Das Foto zeigt den Wassereintritt über ein Fenster im Rah,en einer Bauteilprüfung im ift-Labor.

Fenstermontage in Wärmedämm-Verbundsystemen

Sichere Systeme für die RAL-Montage zur fachgerechten Befestigung, Lastabtragung, Abdichtung und zum Brandschutz

Lesezeit: 6 Minuten

2011 wurden in Deutschland rund 42,5 Mio. m² Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) im Gebäudebestand zur energetischen Sanierung sowie im Neubau verbaut (Quelle: Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme e.V., 76530 Baden-Baden). Über die letzten 10 Jahre betrachtet ein Plus um ca. 33 %, Tendenz weiterhin steigend.

Die Umsetzung eines fachgerechten und dauerhaften Baukörperanschlusses setzt voraus, dass sowohl Planender als auch Ausführender mit den Besonderheiten dieses Außenwandsystems vertraut sind. Erfahrungen aus der Gutachterpraxis zeigen jedoch, dass dem leider nicht immer so ist. Mängel oder Schäden sind bei diesem Außenwandsystem im Nachhinein zumeist nur mit hohem Aufwand zu beseitigen. Im Folgenden soll deshalb die Fenstermontage in Außenwänden mit außen angebrachtem Wärmedämm-Verbundsystem beleuchtet werden, und es werden Tipps zur Auswahl geeigneter Anschlussfugenmaterialien gegeben.

Besonderheiten von Außenwänden mit WDVS

Wärmedämm-Verbundsysteme bestehen aus mehreren Komponenten (Dämmstoff, Kleber, Dübel, Unterputz, Armierung, Oberputz, ggf. andere Beschichtungen oder Beläge) deren Verwendbarkeit durch eine Zulassung (ETAG Nr. 004) geregelt ist. Als Dämmstoffe kommen zumeist EPS-Hartschaumplatten (Anteil ca. 80 % am Gesamtvolumen) oder Mineralwolle (Anteil ca. 15 %) oder sonstige Dämmstoffe wie PUR-Hartschaumplatten, Holzweichfaserplatten, Kork, Mineralschaum (Anteil ca. 5 %) zum Einsatz. Sie werden, abhängig vom Untergrund und den zu erwartenden Einwirkungen, mittels Kleben und/oder Dübeln oder mittels einer Unterkonstruktion auf die unverputzte (Neubau) oder auch verputzte (Altbau) Außenwand aus Mauersteinen (Kalksandstein, Ziegel, Porenbeton usw.) oder Beton aufgebracht. Die Dämmstoffdicken liegen üblicherweise zwischen 100 mm und 200 mm.

Das WDVS trägt, neben der Wärmedämmung, zur Dauerhaftigkeit der Außenwand bei, da es einen zusätzlichen Schutz der Wand gegen Witterungseinflüsse bietet. Der Wetterschutz (vgl. Ebenenmodell, Ebene 3 in Bild 1) ist dabei durch die Putzschicht, die Beschichtung oder den Belag des WDVS sicher zu stellen, d. h. in der Dämmzone oder zwischen Dämmung und tragender Wand darf planmäßig keine Wasserführung stattfinden. Daraus folgt, dass Fugen, Durchdringungen und Bauteilanschlüsse mit geeigneten Dichtsystemen dauerhaft schlagregendicht in der Ebene der Putzschicht des WDVS auszuführen sind. Soweit die Theorie – in der Praxis zeigen sich jedoch häufig gerade an diesen Schnittstellen die Schwachstellen dieses Außenwandsystems.

Bei der 3D-Grafik handelt es sich um ein Ebenenmodell einer Außenwand. Markiert sind hierbei die Luftdichtheitsebene, der Funktionsbereich und der Wetterschutz.
Ebenenmodell am Beispiel einer Einbausituation in eine Außenwand mit WDVS
Zu sehen sind vier Grafiken von Querschnitten von Fenstern mit Außenwänden.
Einbaulagen von Fenstern in Außenwänden mit WDVS

 

 

 

Folgende Besonderheiten sind bei der Fenstermontage in Außenwänden mit WDVS zu berücksichtigen:

  • Einbaulage des Fensters (Bild 3):

Die wärme- und feuchtetechnisch günstigste Einbaulage befindet sich im Bereich mauerkantenbündig bis zum ersten Drittel der Dämmzone. Im Altbau ist eine Einbaulage in der Mauerleibung häufig durch bauliche Gegebenheiten vorgegeben. Die Leibungen sind zu dämmen, die Blendrahmenbreiten sind für eine ausreichende Überdämmung vorzurichten. Wenn auch aus technischer Sicht nicht empfohlen, so werden dennoch aus architektonischen Gründen auch mit dem WDVS außen bündige Einbausituationen gefordert. Diese Ausführung birgt ein hohes Schadenspotenzial und ist daher mit besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Befestigung und Abdichtung zu planen und auszuführen.

