ift Rosenheim: Qualität auf dem Prüfstand

Institut zur Prüfung und Zertifizierung von Bauprodukten, Sicherheitstechnik und Schutzausrüstung

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Bei der Erstellung von Gebäuden ist in der Planungsphase die Längsschalldämmung, d. h. die Schallübertragung über flankierende Bauteile, eine wichtige Größe, um die geforderte Durchgangsdämmung des trennenden Bauteils, also Wand oder Decke, nicht zu verringern.

Bild 1 zeigt prinzipiell die Übertragungswege, die zur resultierenden Schalldämmung beitragen können.

Anfragen beim ift Rosenheim zeigen, dass bei der Planung der Flanke „Glasfassade“ die Frage der Längsschalldämmung häufig auf die trennenden Pfostenprofile reduziert wird; dies erfasst jedoch nur teilweise die Aufgabenstellung. Zwar stellt das Pfostenprofil in vielen Fällen einen Schwachpunkt dar, jedoch ist die Gesamtkonstruktion und insbesondere die Verglasung eine ebenso wichtige Größe, um die erforderliche Längsschalldämmung zu gewährleisten. Nur bei einer Betrachtung der Gesamtkonstruktion können Planungsfehler zuverlässig vermieden werden.

Durch Prüf- und Forschungstätigkeit hat das ift Rosenheim in den letzten Jahren umfangreiche Untersuchungen zur Längsschalldämmung durchgeführt [1, 5, 6], deren wichtigste Erkenntnisse, gefolgt von einer kleinen Einführung in die relevanten Normen und Begriffe, hier wiedergegeben werden sollen.

Anforderungen und Nachweise

Anforderungen an die Schalldämmung werden in Deutschland nach DIN 4109 gestellt. Die Anforderungen an trennende Bauteile (Wände und Decken) werden derzeit dargestellt als

erforderliches resultierendes Schalldämm-Maß erf. R’w.

Diese Anforderung kennzeichnet die Schalldämmung des trennenden Bauteils mit Berücksichtigung aller Nebenwege, d. h. die Flankenschallübertragung ist mit zu berücksichtigen. Als Nachweismöglichkeit bietet DIN 4109 mit dem vereinfachten und rechnerischen Nachweis zwei Möglichkeiten an:

Vereinfachter Nachweis

Rw,R     ³ erf R’w + 5 dB und

RL,w,R,i ³ erf R’w + 5 dB

Das heißt, dass die Luftschalldämmung der Wand/Decke und die Längsschalldämmung der flankierenden Bauteile 5 dB höher als die Anforderung sein muss.

Rechnerischer Nachweis

   mit in situ Korrektur

 

l0 = 4,5 m für Decken, 2,8 m für Wände, S0 = 10 m²

Hinweis

Die Bezeichnung RL,w wurde zwischenzeitlich durch Dn,f,w ersetzt, was bewertete Norm-Flankenpegeldifferenz bedeutet; die Zahlenwerte sind jedoch gleich.

Die Nachweisführung kann durch Prüfung im Labor, durch Tabellennachweise in Beiblatt 1 zu DIN 4109 oder, im Einzelfall, durch Abnahmemessungen am Bau erfolgen.

Künftige Nachweise

Das Nachweisverfahren in DIN 4109 wird in absehbarer Zeit durch das harmonisierte Rechenverfahren nach DIN EN 12354 ff ersetzt. Für Glasfassaden ist der rechnerische Nachweis im Wesentlichen mit dem bislang ebenfalls bekannten rechnerischen Nachweis vergleichbar, so dass sich für Glasfassaden keine grundsätzlichen Änderungen ergeben.

Dies wurde vom ift Rosenheim in einem Forschungsvorhaben nachgewiesen [6], in dem gezeigt wurde, dass die mechanische Ankopplung an das trennende Bauteil vernachlässigt werden kann. Voraussetzung ist ein gegen Fugenschall dichter Baukörperanschluss.

Als Eingangsdaten müssen Längsschalldämm-Maße und Labor-Prüflängen vorliegen.

Schallübertragungswege bei Glasfassaden

Detaillierte Untersuchungen zur Längsschalldämmung von Glasfassaden haben ergeben, dass die Befestigung der Fassade an das trennende Bauteil (Trennwand oder Trenndecke), beispielsweise mit Montagewinkeln, keinen Einfluss auf die resultierende Schalldämmung bzw. die Längsschalldämmung hat [6]. Die verzweigenden Wege Df und Fd aus Bild 1 können demnach für die Betrachtung von Glasfassaden vernachlässigt werden (Bild 2).

Zur Planung der Fassadenkonstruktion ist als wesentliche Einflussgröße die reine Flankenschalldämmung (Weg Ff aus Bild 1) zu betrachten. Einflussgrößen sind bei Glasfassaden unter anderem die Profilausbildung (Material, Querschnitte, Anordnung), die Übertragungsrichtung und die innere Scheibe der Verglasung.

Bei der Ausbildung der Anschlussfuge zwischen Fassade und trennendem Bauteil ist somit die Vermeidung von Fugenschallübertragung die wichtigste Planungsgröße. Die Fuge muss also dauerhaft dicht sein, d. h. das Abdichtungssystem muss auf die zu erwartenden Bewegungen und die Haftflächen von trennendem Bauteil und Fassade abgestimmt werden. Weiterhin muss die Fuge mit etwas Masse versehen werden, um die Dämmung des Dichtungsquerschnittes zu erhöhen.

