anzahl, Abstände)

Bei Elementen der Widerstandsklassen RC 1 N und RC 2 N besteht nach DIN EN 1627 keine Anforderung an die Widerstandsklasse der Verglasung. Das bedeutet, hier kann mit dem Bauherren jegliche Verglasung vereinbart werden. Die Sicherung der Glasanbindung muss jedoch in der geprüften Ausführung erfolgen.

Foto der Hand eines Einbrechers, nachdem die Scheibe einer Tür zerschlagen wurde und jetzt mit der Klinke die Tür geöffnet wird.
Bild 4: Durchgriff auf Drücker

Elemente mit Anti-Panik-Verriegelungen

Bei Elementen mit Anti-Panik- oder Notausgangsverschlüssen sind neben den genannten Punkten weitere Details zu beachten. In der Regel sind die Ausfachungen selbst schon wesentlich aufwendiger auszuführen, die Verwendung von Standardgläsern der Klassen P4A bzw. P5A in den Widerstandsklassen RC2 bzw. RC3 reicht meist nicht aus. Letztendlich ist hier größte Sorgfalt geboten, um die einbruchhemmenden Eigenschaften sicherzustellen:

  • kleinste Durchgriffmöglichkeiten auf die Betätigungseinheiten verhindern,
  • gekoppelte Seitenteile unter selben Gesichtspunkten prüfen,
  • Bodenfuge, wenn zugelassen, gering halten und die Betätigungseinrichtung darauf anpassen.

Überprüfung des betriebsfertigen Elementes

Ein wesentlicher Bereich der Gütesicherung ist die Überprüfung des betriebsfertigen Elementes. Für diverse Kontrollen ist dies der einzige Zeitpunkt zur Überprüfung im Herstellbetrieb:

  • Resultierende Falz- bzw. Spaltmaße
  • Optimaler Eingriff der Verriegelungen
  • Positionierung von Bandsicherungen und Falzluftbegrenzern
  • Bedienbarkeit der Elemente

Umgang mit nicht komplett hergestellten Elementen

Aus verschiedenen Gründen werden einbruchhemmende Elemente nicht komplett in der Produktionsstätte hergestellt:

  • Die Verglasung der Festfelder kann erst nach der Montage erfolgen,
  • Die Verglasung erfolgt aufgrund der hohen Glasgewichte erst auf der Baustelle,
  • Rahmen und Flügel kommen aus unterschiedlichen Produktionsstätten auf die Baustelle,
  • Beschläge (z.B. Schutzbeschläge oder Profilzylinder) werden bauseits gestellt.

In diesen Fällen ist es zwingend notwendig, den ausführenden Personen die notwendigen Werkzeuge zur Fertigstellung der Elemente auf der Baustelle zur Verfügung zu stellen (z.B. Dokumente und Materialien) und sich die konforme Ausführung schriftlich bestätigen zu lassen. Die normkonforme Ausführung der Elemente kann erst nach Eingang und Prüfung dieser Unterlagen erfolgen.

Kennzeichnung der Elemente

Einbruchhemmende Elemente nach DIN EN 1627 können gekennzeichnet werden, ift-zertifizierte Elemente sind zu kennzeichnen. Daraus folgt, dass Elemente, die auch als zertifizierte Elemente beauftragt wurden, zwingend mit dem ift-zertifiziert-Zeichen zu kennzeichnen sind.

Musterkennzeichnungsschild „ift-zertifiziert“
Bild 5: Musterkennzeichnungsschild „ift-zertifiziert“

Montage

Grundlagen für die Montage der Elemente sind die Montageanleitung des zugrunde liegenden Prüfnachweises und die Unterlagen aus der Planungsphase.

  • Auswahl und Anzahl der Befestigungsmittel
  • Positionierung der Elemente in der Wand
  • Lastabtragung und druckfeste Hinterfütterung
  • Lot- und fluchtgerechter Einbau
  • Befestigung der Elemente

Nach erfolgter, der Montageanleitung entsprechenden Montage der Elemente, ist eine Montagebescheinigung gemäß DIN EN 1627 auszustellen, die dem Auftraggeber zu übergeben ist. Idealerweise lässt sich ebenso der Hersteller der Elemente, der oftmals auch namentlich mit dem Element verbunden ist, eine Kopie dieser Bescheinigung zur Komplettierung der werkseigenen Produktionskontrolle zukommen.

Fazit

Gute Prüfnachweise beinhalten idealerweise alle notwendigen Details, um einbruchhemmende Bauteile herzustellen. Verwendet der Hersteller geeignete Werkzeuge wie z.B. Arbeits- und Prüfanweisungen, um alle Parameter zu erfassen und zu überprüfen, sind die Grundlagen für ein funktionsfähiges, einbruchhemmendes Bauteil gegeben. Der Schlüssel für diesen Erfolgt liegt aber sicherlich auch in einer kompetenten, fachkundigen Bearbeitung des Projektes vom Erstkontakt bis zur Bauabnahme. In der Praxis hat sich gezeigt, dass der Bedarf an zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen stark vorhanden ist. Jedoch werden in der Ausführung überwiegend Elemente geliefert, die zwar einbruchhemmende Eigenschaften aufweisen, jedoch auf wesentliche Elemente wie z.B. durchwurf- oder durchbruchhemmende Verglasungen verzichten.

Literatur

  1. Förderprogramm der KfW-Bankengruppe „Altersgerecht Umbauen“
  2. ift-Zertifizierungsprogramm QM 301 „Angriffhemmende Bauteile“
  3. DIN EN 1627:2011-09
    Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Anforderungen und Klassifizierung.
    Beuth Verlag GmbH
  4. DIN 1053-1:1996-11
    Mauerwerk, Teil 1: Berechnung  und Ausführung
    Beuth Verlag GmbH
  5. DIN 1045 (alle Teile)
    Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton
    Beuth Verlag GmbH
  6. DIN 18257:2015
    Baubeschläge-Schutzbeschläge-Begriffe, Maße, Anforderungen, Kennzeichnung
    Beuth Verlag GmbH

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