Zu sehen sind zwei Grafiken als Querschnitt, die die Befestigungsmöglichkeiten bei Einbaulagen vor der tragenden Wandkonstruktion.
Befestigungsmöglichkeiten bei Einbaulagen vor der tragenden Wandkonstruktion
  • Baufolge, stärkere Gewerkever­flechtung:

Im Regelfall wird das WDVS erst nach der Fenstermontage ausgeführt. D. h., der äußere schlagregendichte Anschluss kann – abweichend zum Regelfall – nicht im Rahmen der Fenstermontage hergestellt werden. Es kann hier allenfalls ein temporärer Schutz der Fuge zur angrenzenden Wand erfolgen. Der schlagregendichte Anschluss ist durch den WDVS-Verarbeiter auszuführen. Häufig sind diesem Gewerk jedoch die zu erwartenden Bewegungen in der Anschlussfuge nicht bekannt. Die Schnittstelle ist im Vor­feld zu planen und zu koordinieren.

  • Materialauswahl und Verarbeitung:

Erfahrungsgemäß führen häufig eine ungeeignete Materialauswahl bei der Befestigung und Abdichtung sowie eine unzureichende Verarbeitung zu Mängeln und Schäden. Typische Fehler sind dabei eine fehlende Diagonalarmierung des WDVS in den Ecken der Fensteröffnung, eine unzureichende Befestigung des Fensters im seitlichen Bereich zur Aufnahme der Horizontallasten bei Einbaulagen in der Dämmzone sowie eine unzureichende Ausführung und Einbindung der Fensterbank in das WDVS.

Geeignete Befestigungssysteme

Die Auswahl geeigneter Befestigungssysteme richtet sich im Wesentlichen nach:

  • den planmäßig zu erwartenden Belastungen,
  • der vorgegebenen Einbaulage,
  • dem gegebenen Befestigungsgrund,
  • den erforderlichen Randabständen,
  • dem Rahmenwerkstoff der Fensterelemente.

Bei Einbaulagen vor der tragenden Wandkonstruktion sind Befestigungssysteme erforderlich, die sowohl Lasten rechtwinkelig zur Fensterebene als auch vertikal und horizontal in Fensterebene aufnehmen und in den tragenden Baugrund ableiten können. Zu beachten ist insbesondere die Hebelwirkung am Befestigungssystem mit zunehmender Auskragung. Bei gemauerten Außenwänden dürfen im Brüstungsbereich durch das Befestigungssystem keine Zug­spannungen rechtwinkelig zu den Lagerfugen hervorgerufen werden, um ein Herauskippen einzelner Steine aus dem Verband auszuschließen. Hier kann z. B. der Einsatz von Vorabzargen Abhilfe schaffen.

Zur fachgerechten Fensterbefestigung und über die Beurteilung von Befestigungssystemen wurde bereits zu den letztjährigen Fenstertagen berichtet, so dass im Weiteren darauf verwiesen wird.

Das Foto zeigt den Wassereintritt über ein Fenster im Rah,en einer Bauteilprüfung im ift-Labor.
Wassereintritt über den unteren Abschluss eines Fens¬ters im Rahmen einer Bauteilprüfung im Labor des ift

Geeignete Abdichtungssysteme

Die Auswahl geeigneter Abdichtungssysteme richtet sich im Wesentlichen nach:

  • den zu erwartenden Bewegungen und Belastungen,
  • der Beschaffenheit der Fugenflanken,
  • der Fugengeometrie und den angrenzenden Materialien,
  • den vorhandenen Toleranzen,
  • ggf. gestalterischen Belangen (bei Sichtfugen).

Bei WDVS-Anschlüssen kommen in der Regel vorkomprimierte Dichtungsbänder und Anputzdichtleisten als Systemkomponenten zum Einsatz. Vorkomprimierte Dichtungsbänder können nach DIN 18542 beurteilt und klassifiziert werden. Die Eignung und das Leistungsvermögen von Anputzdichtleisten sollten über entsprechende Prüfungen nach ift-Richtlinie MO-01/1, Baukörperanschluss von Fenstern, Verfahren zur Ermittlung der Gebrauchstauglichkeit von Abdichtungssystemen, nachgewiesen sein.

Temporäre Abdichtungsmaßnahmen zwischen Fenster und tragender Wand im Rahmen der Fenstermontage dürfen die fachgerechte Ausführung des WDVS nicht behindern. Liegt die Abdichtung im kalten Bereich, muss sie ausreichend diffusionsfähig sein.

Besonderes Augenmerk ist auf die Ausführung und Einbindung der Außenfensterbank zu legen. In der Praxis stellt sich dieses Detail häufig als besondere Schwachstelle dar (Bild 4). Um dem entgegenzuwirken, wurde von der Gütegemeinschaft Wärmedämmung von Fassaden in Zusammenarbeit mit Herstellern und Vertretern der angrenzenden Gewerke das Merkblatt Empfehlungen für den Einbau/Ersatz von Metall-Fensterbänken (WDVS-Fassade) grundlegend überarbeitet. Darin werden die Anforderungen und Ausführungsempfehlungen aufgezeigt.

