Prüfung, ob NRWG auch noch nach einem Brandfall verwendbar ist.

Anforderungen an Natürliche Rauch- und Wärmeabzuggeräte (NRW

Definition, Anforderungen und Anwendung im Licht der neuen Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung (VVTB)

Lesezeit: 5 Minuten

Bei Bränden sterben mehr Menschen an einer Rauchvergiftung, als durch die direkte Einwirkung von Flammen. Durch Rauch können Fluchtwege blockiert werden, so dass eine Flucht behindert oder unmöglich wird.

Prüfung, ob NRWG auch noch nach einem Brandfall verwendbar ist.
Bild 1: Nach der Prüfung (Brandfall) wird überprüft, ob das NRWG vollständig geöffnet hat.

Auch ein Feuerwehrangriff wird durch Rauch behindert und ein Hitzestau kann sich negativ auf das Brandgeschehen auswirken. Daher ist im Brandfall eine gezielte Abführung von Wärme und Rauch aus Gebäuden sinnvoll.

Schon seit 2003 sind CE-gekennzeichnete natürliche Wärme- und Rauchabzugsgeräte für diesen Zweck auf dem Markt. Im Zuge der Umstellung der Bauregelliste auf die Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen (VVTB) wurden durch Veröffentlichung der DIN 18232-9:2016 und auch im Entwurf zur MVVTB (Muster-VVTB) Mindestanforderungen an NRWG in Deutschland formuliert. Die Einsatzmöglichkeiten werden in den Landes-Bauordnungen (LBO) und den dazugehörigen Sonderbauvorschriften beschrieben. In der harmonisierten Produktnorm EN 12101-2 wird ein NRWG definiert und abgegrenzt sowie die Prüfverfahren der verschiedenen Eigenschaften geregelt. Auch diese Norm befindet sich in Revision.

Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG) – Definition und Abgrenzung

Nicht jede Öffnung im Gebäude, aus der Rauch entweichen kann, ist bereits ein NRWG. Vor allem für kleinere Gebäude werden Erleichterungen durch Sonderbauvorschriften ermöglicht, die die Verwendung von „normalen“ Fenstern erlauben, um Rauch abzuführen. Ab gewissen Gebäudegrößen und abhängig von der Nutzung werden aber automatisierte und geprüfte NRWGs gefordert.

Immer wenn von Wärme-/ Rauchabzugsgeräten gesprochen wird, ist ein NRWG mit Klassifizierung gemäß der harmonisierten Produktnorm für NRWG EN 12101-2, inklusive Überwachung der werkseigenen Produktion (WPK) und Zertifikat zur Leistungsbeständigkeit gefordert. Diese Produkte sind mit einem CE-Kennzeichen zu versehen und es ist eine Leistungserklärung abzugeben. Für Standardgebäude, die „nur“ der MBO bzw. der jeweiligen LBO unterliegen, sind keine Maßnahmen zur Rauch- oder Wärmeableitung vorgesehen. Ein NRWG könnte also nur auf Basis privatrechtlicher Vereinbarung gefordert werden.

Für spezielle Sonderbauten finden sich in der Muster-Verkaufsstättenverordnung, der Muster-Versammlungsstättenverordnung und der Muster-Industriebaurichtlinie explizite Forderungen an Rauchabzugsgeräte. Bei Nutzungsflächen unter 200 m² genügen Fenster zur Rauchableitung. Bei Flächen zwischen 200 und 1000 m² bzw. im Industriebau bis 1600 m² werden Öffnungen zur Rauchableitung im Dach oder den Seitenwänden verlangt, wobei die Öffnungsfläche sich abhängig von der Nutzungsfläche ergibt. Die Art der Öffnungen ist nicht näher spezifiziert, es können Fenster und/oder Türen sein, d.h. es werden keine klassifizierten NRWG gefordert. Erst bei größeren Nutzungseinheiten, also >1000 m² bzw. >1600 m² ist der Einsatz von NRWGs vorgeschrieben. Alternativ zur natürlichen Entrauchung kann auch eine mechanische Entrauchung erfolgen. Die Ableitung von Rauch soll dabei die Arbeit der Feuerwehren unterstützen. Wird Rauchfreiheit gefordert, etwa für ein Sicherheitstreppenhaus, so muss bereits das Eindringen von Rauch wirksam vermieden werden. Eine Rauchableitung ist dann nicht nötig.

Welche Art von Öffnung zur Rauchableitung auch gewählt wird, richtig funktionieren wird sie nur mit entsprechenden Zuluftöffnungen in ausreichender Zahl, Größe und Lage. Es können spezielle Zuluftvorrichtungen oder Fenster, Türen oder Tore verwendet werden. Wichtig ist, dass diese geöffnet werden können, wenn der oder die Rauchabzüge geöffnet werden.

