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Angesichts der zunehmenden Hitzewellen und der sich verschärfenden Auswirkungen des Klimawandels ist es von entscheidender Bedeutung, effektive Strategien zu entwickeln, um Gebäude vor Überhitzung zu schützen und den Komfort der Bewohner zu gewährleisten. Der Klimawandel verursacht extreme Wetterbedingungen und beeinflusst damit die Anfor-derungen an den sommerlichen Wärmeschutz. Dabei spielen die Produkteigenschaften der Bauelemente eine ebenso wichtige Rolle wie die Anpassung des sommerlichen Wärme-schutzes an die veränderten klimatischen Bedingungen.

(Quelle: https://opendata.dwd.de; regional_averages_tm_summer.txt)
Klimawandel – Veränderungen in Deutschland
Seit 1881 haben wir in Deutschland einen Temperaturanstieg von 2,6 °C erlebt. Diese Erhöhung der Durchschnittstemperatur geht mit verschiedenen weiteren klimatischen Veränderungen einher: Starkregenereignisse haben seit 1951 um 5 % zugenommen, während der winterliche Niederschlag um 27 % gestiegen ist. Schnee hingegen wird immer seltener, was sich in einem Rückgang der Schneetage um 49 % niederschlägt. Der Vegetationsbeginn erfolgt mittlerweile drei Wochen früher als noch vor einigen Jahrzehnten, und die Sonnenscheindauer hat seit 1981 um 17 % zugenommen. Gleichzeitig verzeichnen wir einen Rückgang der kalten Tage um 49 % und einen drastischen Anstieg der heißen Tage um 196 %.
Diese klimatischen Veränderungen haben unmittelbare Auswirkungen auf den sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz. Besonders der sommerliche Wärmeschutz stellt eine immer größere Herausforderung dar. Steigende Temperaturen führen zu einem erhöhten Bedarf an Gebäudekühlung, was nicht nur den Komfort der Bewohner beeinträchtigt, sondern auch den Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen erhöht. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, sind effektive Sonnenschutzmaßnahmen unerlässlich. Diese Maßnahmen schützen nicht nur vor Überhitzung, sondern tragen auch zur Senkung des Energieverbrauchs bei.
Zunahme der Hitzetage und Prognosen
Die Anzahl der Hitzetage, definiert als Tage mit Temperaturen über 30 °C, nimmt kontinuierlich zu und wird voraussichtlich weiter ansteigen. In der Region Karlsruhe wurden zwischen 1961 und 1990 jährlich durchschnittlich bis zu sieben solcher Hitzetage verzeichnet. Im Zeitraum von 1991 bis 2020 hat sich diese Zahl bereits auf bis zu 13 Tage erhöht. Nach Prognosen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung könnte die Anzahl der Hitzetage in Karlsruhe bis zum Jahr 2060 sogar auf bis zu 31 Tage ansteigen. Diese alarmierenden Zahlen verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, sich auf zunehmende Hitzewellen vorzubereiten und geeignete Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz von Gebäuden zu ergreifen.
Die Bedeutung des Wärmeschutzes für unsere Gesellschaft
Überhitzung stellt eine reale Gefahr für die Gesundheit und das Leben dar. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts aus dem Oktober 2022 können in Sommern mit Hitzewellen bis zu 10.000 Todesfälle in Deutschland auftreten. Eine Untersuchung des Barcelona Institute for Global Health aus dem Jahr 2022 hat zudem 8.173 Hitzetote für Deutschland festgestellt. Diese erschreckenden Zahlen unterstreichen die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Bekämpfung der Überhitzung und zur Anpassung an die sich verändernden klimatischen Bedingungen.
Der Gebäudesektor spielt hierbei eine Schlüsselrolle. Langfristig ist es unabdingbar, die CO2-Emissionen zu reduzieren und den Energieverbrauch zu senken. Dies erfordert einerseits die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden, andererseits jedoch auch eine erhöhte Nachfrage nach Gebäudekühlung, um die Innentemperaturen auf einem erträglichen Niveau zu halten.

