Dasd Foto zeigt eine Frau im Rollstuhl, die mithilfe einer Fernbedienung die Tür in einer Wohnung öffnet.

Innentüren im Wandel der Zeit

Entwicklung von Qualitätsstandards und Anforderungen

Lesezeit: 7 Minuten

Die Erarbeitung von Qualitätsstandards für Innentüren hat in der deutschen Innentürindustrie eine lange Tradition und so sind Richtlinien und Einsatzempfehlungen entstanden, die an technische Entwicklungen angepasst wurden.

In Europa werden Normen im Arbeitskreis CEN/TC33/WG2 „Türen“ erarbeitet, um durch die Vereinheitlichung der Technischen Regeln einen Abbau der Handelshemmnisse zu erreichen. Die Normen sind aufgeteilt in Prüf-, Klassifizierungs- und Produktnormen. Die wichtigsten Produktnormen sind die E DIN EN 16034 – „Fenster, Türen und Tore mit Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften und die prEN 14351-2 – „Innentüren ohne Feuerwiderstand“, die zur Zeit noch in der Bearbeitung ist. Ein Abschluss der Arbeiten ist in Sicht, lässt sich aber aufgrund formaler Diskussionen mit der EU-Kommission noch nicht genau abschätzen. In Deutschland steht dem Normungskonzept mit den Güte- und Prüfbestimmungen für Innentüren, RAL GZ 426 – Teil 1 bis – Teil 4 ein privatrechtliches Regelwerk gegenüber.

Bewertung von Klimaeinflüssen

Ein häufiger Reklamationsgrund sind klemmende, schwer schließende und krumme Türen, da diese zur Verformung neigen, wenn in den getrennten Räumen ein unterschiedliches Klima herrscht. DIN EN 1121 definiert deshalb unterschiedliche Prüfklimaten, die zu einer Verformung der Türen führen können und gemäß DIN EN 12219 klassifiziert werden.

Tabelle 1    Prüfklimaten gemäß DIN EN 1121

Prüfklimaten

Geforderte Klimaten

RAL

 

DIN/ EN

Seite 1

Seite 2

Klasse

 

Lufttemperatur
q1 in °C

Rel. Feuchte (U)
j1 in %

Lufttemperatur
q2 in °C

Rel. Feuchte (U)
j2 in %

a/I

a

(23 ± 2)°C

(30 ± 5) %

(18 ± 2)°C

(50 ± 5) %

b/II

b

(23 ± 2)°C

(30 ± 5) %

(13 ± 2)°C

(65 ± 5) %

c/III

c

(23 ± 2)°C

(30 ± 5) %

(3 ± 2)°C

(85 ± 5) %

d

(23 ± 2)°C

(30 ± 5) %

(–15 ± 2)°C

keine Anforderungen

e

20°C min.
30°C max.

keine
Anforderungen

Bezugstemperatur
q3=q1°C+55°C
± 5°C

keine Anforderungen

Vergleicht man die Klimaanforderungen aus den Güte- und Prüfbestimmungen mit denen aus den EN Normen, so erkennt man, dass die Klimaten aus EN 1121 a, b und c identisch sind mit den genannten Klimaten und den Klassen I, II, III der RAL-GZ 426. Abweichend zu den Güte- und Prüfbestimmungen für Innentüren findet sich in der DIN EN 1121 zusätzlich das Prüfklima d und e. Diese sind aber eher für Außentüren gedacht. Die im Rahmen der Prüfung nach DIN EN 1121 ermittelten Verformungswerte werden dann gemäß DIN EN 12219 klassifiziert.

Tabelle 2    Maximal zulässige Verformung gemäß DIN EN 12219

Prüfparameter

Klasse 0 (x)
in mm

Klasse 1 (x)
in mm

Klasse 2 (x)
in mm

Klasse 3 (x)
in mm

Verwindung, T

*

8,0

4,0

2,0

Längskrümmung, B

*

8,0

4,0

2,0

Querkrümmung, C

*

4,0

2,0

1,0

Lokale Ebenheit

Ein ohne Zarge geliefertes Türblatt oder ein Türblatt als Teil eines Türelements muss den Anforderungen nach DIN EN 1530 entsprechen

*   = keine Anforderung, x = Prüfklima, das in DIN EN 1121 und/oder in DIN EN 1294 definiert ist

