Die Bilder 5 und 6 zeigen beispielhaft ein Anschlussbeispiel im erdberührten Bereich mit barrierefreier Schwelle im fertig ausgeführten Zustand. Das Fenster mit Rollladen ist bündig mit der Mauerkante in einer Außenwand mit WDVS gesetzt. (Quelle: ift Rosenheim)

Schnittstelle Bauwerksabdichtung – Baukörperanschluss bodentiefer Elemente

Update aus dem Arbeitskreis zum aktuellen Stand des gemeinsamen, gewerkeübergreifenden Merkblatts

Lesezeit: 7 Minuten

Gewerke-Schnittstellen stellen häufig auch die Schlüsselstellen bei der Planung und Errichtung von Gebäuden dar. Schlüsselstellen heißt in diesem Zusammenhang, dass diese einen wesentlichen Einfluss auf die Funktionalität, Gebrauchstauglichkeit und Langlebigkeit des Gebäudes haben.

Die Bauschadenberichte der letzten Jahre zeigen leider einen deutlichen Anstieg der Bauschäden, bei denen mehrere Gewerke beteiligt sind. Als Hauptursachen werden Planungsdefizite, Fachkräftemangel, Zeitdruck und immer komplexer werdende Anforderungen genannt.

Der Anschluss bodentiefer Fenster- und Türelemente an den Baukörper im Fußpunktbereich ist in diesem Sinne eine wichtige, aber leider auch schadenanfällige gewerkeübergreifende Schnittstelle und Schlüsselstelle in der Gebäudehülle, insbesondere, wenn dieser im Einzugsbereich einer Bauwerksabdichtung bei erdberührten Bauteilen oder einer Dach- bzw. Terrassenabdichtung bei genutzten oder nicht genutzten Dächern, Balkonen und Loggien liegt. Die moderne Architektur mit konstruktiv ungeschützt, fassadenbündig eingestellten, großen, bodentief verglasten, multifunktionalen Fenster-/Türelementen mit möglichst barrierefreier Nutzbarkeit verschärft diese Schnittstellenproblematik durch die zunehmende Häufigkeit dieser Elemente in der Fassadengestaltung und die Komplexität der Anforderungen. Bestehende Regelwerke der betroffenen Gewerke sind nicht interdisziplinär und haben nicht diese Schnittstelle im Fokus. Sie bilden die Praxis teilweise nur unzureichend ab und führen dadurch zwangsläufig zu Zielkonflikten. Daher gilt insbesondere bei dieser Gewerke-übergreifenden Schnittstelle der Grundsatz:

Keine Ausführung ohne vorherige Planung und Koordination!

Dies begründet sich im Wesentlichen aus der zwingend notwendigen, planerischen Berücksichtigung objektspezifischer Anforderungen und den daraus abzuleitenden, erforderlichen Abdichtungsmaßnahmen und ggf. vorzusehenden baulichen Kompensationsmaßnahmen zur Sicherstellung einer dauerhaften und gebrauchstauglichen Ausführung.

Um die Regelungslücke zur Schnittstelle zu schließen, hat sich am ift Rosenheim ein Arbeitskreis gebildet, der sich aus Vertretern der betroffenen Gewerke zusammensetzt. Der Arbeitskreis hat sich als Ziel gesetzt, ein gemeinsames, gewerkeübergreifendes Merkblatt zu erstellen. Dieses Merkblatt (derzeit noch im Entwurf) soll zukünftig unterstützen, die Schnittstelle zwischen bodentiefen Fenster- und Türelementen und der Bauwerks-, Dach- oder Terrassenabdichtung aufeinander abzustimmen, so dass eine fachgerechte Planung und Ausführung aller beteiligten Gewerke ermöglicht wird. Die bereits vorliegenden Veröffentlichungen in der Schweiz (Merkblatt [1]) und in Österreich (Richtlinie [2]) haben hierfür wertvolle Vorarbeit geleistet und dienen als Orientierung und Vorlage.

Update gewerkeübergreifendes Merkblatt (Entwurf)

Begrifflichkeiten und Neudefinitionen

Zum allgemeinen Verständnis und für das fachgerechte Zusammenspiel der betroffenen Gewerke ist es zunächst erforderlich, einige Begrifflichkeiten und auch Neudefinitionen zu regeln. Die wichtigsten sollen nachfolgend kurz erläutert werden.