Die Tabelle ist bei den Spalten beschriftet mit "Anwendungsfall" und "Forderung an das Brandverhalten von WDVS".
Anforderungen an das Brandverhalten von WDVS

Anforderungen zum Brandschutz

Nach den Forderungen der Landesbauordnungen müssen die verwendeten Baustoffe und damit auch die eingesetzten Materialien zur Anschlussfugenausbildung bezüglich des Brandverhaltens nachweislich mindestens der Baustoffklasse B 2 gemäß DIN 4102 bzw. der Klasse E nach EN 13501-1 genügen.

An WDVS werden Mindestanforderungen aus den Landesbauordnungen in Abhängigkeit der Gebäudehöhe und Gebäudeklasse gestellt, wie Tabelle 1 zu entnehmen ist.

Fazit

Außenwände mit WDVS sind seit mehr als drei Jahrzehnten mit zunehmendem Anteil in der praktischen Ausführung, Tendenz weiter steigend.

Die Kenntnis der Besonderheiten dieses Außenwandsystems ist Voraussetzung, um die dauerhafte Gebrauchstauglichkeit der Fenster und der Gebäudehülle zu gewährleisten.

Der Schlüssel zum Erfolg ist neben einer guten Planung eine ebenso gute Qualität der Produkte und der Dienstleistung der Ausführenden.

Bei der Materialauswahl zeigt die Praxis, dass es sich empfiehlt, auf geprüfte Produkte zurückzugreifen – im Rahmen der RAL-gütegesicherten Montage ein Muss.

Literatur

  1. Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren, Gütegemeinschaften Fenster und Haustüren 2010
  2. Merkblatt Nr. 21, Technische Richtlinien für die Planung und Verarbeitung von Wärmedämm-Verbundsystemen, Bundesausschuss Farbe und Sachwertschutz
  3. ift-Richtlinie MO-01/1
    Baukörperanschluss von Fenstern, Teil 1: Verfahren zur Ermittlung der Gebrauchstauglichkeit von Abdichtungssystemen
    ift Rosenheim 2007
  4. Empfehlungen für den Einbau/Ersatz von Metall-Fensterbänken (WDVS-Fassade), Gütegemeinschaft Wärmedämmung von Fassaden e.V.
  5. Technische Systeminfo 6
    Wärmedämm-Verbundsysteme zum Thema Brandschutz
    Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme e.V.

Wissenswertes in Kürze

Fenstermontage in Wärmedämm-Verbundsystemen

  1. Im Jahr 2011 wurden in Deutschland rund 42,5 Mio. m² Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) im Gebäudebestand zur energetischen Sanierung sowie im Neubau verbaut, Tendenz weiter steigend.
  2. Die Kenntnis der Besonderheiten für die Fenstermontage, die in Verbindung mit diesem Außenwandsystem zu berücksichtigen sind (Lage der Funktionsebenen, Einbaulagen, Baufolge), ist Voraussetzung für einen fachgerechten, dauerhaften Baukörperanschluss.
  3. Bei Einbaulagen in der Dämmzone muss die Ableitung der einwirkenden Kräfte in den tragenden Baugrund durch spezielle Befestigungssysteme
    sichergestellt werden.
  4. Den Wetterschutz im Bereich der Außenwand bilden Putzschicht, Beschichtung oder Belag des WDVS. Fugen, Durchdringungen und Bauteilanschlüsse müssen deshalb dauerhaft schlagregendicht bei der Ausführung des WDVS ausgeführt werden. Temporäre Abdichtungsmaßnahmen im Zuge der Fenstermontage dürfen die fachgerechte Ausführung des WDVS nicht behindern.
  5. Der Schlüssel zum Erfolg ist neben einer guten Planung und Koordination der Schnittstellen eine ebenso gute Qualität der Produkte und der Dienstleistung der Ausführenden.

Der Einsatz geprüfter Produkte mit nachgewiesener Eignung zahlt sich in der Praxis aus. Im Rahmen der RAL-gütegesicherten Montage ist dies eine Pflichtvorgabe.

Wolfgang Jehl

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Jehl ist im ift Rosenheim als Produktmanager für den Bereich äußere Abschlüsse, Materialien für den Baukörperanschluss sowie geklebte Verglasungen tätig. Als Hauptverfasser des Montageleitfadens und diverser Richtlinien sowie als langjähriger Gutachter gilt er als führender Experte auf diesem Gebiet. Als Referent und Autor sowie in verschiedenen Normungsgremien gibt er seine Erfahrung an die Branche weiter

Lösungen aus diesem Themenbereich

Artikel aus diesem Themenbereich