Zusammengefasst können nachfolgende Konstruktionsmerkmale als Einflussgröße zur Planung der Flankenschalldämmung genannt werden:

  • Rahmenmaterial,
  • Profilgeometrie und Profilanordnung,
  • Verglasungssystem, innere Scheibe,
  • Trennung im Bereich des Anschlusses,
  • Schallübertragungsrichtung horizontal/vertikal,
  • (Fugen-)Dichtigkeit der Anschlüsse.

Horizontale Schallübertragung

Bei der Betrachtung der Schallübertragung über Glasfassaden von Raum zu Raum in horizontaler Richtung ist die Profilgestaltung des Anschlussprofils eine wesentliche Einflussgröße. Vergleichende Messungen an Fassaden und Profilen zeigen, dass die Profile als eigenständige Einflussgröße betrachtet werden können, wie in Bild 3 dargestellt.

Die eigentliche Längsschalldämmung kann also getrennt von der Profilschalldämmung betrachtet werden. Um diese Aussage zu verdeutlichen, wird nachfolgend eine vergleichende Betrachtung zur Längsschalldämmung durchgeführt.

Zuordnung der Profilschalldämmung

In der Diskussion um die Längsschalldämmung ergibt sich häufig die Fragestellung, wie die Profilschalldämmung zu bewerten ist. Zum einen ist das Profil ein trennendes Element, dem eine Transmissionsdämmung zugeordnet werden kann. Zum anderen ist es ein Bestandteil der Fassade, die das trennende Bauteil (Wand) flankiert.

Die resultierende Schalldämmung R’w setzt sich aus den Transmissionsgraden bzw. den zugehörenden Schalldämm-Maßen RDd,w, also der Durchgangsdämmung durch das trennende Bauteil und RFf,w, der Flankenschalldämmung der einzelnen Komponenten zusammen. Dabei ist es unwichtig, ob das Profil als trennendes Bauteil oder als Bestandteil der Fassade betrachtet wird.

Wichtig ist, dass die Schalldämmung des Profils berücksichtigt wird.

Vertikale Schallübertragung

Die Flankenübertragung in vertikaler Richtung ist bei Glasfassaden zu beachten, die vor der Decke durchlaufend eingebaut werden. Die Übertragung ist bei diesen Konstruktionen komplexer, so dass eine Trennung in Profilschalldämmung und Längsschalldämmung – analog zur horizontalen Flankenübertragung – leider nicht möglich ist.

Die Betrachtungen der Längsschalldämmung in vertikaler Richtungen können also nur für ein Gesamtsystem durchgeführt werden. Bei diesen Konstruktionen ist besonders auf eine Trennung der durchlaufenden Pfostenprofile zu achten.

Zusammenfassung

Die Längsschalldämmung von Glasfassaden wird im Wesentlichen durch die Rahmenprofile und die verwendete Verglasung beeinflusst. Hingegen sind die Einflüsse der mechanischen Anbindung an den Baukörper nicht relevant, sofern die dauerhafte Dichtigkeit des Baukörperanschlusses gewährleistet ist.

Es zeigt sich, dass bei horizontaler Schallübertragungsrichtung die Schalldämmung der Profile gesondert betrachtet werden kann. Sofern die Profilschalldämm-Maße bekannt sind, kann anhand dieser Daten eine Planung der resultierenden Schalldämmung zwischen beiden Räumen durchgeführt werden. Mit dieser Erkenntnis ist eine Entwicklung von Anschlussprofilen nun möglich, deren Transmissionsdämmung die Anforderungen erfüllt.

Literaturverzeichnis

  1. Schumacher, R.:
    Längsschalldämmung von Fassaden.
    Projekt des ift Rosenheim, 1993
  2. Schumacher, R.:
    Zur Längsschalldämmung von Fassaden.
    DAGA Saarbrücken, 1995
  3. Schumacher, R.; Saß, B.:
    Vertical flanking sound transmission loss by timber-frame-glass-facades.
    DAGA Berlin, 1999
  4. Schumacher, R.; Saß, B.:
    Flanking sound transmission by timber-framed-glass facades.
    J. Building acoustics Vol. 6, No. 3&4, Essex, 1999
  5. Schmid, J.; Schumacher, R.; Niedermaier, P.; Hoeckel, C.; Götz, M.; Saß, B.:
    Konstruktionsgrundlagen für mehrgeschossige Holzfassaden.
    Bericht des ift Rosenheim, 1999
  6. Schumacher, R.; Saß, B.; Pütz, M.:
    Überprüfung des Einflusses von Stoßstellen bei Fassaden.
    Bericht des ift Rosenheim, 2000
  7. DIN EN 12354-1 : 2000-12
    Bauakustik – Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften – Teil 1: Luftschalldämmung zwischen Räumen
  8. Bächle, M.:
    Verbesserung der Schalldämmung von Pfosten-Riegel-Profilen.
    Diplomarbeit an der Fachhochschule Rosenheim/ift, 2001
  9. Schumacher, R.; Saß, B.:
    Vertikale Längsschalldämmung bei Aluminium-Glas-Fassaden.
    DAGA, Schumacher, R.; Saß, B. 2002

Bernd Saß

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Bernd Saß ist seit 1993 Mitarbeiter am ift Rosenheim. 2001 wurde er Prüfstellenleiter für den Bereich Bauakustik; seit 2004 ist er stellvertretender Prüfstellenleiter des ift-Labors Bauakustik. Er ist „Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern für Schallschutz von Fenstern, Türen, Toren und Verglasungen“. Er ist Referent, Fachautor und Mitglied in verschiedenen Norm- und Fachausschüssen.

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