Regeleinbau

Wenn vom Regeleinbau gesprochen wird, dann handelt es sich um eine Ausführung der Fenster-/Türkonstruktion im Fußpunkt, die dem Abdichtungsgewerk (Bauwerks-, Dach- oder Terrassenabdichtung) einen normkonformen Abdichtungsanschluss nach DIN 18531, DIN 18533 oder Flachdachrichtlinien, analog zum Außenwandbereich ermöglicht. Gefordert wird hierbei eine Abdichtungshöhe von ≥ 150 mm bzw. ≥ 50 mm, in Verbindung mit einer geeigneten, unmittelbar davor angeordneten Entwässerungsrinne, über Oberkante Belag oder Nutzschicht. Diese Ausführungen haben aber bei öffenbaren Elementen nur wenig Praxisrelevanz, da die Nutzbarkeit solcher Fußpunktausbildungen hinsichtlich dem ungehinderten Durchgang eingeschränkt ist.

Vertiefter Einbau

Bei einem vertieften Einbau werden die normativ geregelten Abdichtungshöhen zugunsten einer ungehinderten oder sogar barrierefreien Passierbarkeit unterschritten (Bild 1). Dabei darf der Abdichtungsanschluss nicht mehr als 30 mm unterhalb der Oberkante der Rostabdeckung liegen. Die Regelwerke sprechen dann von einer besonderen Planungssituation, die auch eine besondere, objektspezifische Planungsleistung und Koordination erfordert. Diese Einbausituation entspricht nach vorliegenden Erfahrungen eher den Bedürfnissen der Praxis und gewünschten Nutzbarkeit.

Maximale Wasseranstauhöhe (max. WAH)

Um einer geplanten Schwellenausbildung bei der Entwässerungsplanung ausreichend Rechnung zu tragen und um die Anforderungen bezüglich der Wassereinwirkung abzugrenzen (siehe Stauwasserdichtheit), wurde ein neuer Begriff – maximale Wasseranstauhöhe, kurz max. WAH – von den Österreichern übernommen und eingeführt. Dies ist jene Höhe, bis zu der Wasser kurzfristig am Bodenanschluss von Fenster-/Türelementen angestaut werden kann. Max. WAH wird am bodentiefen Element konstruktiv durch den Fenster-/Türhersteller festgelegt (Bild 1). Da die Funktionsfuge zwischen Flügel und Schwelle nicht überstaut werden darf, liegt diese maximal auf Höhe Oberkante Schwelle oder darunter. In Bezug auf die Entwässerungsplanung muss max. WAH mindestens 50 mm über der Oberkante des Anstauelements der Notentwässerung liegen.

Die Grafik zeigt prinzipielle Darstellungen eines vertieften Einbaus, rechts mit barrierefreier Ausführung (Quelle: ift Rosenheim)
Bild 1: Prinzipielle Darstellungen eines vertieften Einbaus, rechts mit barrierefreier Ausführung (Quelle: ift Rosenheim)
Bild 2 zeigt die prinzipielle Darstellung Anschlussflansch, Bild links Anschlussflansch (orange) und seitlicher Baukörperanschluss mit Fugendichtungsfolie, Bild Mitte mit Bauwerksabdichtung, Bild rechts mit Führungsschiene (Quelle: ift Rosenheim)
Bild 2: Prinzipielle Darstellung Anschlussflansch, Bild links Anschlussflansch (orange) und seitlicher Baukörperanschluss mit Fugendichtungsfolie, Bild Mitte mit Bauwerksabdichtung, Bild rechts mit Führungsschiene (Quelle: ift Rosenheim)

Stauwasserdichtheit

Erforderliche Dichtheit des Bauteils in Verbindung mit der Abdichtung, um das Eindringen von kurzzeitig anstauendem Wasser am Bodenanschluss bis auf max. WAH sicher zu verhindern. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine schnittstellenspezifische Neudefinition, die aus der österreichischen Richtlinie übernommen wurde. Oberhalb max. WAH bestehen hingegen Anforderungen an eine Schlagregen- und Spritzwasserdichtheit, unterhalb des Bodenanschlusses bestehen Anforderungen an eine Wasserdichtheit, jeweils in Abhängigkeit der objektspezifischen Einwirkungen.

Anschlussflansch

Am Fenster- oder Türelement in den unteren Eckenbereichen vorgerichtete und stauwasserdicht angebrachte Anschlussmöglichkeit für die Abdichtung (Folienlappen), der im Zuge der Elementmontage zum Baukörper verklebt wird, so dass ein seitlicher (optisch sichtbarer) Abdichtungshochzug am Blendrahmen nicht erforderlich ist  (Bild 2). Der Anschlussflansch ermöglicht auch bei Elementen mit montierten Führungsschienen für Verschattungen einen fachgerechten Abdichtungsanschluss.

