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Ein Mangel liegt vor, wenn die Sache/das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache/das Werk mangelhaft, wenn sich die Sache/das Werk nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen/Werken der gleichen Art üblich ist und die der Käufer/Besteller erwarten kann.
Die vorstehende Definition eines Mangels findet sich im Kaufrecht in § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), im Werksvertrags-recht in § 633 Abs. 2 BGB.
Die vorstehende Definition zeigt, dass das BGB den Begriff des Mangels definiert, nicht jedoch den Begriff des „verdeckten Mangels“.
Unter einem „verdeckten Mangel“ wird gemeinhin der Mangel verstanden, der sich nicht unmittelbar bei der Übergabe der Sache/Abnahme des Werkes zeigt, sondern erst später zu Tage tritt. Es stellt sich dann regelmäßig die Frage, ob der Mangel noch geltend gemacht werden kann. Bei der Beantwortung dieser Frage kommt es grundsätzlich darauf an, ob die Frist für Mängelansprüche noch läuft oder ob bereits Verjährung eingetreten ist.
Die vorstehend genannte Frist beträgt im Werkvertragsrecht grundsätzlich fünf Jahre und im Kaufrecht ebenfalls fünf Jahre bei einem Bauwerk und bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist.
Im Rahmen eines Handelsgeschäfts kommt dem „verdeckten Mangel“ eine weiterreichende Bedeutung zu: Gemäß § 377 Handelsgesetzbuch (HGB) ist der Käufer eines Handelsgeschäftes verpflichtet, die Ware unverzüglich nach deren Ablieferung zu untersuchen und dem Verkäufer unverzüglich anzuzeigen, wenn sich ein Mangel zeigt. Unterlässt der Käufer die Anzeige, gilt die Ware als genehmigt, mit der Folge, dass der Käufer seine Mängelrechte verliert. Etwas anderes gilt dann, wenn es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung „nicht erkennbar“ war.
Nicht erkennbare/verdeckte Mängel sind hiernach Mängel, die bei einer ordnungsgemäßen Untersuchung nicht in Erscheinung getreten sind oder falls eine solche Untersuchung unterlassen wurde, bei einer solchen Untersuchung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in Erscheinung getreten wären (vgl. Müller in Ebenroth/Bouyong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, Band 2, § 377 Rdnr. 119, 2. Aufl. 2009).
Kaufrecht ist auf sämtliche Verträge mit einer Verpflichtung zur Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen anzuwenden. Verträge, die allein die Lieferung von herzustellenden beweglichen Bau- oder Anlagenteilen zum Gegenstand haben, sind nach Kaufrecht zu beurteilen. Die Zweckbestimmung der Teile, in Bauwerke eingebaut zu werden, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn Gegenstand des Vertrages auch Planungsleistungen sind, die der Herstellung der Bau- und Anlagenteile vorauszugehen haben und nicht den Schwerpunkt des Vertrages bilden (BGH, Urteil vom 23.07.2009, Az.: VII ZR 151/08).
Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 377 HGB trifft auch den Zwischenhändler. Insoweit sind jedoch weniger strenge Anforderungen zu stellen als an einen Verarbeiter. Insbesondere kann die Branchenüblichkeit von Untersuchungen bei Zwischenhändlern anders zu beurteilen sein als die Branchenüblichkeit derselben Untersuchungen desselben Produkts im verarbeitenden Gewerbe (OLG Nürnberg, Urteil vom 25.11.2009 - 12 U 715/09).
Die Klausel „Beanstandungen können nur innerhalb von drei Tagen nach Empfang der Ware berücksichtigt werden“ ist aus AGB-rechtlicher Sicht unwirksam, weil der Vertragspartner dadurch unangemessen benachteiligt wird. Eine Unterscheidung danach, ob der beanstandete Mangel ohne weiteres erkennbar oder ob er verborgen war, wird nicht vorgenommen. Ein Verlust des Mängelrechts mit der Folge des Anspruchsverlustes ist grundsätzlich nur dann zu rechtfertigen, wenn der Besteller oder Käufer zumutbaren, zur redlichen Abwicklung des Vertrages gebotenen Obliegenheiten nicht nachkommt (BGH, Urteil vom 10.10.1991 - III ZR 141/90).
Ob ein Mangel erkennbar ist, gehört zum fachlichen Aufgabenbereich eines Bausachverständigen. Die Erkennbarkeit von Mängeln kann im Wege eines selbstständigen Beweisverfahrens durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens festgestellt werden (BGH, Beschluss vom 08.10.2009, V ZB 84/09). Ob eine bestimmte Person den Mangel tatsächlich erkannt hat, obliegt dagegen der freien Beweiswürdigung des Gerichts.