Muster einer Verklebung eines Glaselements

Transparenz in Holz mit Qualität und Sicherheit

Holz-Glas-Verbundelement (HGV) mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung vereinfacht Planung und Nutzung

Lesezeit: 6 Minuten

Architekten und Bauherren schätzen Glasfassaden und Fenstersysteme mit hoher Transparenz, geringen Profilbreiten bei gleichzeitig einfacher Planung und Anwendung sowie hoher Gebrauchstauglichkeit und Energieeffizienz.

Zeigt die hohe Transparenz und Witterungsbeständigkeit von einem HGV-System
Bild 1: Hohe Transparenz und Witterungsbeständigkeit außen und schönes Holz innen sind die Vorteile von HGV-Elementen (Bild: Uniglas und Otto-Chemie)

Structural-Glazing-Konstruktionen (SG-Fassaden) aus Aluminium sind schon lange im Einsatz. Nun ist dies auch mit Holz . Eine gemeinsam von Otto-Chemie und Uniglas entwickelte Konstruktion hat nun auf Basis von ift-Prüfungen eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) erhalten und ist mit Maximalabmessungen von 2,50 m x 3,50 m und mit Absturz sichernden Verglasung einsetzbar.

Basis der Zulassung sind umfangreiche Prüfungen des ift Rosenheim und Forschungsarbeiten, die bereits 2000 begannen. Durch die abZ kann die Konstruktion in Deutschland ohne Zustimmung im Einzelfall (ZiE) eingesetzt werden. Die Zulassung umfasst auch Absturz sichernde Verglasungen, die bei geschosshohen Fassaden meistens gewünscht werden – das bietet nicht jede SG-Fassade. Neben einer guten Wärmedämmung auf Passivhausniveau (Ucw-Wert von 0,69 W/(m²K) ist die Holzkonstruktion durch das Glas witterungsgeschützt und überzeugt innen durch die Eleganz und Haptik des Werkstoffes Holz. Die Verklebung auf sogenannten „Koppelleisten“ kann in einem manuellen Fertigungsprozess erfolgen, so dass auch kleinere holzverarbeitende Betriebe dieses System in Zusammenarbeit mit dem Systemgeber anbieten können.

Konstruktion und Montage

HGV-Elemente können in jedes klassische Pfosten-Riegel-System als rahmenlose Festverglasung integriert werden. Die Besonderheit der Konstruktion ist die Verklebung der Verglasung auf sogenannte „Koppelleisten“ aus Birkensperrholz, die dann auf die Tragkonstruktion geschraubt werden. Deren wellenförmige Geometrie sorgt für die Einhaltung der geforderten Randabstände der Holzverschraubung. Im Ergebnis entsteht eine filigrane und transparente Glasfassade ohne Pressleisten, bei der von außen nur die Breite des Randverbunds und eine schmale Silikon-Fugen von ca. 18 mm sichtbar sind. Die Verklebung muss in der Werkstatt unter definierten Raumbedingungen erfolgen, um die Verklebungsqualität zu gewährleisten. Wie bei allen SG-Fassaden, muss das Auftreten von Kondenswass im Glasfalzbereich auf ein Minimum reduziert werden, weil Verklebungen und Holzwerkstoffe anfällig gegenüber einem feuchtwarmen Klima sind. Wie in anderen Fassaden, ist deshalb eine Rücktrocknung durch eine dauerhafte Belüftung des Glasfalzes sicher zu stellen.

Horizontalschnitt einer mit verklebten Festverglasung mit integriertem Fensterelement.
Bild 2: Horizontalschnitt mit verklebten Festverglasungen und integriertem Fensterelement
(Bild: Uniglas)
Muster einer Verklebung eines Glaselements
Bild 3: Die Verklebung der Glaselemente auf Koppelleisten in der Werkstatt ermöglicht eine einfache Montage auf Pfosten-/Riegelsysteme (Bild: Uniglas)
Beispiel einer mechanischen Befestigung für Bereiche über 8 Meter höhe.
Bild 4: Details der mechanischen Befestigung für Bereiche über 8 m Höhe über Gelände (Nothalter) (Rechts Otto Chemie)

