Das Foto zeigt Neubauten von unten.

Anforderungen und Leistungen von Bauteilen im Bauvorhaben – Teil 2

Feuerwiderstandsprüfungen von Wänden, Fassaden und Dächern – alles außer Standard!

Lesezeit: 4 Minuten

Feuerwiderstandsprüfungen werden auf Basis von Prüfnormen, die auf die jeweiligen Pro-duktbereiche (z.B. Türen, Trennwände, Fassaden oder Decken) angepasst sind, durchge-führt.

Die jeweilige Prüfnorm beinhaltet dabei verschiedene Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Anforderungen an den Probekörper, die Prüfbedingungen, die Messeinrichtungen oder die Durchführung der Prüfung. Mit den positiven Ergebnissen von Feuerwiderstandsprüfungen können dann zusammenfassende Dokumente als Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweise beantragt werden.

Sowohl aus neuen Bauvorhaben als auch aus Veränderungen von bestehenden Gebäuden, können dabei Bedingungen entstehen, die von den Verwendbarkeits- und Anwendbarkeitsnachweisen eines (Brandschutz-)Produktes abweichen. Diese Bedingungen können zum Beispiel von Vorgaben aus dem Denkmalschutz oder auch wegen der Anwendung bzw. Nutzung oder aus spezifischen Anforderungen entstehen. Aufgrund dieser speziellen Anforderungen oder auch Bauweisen lassen sich nicht immer normkonforme Prüfungen durchführen. Deshalb ist es in solchen Situationen erforderlich, Prüfungen wie zum Beispiel Feuerwiderstandsprüfungen in Anlehnung an die jeweilige Prüfnorm durchzuführen.

Das Foto zeigt Neubauten von unten.
Bild 1: Denkmalschutz mit Neubau (Quelle: © Alexey Khromushin – stock.adobe.com)
Das Foto zeigt eine unfertige Wand im Kontext einer Feuerprüfung.
Bild 2: Abweichung zu einer Rahmenbedingung der EN 1364-1 (Quelle: ift Rosenheim)

Normkonforme Prüfungen

In der Prüfnorm EN 1634-1 werden der Anwendungsbereich, der Probekörper, der Einbau des Probekörpers, das Anbringen der Messeinrichtungen, die Durchführung der Prüfung oder die Leistungskriterien, die Rahmenbedingungen für Feuerwiderstandsprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse und Fenster vorgegeben. So wird im Anwendungsbereich die Art des Bauprodukts angegeben, welches mit der jeweiligen Prüfnorm geprüft werden kann. In der EN 1634-1 sind dies zum Beispiel Drehflügeltüren und –tore, Fenster oder Feuerschutzvorhänge. Weitere Rahmenbedingungen sind der Probekörper selbst und sein Einbau. Dabei geht es nicht um Details, sondern um Rahmenbedingungen wie die Anzahl der zu prüfenden Probekörper in einer Prüfung, die Tragkonstruktionen, oder auch die Größe. Aber auch die Leistungskriterien stellen eine Rahmenbedingung dar. So sind in der EN 1634-1 neben dem Kriterium, nach dem der Raumabschluss zu bewerten ist, sowohl die zu beurteilenden, festgelegten Wärmedämmkriterien als auch die Kriterien für die Strahlung angegeben. Unter der Einhaltung der verschiedenen Rahmenbedingungen sind somit normkonforme Prüfungen möglich.

Prüfungen, die nicht oder nur teilweise der Prüfnorm entsprechen

Wie zuvor festgestellt, kann es zu Anforderungen oder Bedingungen kommen, die eine normkonforme Prüfung nicht ermöglichen. Ein Beispiel für eine nicht der Prüfnorm EN 1634-1 „Feuerwiderstandsprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse und Fenster“ entsprechende Rahmenbedingung ist die Anforderung, bzw. die Vorgabe aus dem Bauvorhaben, dass der Probekörper – in diesem Fall eine Haftraumtür – nach 20 Minuten unter den Bedingungen der EN 1634-1 geöffnet werden muss, womit die Prüfung nur in Anlehnung an die EN 1634-1 durchgeführt werden kann.

Auch eine im Bauvorhaben geplante Aneinanderreihung von Feuerschutzabschlüssen ist weder durch die Prüfnormen EN 1634-1 noch durch die EN 1191 „Fenster und Türen –Dauerfunktionsprüfung“ und auch nicht durch die EN 1634-3 „Prüfungen zur Rauchdichte für Rauchschutzabschlüsse“ abgedeckt. Mit der Aneinanderreihung von Feuerschutzabschlüssen fehlt bei einer Prüfung nach der jeweiligen Prüfnorm mindestens seitlich die Tragkonstruktion, in die während der Belastungsphase der jeweiligen Prüfung auftretende Kräfte eingeleitet werden können. In diesem Fall ist eine sinnvolle Probekörperplanung und eine Abstimmung mit den Planern unumgänglich.