Mindestanforderungen an NRWG

Nach der Bauproduktenverordnung (BauPVO) sind NRWG mit einer CE-Kennzeichnung gemäß harmonisierter Produktnorm zu versehen und es ist eine Leistungserklärung über die Eigenschaften abzugeben. In Deutschland wurden dazu Mindestanforderungen in der DIN 18232-9 definiert, die auch in der MVVTB enthalten sind. Man unterscheidet dabei zwischen Wärmeabzugsgeräten zum Dacheinbau gemäß Abschnitt 9 (s. Tab. 1) und Rauchabzugsgeräten nach Abschnitt 10.2 (s. Tab. 2). So ist immer die aerodynamisch wirksame Öffnungsfläche anzugeben und für Wärmeabzugsgeräte wird eine Mindestbreite vorgegeben. Auch werden Mindestklassen z.B. für die Schnee- oder Windlast gefordert. Je nach Lage des Gebäudes können aber auch höhere Klassen erforderlich sein. Die Schneelast gilt selbstverständlich nur für Dach-NRWGs.

Besondere Beachtung gilt der Anforderung an die Beständigkeit bei niedriger Umgebungstemperatur (siehe Abschnitt 7.3.1). Hier wird bei Rauchabzugsgeräten ein Nachweis für eine Temperatur von -5°C gefordert. Die Klasse T(00), für die keine Prüfung erforderlich war, ist hier nicht ausreichend. Für Wärmeabzugsgeräte zur Verwendung in Dächern genügt die Klasse T(00). Allerdings ist eine Revision der EN 12101-2 geplant, die zukünftig auch für die Klasse T(0) eine Prüfung vorsieht. Bei Dachelementen muss die Schneelast berücksichtigt werden. Hier sei angemerkt, dass die Klasse T(00) künftig entfallen wird, es gibt u.a. die Klassen T(-5°C), T(5°C) und eine Klasse mit wählbarer Temperatur T A.

Das Schaubild zeigt Eigenschaften, die bei dem NRWG geprüft werden

3. Bemessung nach DIN 18232-2

Zur Bemessung von natürlichen Rauchabzugsanlagen kann DIN 18232-2 herangezogen werden. Die Bemessung erfolgt üblicherweise für Räume <1600 m². Für den Wärme- und Rauchabzug baut die Norm dabei auf klassifizierte NRWGs auf. Das bedeutet, dass bei Bemessung nach dieser Norm immer auch NRWGs nach EN 12101-2 im Gebäude eingesetzt werden müssen.

Fazit

Mit Einführung der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen werden künftig Mindestanforderungen an NRWGs gestellt. Man unterscheidet dabei zwischen Wärmeabzugsgeräten im Dach und Rauchabzugsgeräten, wobei generell die aerodynamisch wirksame Öffnungsfläche anzugeben ist. Die Anforderungen an NRWGs können lokal, abhängig vom Gebäudestandort und Nutzung, auch höher ausfallen.

Normen und Literatur

  1. Entwurf zur Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) vom 20. Juli 2016; diese wird als VVTB in den Ländern eingeführt
  2. DIN 18232-9: 2016-07 „Rauch- und Wärmefreihaltung - Teil 9: Wesentliche Merkmale und deren Mindestwerte für natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte nach DIN EN 12101-2“
  3. EN 12101-2: 2003 „Rauch- und Wärmefreihaltung - Teil 2: Festlegungen für natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte“
  4. Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten (Muster-Verkaufsstättenverordnung – MVKVO), Stand Juli 2014
  5. Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO), Stand Juli 2014
  6. Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL), Stand Juli 2014
  7. Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates
  8. DIN 18232-2:2007-11 " Rauch- und Wärmefreihaltung - Teil 2: Natürliche Rauchabzugsanlagen (NRA); Bemessung, Anforderungen und Einbau

Dr. Gerhard Wackerbauer

ift Rosenheim

Der promovierte Physiker Dr. Gerhard Wackerbauer ist seit Mai 1996 am ift Rosenheim tätig. Am Anfang war er im Bereich Schallschutz, sowie Wärme-und Feuchteschutz tätig. Im November 2004 wechselte er in das Brandschutzzentrum in Nürnberg und war dort zuletzt bis zu dessen Umzug 2016 Prüfstellenleiter im Bereich Brandschutz. Danach wechselte er zur notifizierten Produktzertifizierungsstelle Brand in Nürnberg, einer Abteilung der ift Zertifizierungsstelle, und ist dort seit Oktober 2016 der fachlich verantwortliche Leiter. Weiterhin ist er auch bei bauaufsichtlichen Zulassungen im Bereich Brandschutz tätig.

Darüber hinaus vertritt er seit Ende 2013 das ift Rosenheim in der Europäischen Sektorgruppe der notifizierten Stellen SH02 im Brandschutz, ist Mitglied im Ausschuss deutschen Spiegelausschuss NA 005-52-05 AA und vertritt diesen im Europäischen Normungsausschuss TC127-WG3 und in ISO/TC92/SC2/WG3.

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