Zu sehen ist ein beschrifteter Grundriss des Obergeschosses eines Kindergartens.

Anforderungen an, aus und in Europa

Praxistest Contact Points reloaded

Lesezeit: 3 Minuten

Jeder Konzern, jedes Systemhaus, jedes mittelständische Unternehmen oder jeder kleinere Handwerksbetrieb kennt die Herausforderungen, die eine CE-Kennzeichnung und die europäische Vermarktung von Bauprodukten sowie deren länderübergreifenden Warenverkehr mit sich bringt.

Die CE‑gekennzeichneten Feuer- und/oder Rauchschutzabschlüsse erhalten über die Leistungserklärung eine notwendige Transparenz, da die Deklaration ihrer wesentlichen Leistungseigenschaften innerhalb von Europa vergleichbar gemacht wurde. Leider ist es in der Realität nicht ganz so einfach, weil gerade Bauteile mit Anforderungen an das Brandverhalten und den Feuerwiderstand auch weiterhin in den einzelnen Ländern unterschiedlichen nationalen Regelungen unterliegen.

Um einen freien Warenverkehr innerhalb der EU aufrecht zu erhalten, müssen die nationalen technischen Vorschriften für alle zugänglich sein. Aus diesem Grund wurden die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Bauproduktenverordnung dazu verpflichtet, sogenannte Produktinformationsstellen (engl. Product Contact Points) für das Bauwesen einrichten. Diese sollen die Informationen über die jeweiligen nationalen Vorschriften, die für das Bauprodukt sowie für dessen Einbau, die Montage oder die Installation des Bauprodukttyps gelten, zur Verfügung stellen.

Zu sehen ist eine Tabelle der "European Commission" aus Dezember 2020. Aufgeführt werden Informationen für folgende Länder: Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich und Deutschland.
Bild 1: Auszug aus der PCP-Liste der EU (Quelle: PCPC 2018-06-18.pdf, https://ec.europa.eu/)
Zu sehen ist ein beschrifteter Grundriss des Obergeschosses eines Kindergartens.
Bild 2: Grundriss des Obergeschosses eines Kindergartens (Quelle: ift Rosenheim)

Praxistest Contact Points reloaded

Für die Ermittlung der länderspezifischen Unterschiede bei den Anforderungen an Feuer- und/oder Rauchschutzabschlüsse ist die Auseinandersetzung mit den Product Contact Points aller Mitgliedsstaaten notwendig. Im Jahr 2019 wurden zum ersten Mal alle Produktinformationsstellen mit der gleichen Anfrage konfrontiert und anschließend ausgewertet. Im „Praxistest Contact Points reloaded“ wird gezeigt, wie sich der Ablauf der angefragten Informationen im Jahr 2023 verhält und verändert hat.

Über die Website der Europäischen Kommission hat das ift Rosenheim die aktuelle Auflistung aller Product Contact Points abgerufen und eine Anfrage an alle dort gelisteten Länder versendet. Bei dem angefragten Bauvorhaben handelte es sich dieses Mal um einen zweistöckigen Kindergarten.

Um bei diesem Projekt die nationalen Anforderungen bezüglich des Brand- und Rauchschutzes in den einzelnen Ländern gewährleisten zu können, wurde aus Sicht eines Türenherstellers die Anfrage getätigt, der damit beauftragt ist, die Türen zu diesem Bauvorhaben zu liefern.

Neben den technischen Anforderungen gibt es auch weitere Aspekte bei der Auseinandersetzung mit den Product Contact Points, die gegenübergesellt werden sollen, wie z.B. der Bearbeitungszeitraum, die Sprache sowie die Umfänglichkeit der Antworten wieder Bestandteil des Praxistest Contact Points reloaded.