Grundlagen für die Planung und Umsetzung

Im ersten Schritt ist zu klären, ob im konkreten Bauvorhaben bei bodentiefen Elementen eine Schnittstelle mit der Bauwerksabdichtung vorhanden ist, was nicht zwangsläufig der Fall sein muss. Typischerweise sind beispielsweise bodentiefe Elemente mit absturzsichernder Funktion nicht betroffen, da der Bodenanschluss aufgrund des zu beachtenden Höhenunterschiedes zwischen Innen- und Außenbelag in aller Regel außerhalb dem Einzugsbereich einer Bauwerksabdichtung liegt und daher im unteren Bereich ein „normaler“ schlagregendichter Baukörperanschluss im Zuge der Elementmontage zu erbringen ist. Anhand einer Checkliste wird der notwendige Planungsablauf aufgezeigt. Diese gliedert sich grob in nachfolgende Hauptpunkte, Unterpunkte und Zuständigkeiten (Tabelle 1).

Für die Umsetzung der Planungsaufgaben im Rahmen der Ausführungs-, Fach- und Werkplanung werden im Merkblatt dann detaillierte Hinweise und Erläuterungen zu folgenden Punkten gegeben:

  • Örtliche klimatische Anforderungen
  • Barrierefreiheit
  • Terrassen- und Abdichtungsaufbau
  • Einbaulage des Elements
  • Abdichtung im Auflagerbereich von Fenster- und Türelementen
  • Bauliche Kompensationsmaßnahmen
  • Entwässerungsplanung bei vertieftem Einbau
  • Festlegung der Fenster-/Türkonstruktion einschließlich An- und Zusatzbauteile
  • Anschlussmethoden der Abdichtung
  • Übergang Abdichtung – Baukörperanschluss
  • Fenster-/Türeneinbau

Nachfolgend werden beispielhaft zwei Punkte daraus näher ausgeführt.

In der Tabelle sind Planungsablauf, Planungsaufgaben und Zuständigkeiten detailliert aufgelistet. (Quelle: ift Rosenheim)
Tabelle 1: Planungsablauf, Planungsaufgaben und Zuständigkeiten (Quelle: ift Rosenheim)
Bild 3 zeigt schematisch das Zusammenspiel von Schwellenkonstruktion, Abdichtung und Entwässerungsausführung am Beispiel einer Einbausituation mit Dachterrasse und aufgeständertem Terrassenbelag (Quelle: ift Rosenheim)
Bild 3: Zusammenspiel von Schwellenkonstruktion, Abdichtung und Entwässerungsausführung am Beispiel einer Einbausituation mit Dachterrasse und aufgeständertem Terrassenbelag (Quelle: ift Rosenheim)

Entwässerungsplanung bei vertieftem Einbau

Bild 3 gibt einen Überblick über das erforderliche Zusammenspiel von Schwellenkonstruktion, Abdichtung und Entwässerungsausführung.

Hierin bedeuten:

  1. Abdichtungsanschluss an die Außenwand mit Abdichtungshöhe ≥ 150 mm
  2. max. WAH an der Schwellenkonstruktion (Beispiel barrierefrei)
  3. Empfehlung Abdichtungsgefälle zur Entwässerung ≥ 1 %
  4. Hauptentwässerung
  5. Notentwässerung
  6. Abstand Entwässerung zur Schwellenkonstruktion ≤ 10 m
  7. Abstand Oberkante Anstauelement Notentwässerung zu max. WAH ≥ 50 mm
  8. Rinnen-Nennmaß b ≥ 150 mm, Öffnungsanteil Rostabdeckung ≥ 50 %
  9. Dampfsperre

Festlegung der Fenster-/Türkonstruktion

Um dem Abdichtungsgewerk einen fachgerechten Anschluss an die Schwellenkonstruktion zu ermöglichen, sind die in Bild 4 genannten Grundsätze zur Schwellenausführung zu beachten.

