Das Foto zeigt eine Brandprüfung der ersten tragenden Wand (beplankte Holzständerkonstruktion) im ift-Technologiezentrum

Tragende Bauteile im Brandversuch

Prüferfahrungen aus dem Technologiezentrum

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Nach 15 erfolgreichen Jahren wurde am 21. Dezember 2016 die letzte Brandprüfung im Nürnberger Brandschutzzentrum durchgeführt. Der bewährte 5 x 5 Meter Brandofen aus Nürnberg wurde umgezogen und hat zusammen mit den anderen Prüfständen seine neue Heimat im ift-Technologiezentrum in Rosenheim gefunden.

Neben dem neuen 8 x 5 Meter großen Brandofen kamen noch weitere Prüfstände dazu. Eine Vielzahl von Brand- und Rauchprüfungen an Türen, Toren, Fassaden, Verglasungen und Brandschutzvorhängen wurde zwischenzeitlich durchgeführt – und zwar nach deutschen, europäischen und internationalen Regeln. Zudem konnten neue Prüfverfahren etabliert werden. So finden sich als spannende Neuerung auch tragende Bauteile auf der erweiterten Prüfliste. Den Anfang bildete dabei der neu gebaute Säulenofen, mit dem das ift Rosenheim tragende Säulen testen kann. Fast zeitgleich wurden die ersten tragenden Decken, Dächer und Balken auf dem ebenfalls neuen Deckenprüfstand geprüft.

Nach längerer Vorbereitung konnte im Sommer 2020 ein weiterer Erfolg verzeichnet werden: Die ift-Prüfingenieure testeten die erste tragende Wand am ehemaligen Nürnberger Brandofen. Es handelte sich dabei um eine Konstruktion in Holzständerbauweise. Die geforderte Belastung lag bei 180 kN über eine Prüfdauer von 90 Minuten, wobei sämtliche Anforderungen problemlos gemeistert wurden.

Das Foto zeigt eine Brandprüfung der ersten tragenden Wand (beplankte Holzständerkonstruktion) im ift-Technologiezentrum
Bild 1: Brandprüfung der ersten tragenden Wand (beplankte Holzständerkonstruktion) im ift-Technologiezentrum

Prüfung mit Feuerwehreinsatz

Als spektakulär kündigte sich eine Brandprüfung zu Beginn des vergangenen Jahres an. Probekörper war eine tragende Holzdecke in Balkenbauweise. Die Holzdecke sollte über eine Zeitdauer von 90 Minuten getestet werden. Die Vorgaben zur Lasteinleitung waren sehr komplex. Die Lasteinleitungen erfolgten an verschiedenen Stellen mit unterschiedlichen Kräften. Aufgrund der großen Brandlast, die nach dem Versuch zu löschen war, wurde die Feuerwehr zur Unterstützung hinzugezogen. Beim Anheben des Probekörpers nach der Prüfung bestätigte sich die Vermutung, dass sich große Flammen am und um den Prüfling entwickeln würden. Durch den kombinierten Einsatz der Löscheinrichtungen des ift-Technologiezentrums sowie der Feuerwehr verlief das Löschen reibungslos. Das Ergebnis der Brandprüfung war positiv: Die Holzdecke erfüllte die strengen Anforderungen und konnte den Belastungen nach Verlängerung der Prüfdauer sogar 120 statt der eigentlich geforderten 90 Minuten standhalten.

Das Foto zeigt den Feuerwehreinsatz nach erfolgreicher Prüfung einer tragenden Holzdecke in Balkenbauweise im Brandlabor des ift-Technologiezentrums
Bild 2: Feuerwehreinsatz nach erfolgreicher Prüfung einer tragenden Holzdecke in Balkenbauweise im Brandlabor des ift-Technologiezentrums

Brandprüfung einer tragenden Wand im Hydraulikrahmen

Um Bauelemente einfach, wirtschaftlich und flexibel montieren und prüfen zu können, stellt das ift Rosenheim seinen Kunden für die Brandprüfungen sog. Brandrahmen zur Aufnahme der Probekörper zur Verfügung. In diese können die Kunden ihre Probekörper problemlos einbauen.

Für die Prüfung einer tragenden Wand ist ein starrer Rahmen jedoch nicht ausreichend. Die Randbedingungen hierfür gibt EN 1365-1 „Feuerwiderstandsprüfungen für tragende Bauteile – Teil 1: Wände“ vor. Wie nun die Konstruktion des Prüfstandes bzw. der Zusatzelemente für die Belastung im Detail auszusehen hat, ist den Prüfstellen allerdings weitestgehend freigestellt.