Die Koppelleiste wird zunächst mit einem vorgegebenen doppelseitigen Klebeband (ca. 3 mm) auf der Glasscheibe positioniert, das gleichzeitig für einen definierten Abschluss und Klebefugendicke sorgt. Die verbleibende Klebefuge wird mit dem in der abZ definierten Silikonklebstoff verfüllt. Gemäß ETAG 002 und abZ gehört zur Herstellung zwingend auch eine Qualitätssicherung mit produktionsbegleitenden Rückstellproben und „Peel-Tests“ sowie einer Fremdüberwachung durch ein zugelassenes Institut. Danach wird ein vorkomprimiertes Dichtband auf die Pfosten-Riegel-Konstruktion geklebt, mit der die Luftdichtheit erreicht wird und die als Dampfsperre dient. Anschließend kann das HGV-Element mit der Pfosten-Riegel-Konstruktion verbunden werden, indem die Koppelleisten mit einer statisch zugelassenen Holzschraube in die Holzkonstruktion verschraubt werden. Abschließend wird die verbleibende Montagefuge von außen mit einem passenden Silikon fachgerecht und wetterfest abgedichtet. Zwischen der Koppelleiste und der Rundschnur müssen mindestens 10 mm Platz bleiben, um eventuelles Tauwasser abführen zu können. Am Kopf- und Fußpunkt jeder Vertikalfuge ist eine Dampfdruckausgleichsöffnung in der Versiegelung vorzusehen, über die auch die durchgängige Belüftung der horizontalen Riegel erfolgt. Die Montage kann entweder durch den Einbau einzelner HGV-Elemente oder als Elementfassade mit vorgefertigten Elementen (Glas mit Pfosten und Riegeln) erfolgen.

Grundlagen der Klebung

Anders als bei üblichen Fenster- und Fassadenkonstruktionen werden die Lasten durch das Kleben des Glases linienförmig und umlaufend in das Glas eingeleitet. Abhängig von der Konstruktionsart müssen von der Klebung Windsog-, Druck- und Schubkräfte aus Temperaturänderung übernommen werden, so dass erhöhte Anforderungen an das Langzeitverhalten der Klebeverbindung (Kriechen) sowie die Qualität von Klebstoff und Verarbeitung zu beachten sind. Bei Prüfungen und Gutachten des ift Rosenheim zeigte sich die Materialverträglichkeit von Klebstoff zu anderen Materialien als ein zentraler Punkt. Im vorliegenden Fall wurde die Verträglichkeit für den Nachweis der Dauerhaftigkeit der Klebung nach den Vorgaben der ETAG 002 überprüft. Die Verarbeitung muss sorgfältig nach den Systemvorgaben erfolgen, um reduzierte Festigkeit und mechanische Schäden zu vermeiden. Dabei müssen folgende Grundsätze für das richtige "Kleben" beachtet werden.

  1. Eine Klebung ist mit verschiedenen Basissystemen (Silikon, Acrylat, PU, silanterminierte Polymere, Klebebänder) möglich.
  2. Das Klebesystem sollte neben dem Nachweis der Dauerhaftigkeit der Klebung auch in einem kompletten Fenster oder Fassadensystem geprüft werden, um die komplexen Lastfälle und konstruktiven Zusammenhänge prüfen und bewerten zu können.
  3. Die Holzart, die mechanische Bearbeitung der Holzoberfläche (feinhobeln, schleifen, finieren) sowie die Oberfläche muss vom Systemgeber genau definiert werden.
  4. Bei Veränderung der „Haftpartner“ muss die Prüfung erneut durchgeführt werden.
  5. Die Randbedingungen bei der Fertigung/Klebung müssen definiert und dokumentiert sein (Temperatur, Feuchte, Zeit etc.)
  6. Generell ist eine sorgfältige werkseigene Produktionskontrolle erforderlich

Voraussetzung für alle Klebeverfahren ist die Einhaltung der Vorgaben des Klebstoff-Herstellers hinsichtlich Verarbeitung und Umgebungsbedingungen (Ausgasungen anderer Chemikalien, Staubfreiheit, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen und Luftfeuchten etc.). Die umlaufende Klebung muss an allen vier Glaskanten die gleichen Klebstoffdimensionen aufweisen. Die Klebung ist lunker- und blasenfrei auszuführen. Sie muss im Werk und nicht auf der Baustelle erfolgen.

Ein Verfahren das verwendet wird, um die Kontrolle der Klebfestigkeit zu prüfen.
Bild 5: Einfache Verfahren zur Kontrolle der Klebfestigkeit im Rahmen der Werkseigenen Produktionskontrolle WPK [2] (Bild ift Rosenheim)
Die Tabelle zeigt in Spalten Parameter und Einflusskriterien. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 1: Kriterien für konstruktive und lastabtragende Klebungen [2]

Baurecht und Auflagen der allg. bauaufsichtlichen Zulassung (abZ)

Die geklebten HGV-Elemente waren bisher ein nicht geregeltes Bauprodukt, das nur mit einer Zustimmung im Einzelfall (ZiE) eingesetzt werden durfte. Denn geklebte Glaskonstruktionen fallen nicht in den Geltungsbereich der europäischen ETAG, die nur für Klebungen von Glas auf metallischen Substraten wie Aluminium und Edelstahl gilt. Deshalb wurde für das HGV-System von Uniglas eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (Z-70.1-226) durch das DIBt (§ 18 MBO) erteilt, bei der folgende Aspekte von Relevanz für Planer und Architekten sind:

  1. Der Einsatz erfolgt in Gebrauchsklasse GK 0 (DIN 68800) und ist in sehr feuchter Umgebung (z.B. Schwimmbäder, Sauna- und Wellnessbereiche) ausgeschlossen. Die Verbindungsmittel (Schrauben, Glashalter etc.) sind verzinkt oder aus Edelstahl. Ein Feuchtezutritt von außen und eine regelmäßige Kondenswasserbildung sind auszuschließen.
  2. Es können alle üblichen Glasarten eingesetzt werden (Floatglas, ESG, ESG-H, VSG und TVG). Das maximale Gewicht der Isoliergläser beträgt 525 kg.
  3. Die HGV-Elemente dürfen zur Absturzsicherung verwendet werden mit dem in der Zulassung dargestellten Glasaufbau. (von der dem Stoß zugewandten Glasscheibe, 8 mm ESG/ESG-H – 16 mm SZR – 6 mm ESG/ESG – 16 mm SZR – 8 mm VSG aus 2 x 4 mm Float mit 0,76 mm PVB-Folie)
  4. Beim Einsatz der Glaselementen über 8 m Geländeniveau ist zusätzlich zur Klebung eine mechanische Sicherung der Glasscheiben erforderlich.
  5. Die Aussteifung anderer Bauteile ist in der abZ bisher nicht geregelt.
  6. Die Pfosten-Riegel-Konstruktion kann aus Brettschichtholz in Nadelholz (EN 1408013), Buche und Eiche sowie aus Furnierschichtholz (EN 14374) bestehen und muss min. 60 mm breit sein. Die Anforderung an die Planität der Unterkonstruktion ist zu beachten.
  7. HGV-Elemente dürfen nur werksmäßig von sachkundigen Betrieben hergestellt werden. Das baurechtlich notwendige Übereinstimmungszertifikat bedingt eine werkseigene Produktionskontrolle sowie eine regelmäßige Fremdüberwachung durch eine anerkannte Zertifizierungs- und Überwachungsstelle.

 

Literatur

  1. ETAG 002 – Leitlinie für die Europäische Technische Zulassung für geklebte Glaskonstruktionen
  2. ift-Richtlinie VE-08/3 "Beurteilungsgrundlage für geklebte Verglasungssysteme.
    Teil 1: Charakterisierung des Klebesystems, Teil 2: Prüfungen am Fenstersystem (Bauteilprüfungen), Teil 3: Verträglichkeit, Teil 4: Qualitätssicherung", ISBN: 978-3-86791-363-8
  3. Tagungsunterlagen der ift-Fachtagung Holz- und Holz-Metallfenster 2014, ISBN: 978-3-86791-366-9
  4. Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Z-70.1-226
  5. Forschungsbericht Holzcluster Österreich ????
  6. BF-Merkblatt 001/2007 "Kompass für geklebte Fenster, Schwerpunkt Glas, Dicht- und Klebstoffe" (Bundesverband Flachglas, Troisdorf)
  7. Technische Regeln für die Verwendung von linienförmig gelagerten Verglasungen (TRLV)
  8. ift-Richtlinie DI-01/1 "Verwendbarkeit von Dichtstoffen – Teil 1 + 2, ISBN: 978-3-86791-108-5 und  978-3-86791-110-8
Portraitfoto von Prof. Ulrich Sieberath

Ulrich Sieberath

ift Rosenheim

Karin Lieb

ift Rosenheim

Nach Abitur, Ausbildung im Schreinerhandwerk und Abschluss an der Hochschule Rosenheim als Diplomingenieur (FH) Bereich Holztechnik ist Karin Lieb seit 1989 im Geschäftsbereich Prüfung des ift Rosenheim tätig. Seit der Zeit beschäftigt sie sich mit Materialprüfung, was beim ift Rosenheim bedeutet, man befasst sich mit allen Einzelteilen, die in Bauteilen vorkommen können. Diese Tätigkeit hat sich im Lauf der Zeit aufgebaut von der Tätigkeit als Prüfingenieurin, über die Prüfstellenleitung bis ins Produktmanagement. Dort steht sie heute den Kunden für Anfragen aller Art zu den Dienstleistungen des ift Rosenheim zur Verfügung. Sie ist auch als Gutachterin für das ift Sachverständigenzentrum tätig.

Die Tätigkeiten waren immer begleitet durch technische Mitarbeit in nationalen und europäischen Normenausschüssen sowie Arbeitskreisen für verschiedene Verbände.

Jürgen Benitz-Wildenburg

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Kommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingexperte ist er seit 30 Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter.

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