Die Grafik zeigt die Grundsätze zur Schwellenausführung für einen fachgerechten Abdichtungsanschluss (Quelle: ift Rosenheim)
Bild 4: Grundsätze zur Schwellenausführung für einen fachgerechten Abdichtungsanschluss (Quelle: ift Rosenheim)
Die Bilder 5 und 6 zeigen beispielhaft ein Anschlussbeispiel im erdberührten Bereich mit barrierefreier Schwelle im fertig ausgeführten Zustand. Das Fenster mit Rollladen ist bündig mit der Mauerkante in einer Außenwand mit WDVS gesetzt. (Quelle: ift Rosenheim)
Bilder 5 und 6: Anschlussbeispiel 3-dimensional im fertig ausgeführten Zustand mit barrierefreier Schwellenausbildung im erdberührten Bereich (Quelle: ift Rosenheim)

Ausführungsbeispiele 3-dimensional

Vervollständigt wird das gewerkeübergreifende Merkblatt mit 3-dimensionalen Ausführungsbeispielen, um die Detailausbildungen der einzelnen Gewerke und das Ineinandergreifen lückenlos darstellen zu können. Diese Beispiele können auch digital als Videosequenz mit Bauablauffolge zur Ansicht zur Verfügung gestellt werden. Die Bilder 5 und 6 zeigen beispielhaft ein Anschlussbeispiel im erdberührten Bereich mit barrierefreier Schwelle im fertig ausgeführten Zustand. Das Fenster mit Rollladen ist bündig mit der Mauerkante in einer Außenwand mit WDVS gesetzt.

Weitere Anschlussbeispiele werden typische Einbausituationen in der Mauerleibung, in der Dämmebene und mit Klinkeranschlag, in den Varianten Regeleinbau und vertiefter Einbau zeigen. Ein interessanter und vorteilhafter Ansatz ist ein 2-stufiger Fenster-/Türeinbau mit Vorab-Montagezarge, da bei dieser Variante ein einfacher Fenster-/Türwechsel, ohne Eingriff in die angrenzende Bausubstanz möglich ist. Der Abdichtungsanschluss (zur Vorab-Montagezarge) bleibt erhalten und muss nicht aufwendig saniert werden. Weitere Informationen dazu gibt die ift-Fachinformation MO-06/1 [3].

Fazit

Hinsichtlich der Schnittstelle Bauwerksabdichtung – Baukörperanschluss bodentiefer Elemente sollten drei Grundsätze zwingend beachtet werden:

1.  Keine Ausführung ohne vorherige Planung und Koordination!

2.  Eine Abstimmung und Koordination aller Beteiligten (Auftraggeber, Planer, Fachplaner, ausführende Gewerke) ist unerlässlich!

3.  Der ausführende Fensterbaubetrieb macht keine Bauwerks-, Dach- oder Terrassenabdichtung!

Fehlt eine Ausführungsplanung, sollte diese von den Ausführenden eingefordert werden. Schnittstellen erfordern immer eine Abstimmung und Koordination aller Beteiligten, um im Ergebnis eine fachgerechte, gebrauchstaugliche und dauerhafte Ausführung zu erhalten. Aufgabe des ausführenden Fensterbaubetriebes ist in diesem Zusammenhang eine Schwellenkonstruktion zu realisieren, die dem nachfolgenden Abdichtungsgewerk einen fachgerechten Abdichtungsanschluss ermöglicht, z.B. Ausführung mit Anschlussflansch. Sofern im Bodenanschluss Abdichtungsarbeiten durch den Fensterbaubetrieb ausgeführt werden, dürfen diese die nachfolgenden Gewerke nicht behindern.

Literatur

  1. Merkblatt Abdichtungsanschlüsse an Tür- und Fensterelemente:03-2018, Herausgeber: Gebäudehülle Schweiz, Verband der Schweizer Gebäudehüllen-Unternehmungen, Technische Kommission Flachdach, 9240 Uzwill
  2. Richtlinie Bauwerksabdichtung – Anschluss an bodentiefe Fenster und Türen:05-2020, Teil 1: Planung, Teil 2: Ausführung, Herausgeber: Plattform Fenster Österreich, 1037 Wien, IFB – Institut für Flachdach und Bauwerksabdichtung, 1110 Wien
  3. ift-Fachinformation MO-06/1:02-2022, 2-stufiger Einbau von Fenstern und Türen mit Vorab-Montagezargen, Herausgeber: ift Rosenheim, 83026 Rosenheim

Wolfgang Jehl

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Jehl ist im ift Rosenheim als Produktmanager für den Bereich äußere Abschlüsse, Materialien für den Baukörperanschluss sowie geklebte Verglasungen tätig. Als Hauptverfasser des Montageleitfadens und diverser Richtlinien sowie als langjähriger Gutachter gilt er als führender Experte auf diesem Gebiet. Als Referent und Autor sowie in verschiedenen Normungsgremien gibt er seine Erfahrung an die Branche weiter

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