T  = (twist) endgültige Verwindung,

B  = (bow) absolute Differenz zwischen endgültiger und anfänglicher Verwindung oder Längskrümmung oder die tatsächliche absolute endgültige Verwindung oder Längskrümmung, je nachdem, welche größer ist

C  = (cup) endgültige Querkrümmung

Die Handhabung dieser Norm ist allerdings umständlich, weil die Verformungsklassen 0 bis 3 aus DIN EN 12219 kombiniert mit den Klimaten aus DIN EN 1121 viele Variationsmöglichkeiten zulassen. Eine eindeutige Zuordnung ist daher kaum möglich, denn dieselbe Konstruktion kann in verschiedene Klassen je nach Klima und Verformung eingeteilt werden. In den RAL Güte- und Prüfbestimmungen wurde deshalb für die Verformung der Türen (Längskrümmung) eine Abweichung aus der Bezugsgeraden (Twist) sowie der Absolutwert (Bow) für die Verformung auf 4 mm begrenzt. Darüber hinaus hat die RAL Gütegemeinschaft Innentüren in der RAL-GZ 426 für die häufig verbreiteten Türen aus Holz- und Holzwerkstoffen eine Einsatzempfehlung erarbeitet, aus der sich leicht die Einsatzklassen ermitteln lassen, in denen die unterschiedlichen Anforderungen berücksichtigt sind. Diese kann von Tischlern und Schreinern bei der Beratung gut verwendet werden, da sich Bauherren und Architekten selten mit den unterschiedlichen Normen im Detail befassen wollen.

Der Weg zum einfachen europaweiten Handel von Innentüren wird mit einer Einführung der Produktnorm EN 14351-2 „Innentüren ohne Feuerwiderstand“ möglich. Es wird natürlich national unterschiedliche Anforderungen geben, die einer CE-Kennzeichnung aber nicht im Wege stehen, sondern bei der Ausschreibung und Spezifikation der Türen eher behilflich sein werden. Bereits heute können  Innentüren nach europäischen Prüf- und Klassifizierungsnormen bewertet werden und die Ergebnisse in Form von Prüfberichten genutzt werden. Besondere Qualitätsanforderungen können durch privatrechtliche Zertifizierungen dokumentiert werden. Beispielsweise durch die Klassifizierung nach den Güte- und Prüfbestimmungen für Innentüren RAL-GZ 426 oder der ift-Produktzertifizierung für Innentüren. Die Prüfergebnisse werden nach den Regeln der europäischen Prüfnormen ermittelt und können später (nach Veröffentlichung der Produktnorm) für die Bestimmung der Leistungseigenschaften nach EN 14351-2 genutzt werden.

Neben den Anforderungen an die Verformung und Klimabeständigkeit werden an Türen von Seiten des Baurechts und von Kundenseite weitere Anforderungen gestellt, beispielsweise an die Barrierefreiheit, VOC-Emissionen und die Nachhaltigkeit. Dies gilt besonders für Objekttüren, bei denen weitere technische Anforderungen an den Schallschutz, die Einbruchhemmung, die Fähigkeit zur Freigabe oder an den Brandschutz bestehen können.

Die Tabelle beschreibt die verschiedenen Beanspruchungen für Wohnungs- und Objekttüren.
Einsatzempfehlungen der RAL Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 426 für Türblätter aus Holz und Holzwerkstoffen
Zu sehen ist das Foto einer Tür mit Markierungen sowie eine Tabelle, die 5 verschiedene Anforderungen an universale Innentüren genauer beschreibt.
Merkmale von barrierefreien Innentüren

Barrierefreiheit

Die Barrierefreiheit wird seit September 2011 in Deutschland in der DIN 18040 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen“ im Teil 1 für öffentliche Bauten und im Teil 2 für private Wohnungen geregelt und ersetzt die Normen DIN 18025-1/2. Damit einher geht auch ein Wertewandel, denn was früher noch abschätzig als „behindertengerechtes Bauen“ bezeichnet wurde, wird heutzutage als „Design for all“ oder „Universal Design“ beschrieben. Die Normen zeigen, unter welchen technischen Voraussetzungen eine bauliche Anlage barrierefrei ist. Grund für diese Entwicklung ist die rasant steigende Zahl älterer Menschen, die als kaufkräftige Generation 55plus Planer und Bauträger fordern. Laut der Studie „Wohnen im Alter“ des Bauministeriums besteht ein kurzfristiger Mehrbedarf von 2,5 Millionen altersgerechter und barrierefreier Wohnungen. Barrierefreies Bauen bringt einen Komfortgewinn für uns alle, so dass unabhängig von Alter und Gesundheitszustand die Nutzbarkeit und somit die  Lebensqualität deutlich verbessert wird. „Universell Design“ Produkte werden künftig den Kernmarkt darstellen und nicht länger Sonderprodukte für kleine Gruppen sein. Neue Produkte, so wie motorisch (kraftbetätigte) betriebene Türen, werden im Focus stehen. Hier sind dann abgestimmte Systeme gefragt, bei denen die Aspekte der Gebrauchstauglichkeit und Nutzungssicherheit berücksichtigt wurden.