Neue Bauweisen stellen auch die Prüfnormen vor Herausforderungen. Neben der bekannten Skelettbauweise aus Stahl oder Stahlbeton etabliert sich immer mehr die Skelettbauweise mit vorgehängten, nichttragenden Holzwänden. Hierbei gibt es für Feuerwiderstandsprüfungen allerdings Kontroversen mit der EN 1364-1 „Feuerwiderstandsprüfungen für nichttragende Bauteile – Wände“ und mit der EN 1364-3 „Vorhangfassaden – Gesamtausführung“. Der Anwendungsbereich und somit eine Rahmenbedingung der EN 1364-1 schließt aus, dass nichttragende Außenwände, die vor Decken abgehängt, nach EN 1364-3 in der Gesamtausführung zu prüfen sind. Dem gegenüber steht die Definition einer Vorhangfassade nach der Produktnorm für Vorhangfassaden, der EN 13830. In der harmonisierten Produktnorm für Vorhangfassaden, EN 13830:2003 ist eine Vorhangfassade ein in der Regel mit Ausfachungen ausgestattetes Bauteil. Deutlicher wird dabei die noch nicht harmonisierte Ausgabe der EN 13830:2020. Darin wird die Vorhangfassade als eine Konstruktion, die „mit fest eingebauten und/oder zu öffnenden Ausfachungen ausgestattet ist“ beschrieben. Somit weichen die vorgehängten, nichttragenden Holzwände allein schon aufgrund der fehlenden Ausfachungen sowohl von der Prüfnorm für Vorhangfassaden (EN 1364-3) als auch von der Produktnorm für Vorhangfassaden (EN 13830) ab. Auch in diesem Fall ist eine enge Abstimmung und Absprache aller Beteiligten erforderlich, um bereits im Vorfeld einer Feuerwiderstandsprüfung Unstimmigkeiten zu beseitigen.

Zusammenfassung

Bauteile für den Feuerwiderstand, oder auch für die Rauchdichtheit sind und bleiben auch weiterhin ein „zeitloses“ Thema. So werden in Zukunft durch die zu erwartenden steigenden Baukosten und das große Themenfeld der Nachhaltigkeit mit Sicherheit die Anzahl der speziellen Prüfungen, zugeschnitten auf das jeweilige Bauvorhaben, steigen. Wichtig ist hierbei die frühzeitige Einbeziehung und Abstimmung zwischen Planer, Hersteller und bei speziellen Anforderungen auch mit der Prüfstelle. Somit kann bereits bei der Planung oder der Sanierung eines Gebäudes festgestellt werden, welche Maßnahmen für die geplante Anwendung bzw. Nutzung wirtschaftlich sinnvoll sind.

Literatur

  1. EN 1634-1:2014+A1:2018
    Feuerwiderstandsprüfungen und Rauchschutzprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse, Fenster und Baubeschläge - Teil 1: Feuerwiderstandsprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse und Fenster
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  2. EN 1191:2012
    Fenster und Türen - Dauerfunktionsprüfung – Prüfverfahren
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  3. EN 1634-3:2004/AC:2006
    Prüfungen zum Feuerwiderstand und zur Rauchdichte für Feuer- und Rauchschutzabschlüsse, Fenster und Beschläge – Teil 3: Prüfungen zur Rauchdichte für Rauchschutzabschlüsse
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  4. EN 1364-1:2015
    Feuerwiderstandsprüfungen für nichttragende Bauteile – Teil 1: Wände
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  5. EN 1364-3:2014
    Feuerwiderstandsprüfungen für nichttragende Bauteile – Teil 3: Vorhangfassaden – Gesamtausführung
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  6. EN 13830:2003
    Vorhangfassaden – Produktnorm
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  7. 13830:2015+A1:2020
    Vorhangfassaden – Produktnorm
    Beuth Verlag GmbH, Berlin

Johannes Stahl

ift Rosenheim

Johannes Stahl ist Prüf- und Projektingenieur für Brandschutzprüfungen und seit vielen Jahren im ift Rosenheim für Prüfungen von Bauelementen mit Anforderungen an den Feuerwiderstand und die Rauchdichtheit zuständig. Ebenso erstellt er auf Basis von Prüfergebnissen und anderer Nachweise projektbezogene gutachtliche Stellungnahmen, die als Grundlage für Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweise (vorhaben bezogene Bauartgenehmigung (vBG) bzw. Zustimmung im Einzelfall (ZiE)) dienen

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