Ergebnis

Vorab kann gesagt werden, dass die erneute Auseinandersetzung mit den Product Contact Points ein aufregendes und kleines Abenteuer für das ift Rosenheim war, denn die Rückmeldungen der einzelnen Länder waren teils sehr unterschiedlich, wie man es auch so aus dem wahren Leben kennt.

32 Produktinformationsstellen wurden angefragt, und in kürzester Zeit quoll das E-Mail-Postfach über. In der Kategorie „Bearbeitungsdauer“ wurde der gesamte Zeitraum –beginnend vom Erstkontakt der Produktinformationsstellen bis hin zur finalen Antwort –betrachtet. Aber innerhalb von wenigen Minuten trafen die ersten vier Eingangsbestätigungen und einen Tag später zehn weitere Rückmeldungen auf die Anfrage ein. Schließlich kam nach 27 Tagen die letzte Antwort aus Portugal. Deutschland gilt mit seinen Anforderungen im Brand- und/oder Rauchschutz als Musterbeispiel für dieses Experiment und wird aber dennoch die Bewertung mit aufgenommen. Welche generelle Qualität die Rückantworten der einzelnen Länder hatten, ist Teil einer weiteren Kategorie. Aber die Aufforderung der Bauproduktenverordnung, dass die Länder Informationen über die Bestimmungen und Vorschriften bereitstellen müssen, wurde nahezu vollständig erfüllt.

Da die Informationen von allen angefragten Stellen transparent und leicht verständlich formuliert sein sollen, stand für die Bearbeitung jeder Rückantwort ein Zeitlimit von ca. 15 Minuten zur Verfügung. Konnten innerhalb dieser Zeitspanne die benötigten Anforderungen innerhalb der E-Mail bzw. in den Anhängen oder Weblinks nicht gefunden werden, so wurden bei diesen Ländern die Informationen als „nicht verfügbar“ angesehen. Hier war die Spanne von „keine Antwort erhalten“ bis hin zur vollständigen Beantwortung inklusiver deutscher Übersetzung sehr groß.

Fazit

Pauschal gesehen ist es schwer alle technischen Anforderungen für die jeweiligen Länder zu vereinheitlichen, da es beim Brand- und/oder Rauchschutz um viele zusätzliche Aspekte geht, die national weiterhin geregelt sind. Aber bei den grundlegenden Bestimmungen gibt es ein großes Potenzial an Überschneidungen, die für ein europäisches Bauprodukt sprechen. Letztendlich funktioniert hier der europäische Gemeinschaftsgedanke. Manchmal noch etwas holprig und verbesserungswürdig, aber wo gibt es nicht noch „Luft nach oben“?

Literatur

  1. Bauprodukteverordnung (BauPVO)
    Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates,
    https://www.dgwz.de
  2. Liste der Produktinformationsstellen für das Bauwesen
    PCPC 2018-06-18.pdf, https://ec.europa.eu/

Christine Schmaus

ift Rosenheim

Dipl.-Ing.(FH) Christine Schmaus hat an der HS Rosenheim ihr Studium Innenausbau abgeschlossen und ist seit 2010 am ift Rosenheim tätig. Im ersten Jahr war sie für im Sachverständigenzentrum tätig und wechselte anschließend zum Brandschutzzentrum Nürnberg. Dort erlang sie ihr fachliches Know-How im Bereich Rauchschutz und Dauerfunktion (Selbstschließende Eigenschaften). Im November 2015 wurde der Fachbereich durch den Brandschutz komplementiert und sie ist seitdem Projektingenieurin und Ansprechpartnerin für die Kunden. Ab Oktober 2016 kam dann der Wechsel zur notifizierten Produktzertifizierungsstelle Brand in Nürnberg. Neben dem Tagesgeschäft ist sie seit 2012 als Referentin auf zahlreichen Veranstaltungen bzw. Seminaren für das ift unterwegs. Weiterhin ist sie seit 2017 auch ein fester Bestandteil im Messeteam und dort vorrangig für die Planung des Messestands zuständig.

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