VOC – Emissionen

Die Umsetzung der sehr allgemein formulierten Forderungen in der Bauproduktenverordnung bezüglich Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz wurden auf Produktebene bislang noch nicht umgesetzt, da entsprechende Vorgaben noch fehlen. Während auf europäischer Ebene intensiv an harmonisierten Vorgaben gearbeitet wird, sind in der Zwischenzeit in einigen Ländern bereits konkrete Anforderungen und Bewertungssysteme zum Emissionsverhalten von Bauprodukten entstanden. Insbesondere in Frankreich bestehen eindeutige Anforderungen mit entsprechenden Grenzwerten. Zudem existiert eine Vielzahl von freiwilligen Produktkennzeichnungssystemen. Dadurch entsteht bei den Herstellern von Innentüren und dem Handel eine Verunsicherung hinsichtlich der einzuhaltenden Anforderungen. Das ift Rosenheim hat gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Holzforschung (WKI) das Forschungsvorhaben „VOC-Emissionen von Innentüren“ durchgeführt. Die Ergebnisse des Vorhabens sind in einem Forschungsbericht zusammengefasst und bieten eine fachlich fundierte Grundlage für weitere Vorgehensweisen. Zudem werden zu den untersuchten Produkten Aussagen getroffen und bieten dem Hersteller Argumentation gegenüber Nachfragen von Verbrauchern und Architekten.

Zu sehen ist ein Label zum Thema Luftverschmutzung innerhalb vom Haus in französisch.
Anforderungen an VOC Emissionen in Frankreich

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist in aller Munde und Politiker fordern in Ihren Reden „nachhaltige Lösungen und Konzepte“. Der Duden beschreibt Nachhaltigkeit als „nur in dem Maße, wie die Natur es verträgt“. Im Baubereich kommt der Impuls von Bauherren, die nachhaltige Gebäude fordern, die entweder nach den internationalen Zertifizierungssystemen LEED und BREEAM oder den deutschen Systemen DGNB/BNB analysiert, dokumentiert und zertifiziert werden. Einher geht die Nachfrage nach entsprechenden Informationen für Bauelemente, die in der Ausschreibung auftauchen. Neben den technischen Produkteigenschaften wie Schallschutz oder Brandschutz werden auch ökologische Kriterien betrachtet, die in der Regel in einer EPD (Enivironmental Product Declaration – Umweltproduktdeklaration) beschrieben werden. Damit nicht jeder Tür- oder Fensterhersteller für seine Produkte eine eigene und kostenintensive EPD erstellen muss, hat das ift Rosenheim ein System entwickelt, mit dem dieser Nachweis auf Basis von Durchschnittswerten einfach ermittelt wird. Unternehmen, die die Vorteile ihrer Produkte herausstellen wollen, beispielsweise durch den überdurchschnittlichen Einsatz erneuerbarer Energien, eine besonders umweltschonende Herstellung oder einen effizienten Transport, können zusammen mit dem ift Rosenheim auch eine produkt- oder firmenspezifische EPDs erstellen.

Auch bei Innentüren bewahrheitet sich die alte Volksweisheit „Nichts ist verlässlicher als der Wandel“ und deshalb haben Hersteller, Tischler und Schreiner, die Veränderungen frühzeitig erkennen und nutzen, die Nase vorn.

Andreas Schmidt

ift Rosenheim

Andreas Schmidt ist seit 1994 Mitarbeiter am ift Rosenheim. Beginnend als Prüfingenieur im Bereich Türen und Tore war er als Projektingenieur und stellvertretender Prüfstellenleiter wie auch in der Produktzertifizierung tätig. Schwerpunkt ist nun das Produktmanagement im Geschäftsbereich Prüfung. Hier betreut er die Gebiete Innentüren und Tore. Er ist langjähriges Mitglied in nationalen und internationalen Ausschüssen der Normung, Technik und div. Verbänden. 

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