Im ift-Technologiezentrum erfüllt ein Hydraulikrahmen die Anforderungen. Um den Prüfofen nur am Tag der Prüfung zu blockieren, ist dieser Rahmen transportabel ausgeführt. Entscheidend für die Prüfung sind dann sowohl Prüflast als auch Prüfdauer. Beide Werte gibt der Kunde vor.

Um die Gewichtsbelastung an der tragenden Wand durch darüberliegende Stockwerke zu simulieren, leitet ein biegesteifer Druckbalken die Last über vier hydraulische Zylinder in den Probekörper ein. Dabei ist das obere Rahmenteil seitlich mit den Zugstangen der angebauten Hydraulikzylinder verbunden. Während der Prüfung muss das obere Rahmenteil beweglich bleiben. Diese Maßnahme stellt sicher, dass die Last auf den Probekörper konstant aufrechterhalten werden kann, auch wenn der Probekörper durch die Feuerbeanspruchung an Höhe gewinnt oder verliert.

Durch die erforderliche Beweglichkeit ist der Prüfrahmen nicht rauchdicht. Das hat wiederrum zur Folge, dass für die notwendige Stauchungsmessung das vorhandene optische Verformungsmesssystem bei entsprechender Rauchentwicklung im Prüflabor unter Umständen nicht ausreicht. Die Verformungspunkte sind evtl. nicht mehr erkennbar. Um die Messung jedoch über den gesamten Zeitraum zu ermöglichen, wurde eine mechanische Lösung entwickelt, mit der die Veränderung direkt gemessen werden kann. Dabei verbindet eine gleitend gelagerte Messeinrichtung den oberen und den unteren Betonsturz. Das heißt, die Messstangen sind oben fest montiert und unten lose gelagert. Die ift-Prüfingenieure können somit die Bewegungsveränderungen der beiden Betonstürze zueinander direkt ablesen (Bild 3).

Die aktuelle Version des Hydraulikrahmens ermöglicht die Aufnahme von Probekörpern mit einer Höhe von bis zu 4380 mm. Allerdings wird so nicht die gesamte Höhe des Brandofens genutzt. Deshalb entsteht derzeit ein neuer Hydraulikrahmen, welcher Prüfungen an Probekörpern in voller Höhe von bis zu 5000 mm zulässt.

Das Foto zeigt die neue Messeinrichtung am Hydraulikrahmen zur Ermittlung der Stauchung einer tragenden Wand bei der Brandprüfung
Bild 3: Neue Messeinrichtung am Hydraulikrahmen zur Ermittlung der Stauchung einer tragenden Wand bei der Brandprüfung

Verwendbarkeit der Prüfergebnisse aus Prüfungen nach EN 1365-1

In Deutschland werden die Ergebnisse aus der Prüfung nach EN 1365-1 entsprechend der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) und der Musterbauordnung (MBO) in einem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis festgehalten.

Allerdings ergeben sich bei Aufbau und Montage der Probekörper von Kundenseite immer wieder Fragen zur weiteren Verwendbarkeit der Prüfergebnisse. Das betrifft vor allem die Anschlüsse an den Prüfrahmen. Diese unterscheiden sich teilweise stark von der geplanten Anwendung in den realen Bauvorhaben, vor allem im Holzbau. Aktuell gibt es zu den Anschlüssen keine europäischen Prüfverfahren; die einzelnen Staaten sind für entsprechende Vorgaben jeweils selbst verantwortlich. Das heißt, Anschlüsse werden nicht geprüft – weder national noch auf europäischer Ebene.

Vorgaben hinsichtlich des Anschlussbereichs von feuerwiderstandsfähigen Wänden finden sich speziell im Holzbau. Dabei wird eine Beplankung aller Flächen und Anschlüsse der feuerwiderstandsfähigen Wände mit einer nichtbrennbaren Schicht gefordert. Somit werden die Anschlüsse überdeckt, und die Frage nach der notwendigen Prüfung des Anschlussbereichs wird mehr oder weniger umgangen.

Simon Obelz

ift Rosenheim

M. Sc. (FH) Simon Obelz ist Prüfingenieur für Brandschutz am ift Rosenheim. Nach der Schreinerlehre studierte er Energie- und Gebäudetechnologie im Bachelor und Forschung und Entwicklung im Master. Seit April 2021 ist er stellvertretender Prüfstellenleiter für das Labor Brandschutz. Seine Tätigkeit ist vorrangig die Durchführung von Feuerwiderstandsprüfungen an Feuerschutzabschlüssen sowie an tragenden und nichttragenden Wänden.

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