(Quelle: © Brebca – stock.adobe.com)
Klimasimulationen und ihre Auswirkungen auf den sommerlichen Wärmeschutz
Potsdam gilt als Referenzklima für Deutschland. Auf Basis von Klimadaten von 1961 bis heute wurden mittlere Zukunftsszenarien simuliert, die zukünftige extreme Sommer beschreiben. Der Vergleich mit dem Sommer 2023 zeigt, dass dieser bereits nahe an den prognostizierten Extremereignissen liegt: 61 Sommertage mit Temperaturen über 25 °C, 20 heiße Tage mit Temperaturen über 30 °C und drei Tropennächte mit Temperaturen über 20 °C. Diese Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit von Anpassungsmaßnahmen.
Veränderungen der Klimaregionen und ihre Bedeutung für den Wärmeschutz
Die Testreferenzjahre, die auf den Klimadaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) basieren, bieten detaillierte Einblicke in die klimatischen Veränderungen in Deutschland. Eine neue Karte aus dem Jahr 2015, die auf der Auswertung von 360.000 km² und 33.321 Datensätzen basiert, zeigt signifikante Verschiebungen der Klimaregionen. Besonders auffällig ist die deutliche Reduzierung des Anteils der Klimaregion A, insbesondere entlang der Ostseeküste, während die Klimaregion C in Bayern und Brandenburg an Bedeutung gewinnt.
Diese Veränderungen haben erhebliche Auswirkungen auf die Planung und Anpassung von Gebäuden. Insbesondere die Simulation für das Jahr 2045 prognostiziert, dass die Klimaregionen A und B nahezu vollständig verschwinden werden. Dies erschwert den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes erheblich, der in Zukunft stark von der Größe und Beschaffenheit der Glasflächen der Gebäude sowie deren Sonnenschutzeigenschaften abhängen wird.
Nachweisverfahren für den sommerlichen Wärmeschutz
Der sommerliche Wärmeschutz ist normativ in der DIN 4108-2 geregelt. Diese Norm definiert Mindestanforderungen an den Wärmeschutz, der verbindlich nachzuweisen ist. Besonders in Neubauten und bei grundlegenden Sanierungen ist der Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes gemäß GEG erforderlich.
Es gibt zwei Verfahren zum Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes – entweder über das vereinfachte Sonneneintragskennwerte-Verfahren oder durch thermische Gebäudesimulation. Letztere bewertet die Übertemperatur-Gradstunden, also die Summe der Stunden, in denen die Raumtemperatur über einem festgelegten Grenzwert liegt. In beiden Fällen wird immer der ungünstigste Raum im Gebäude untersucht, um sicherzustellen, dass das Ergebnis auf das ganze Gebäude übertragen werden kann.
Das vereinfachte Verfahren vergleicht den vorhandenen solaren Energieeintrag bezogen auf die Netto-Grundfläche (Svorh) des ungünstigsten Raumes mit einem maximal zulässigen Eintragskennwert (Szul), der sich aus der Summe der einzelnen Sonneneintragsanteile nach den Vorgaben der DIN 4108-2 ergibt.
Die Anteile der einzelnen Sonneneintragskennwerte für die Berechnung von Szul sind abhängig von:
– Nachtlüftung (z. B. n ≥ 2 h⁻¹ oder n ≥ 5 h⁻¹),
– grundflächenbezogene Fensterfläche,
– Sonnenschutzglas-Bonus,
– Fensterneigung (z. B. Dachflächenfenster),
– Raumorientierung (Bonus für Nordorientierung),
– Bauart (leicht, mittel, schwer).

Fazit
Der sommerliche Wärmeschutz wird angesichts der zunehmenden Hitzetage und der Auswirkungen des Klimawandels zu einer immer wichtigeren Aufgabe. Gebäude müssen so geplant und ausgestattet werden, dass sie sowohl im Sommer als auch im Winter optimalen Schutz bieten. Dies erfordert nicht nur innovative Produkte und Technologien, sondern auch ein tiefes Verständnis der klimatischen Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Bauweise.
Fenster spielen hierbei eine zentrale Rolle im sommerlichen Wärmeschutz. Im Winter können gut geplante Fenster die Heizkosten durch solare Gewinne senken, im Sommer hingegen muss der Wärmeeintrag durch effektive Sonnenschutzeigenschaften minimiert werden. Dies kann durch spezielle Sonnenschutzgläser und effektive Verschattungssysteme erreicht werden.
Nur durch eine Kombination aus effektiven Sonnenschutzmaßnahmen, einer angepassten Bauweise und einer kontinuierlichen Überprüfung und Anpassung an die aktuellen Klimadaten können wir den Herausforderungen des Klimawandels erfolgreich begegnen und den Komfort und die Sicherheit der Bewohner gewährleisten.
Literatur
- DIN 4108-2:2013-02
Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden - Teil 2:
Mindestanforderungen an den Wärmeschutz.
DIN Media GmbH, Berlin - Schlitzberger, Dr. Stephan:
Sommerlicher Wärmeschutz unter Berücksichtigung des Klimawandels;
Überarbeitung der DIN 4108-2.
Rosenheimer Fenstertage 2023 - opendata.dwd.de;
regional_averages_tm_summer.txt
Normen(-auszüge) sind mit Kenntnis des DIN Deutsches Institut für Normung e.V. veröffentlicht. Maßgebend für das Anwenden der DIN-Norm ist deren Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der DIN Media GmbH, Am DIN-Platz, Burggrafenstr. 6, 10787 Berlin, erhältlich ist.