Sonnenschutz für Wohnbauten

Einfache Planung und Nachweis mit ift-Diagramm-Verfahren

Lesezeit: 6 Minuten

Große Glasflächen bringen Sonne, Wärme und Licht in die Gebäude und verbessern damit Energieeffizienz, Transparenz und Tageslichtversorgung. Um eine Überhitzung der Gebäude und den Einsatz von Klimaanlagen zu vermeiden bzw. zu reduzieren ist in der Regel ein Sonnenschutz notwendig.

Das in der EnEV vorgeschlagene Sonneneintragskennwertverfahren ist in der Praxis umständlich, so dass Planer und Ausführende oft eine Software nutzen, bei der aber erst die notwendigen Daten für das Gebäude und die geplanten Bauteile eingegeben werden müssen. Um den Zeitbedarf in der ersten Planungs- und Entwurfsphase zu vermindern, hat das ift Rosenheim ein Diagrammverfahren entwickelt, mit dem sich der Sonnenschutz schnell und einfach planen lässt.

Bild 1: Große Glasflächen prägen moderne Gebäude, brauchen aber auch einen ausreichenden Sonnenschutz (Bild: Rossa)

Anforderungen der EnEV

Die EnEV 2014 stellt in § 3 und § 4 Mindestanforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz von Wohn- und Nichtwohngebäuden, die für zu errichtende Gebäude gelten, also Neubauten. Bei der Sanierung eines Gebäudes ist dieser Nachweis nicht vorgeschrieben. Eine Ausnahme sieht § 9 Abs. 4 und Abs. 5 bei der Erweiterung der Nutzfläche von mehr als 50 m² und Abs. 5 beim Einbau eines neuen Energieerzeugers vor. Die EnEV verweist als Nachweisverfahren für den sommerlichen Wärmeschutz auf DIN 4108-2:2013-02 [2], die das vereinfachte Sonneneintragskennwertverfahren nach Nr. 8.3 und die thermische Gebäudesimulation nach Nr. 8.4 der DIN 4108-2 zulassen. Für das letztgenannte Verfahren sind in DIN 4108-2 die anzusetzenden Randbedingungen definiert.

Das Sonneneintragskennwertverfahren erwartet vom Planer die Eingabe von Randbedingungen (Bauart, erhöhte Nachtlüftung, Fensterfläche des Gebäudes etc.). Das Verfahren liefert als Lösung jedoch nicht den für eine Ausschreibung notwendigen gtot-Wert für Sonnenschutz und Verglasung, sondern „nur“ die Information, ob der zulässige Sonneneintragskennwert für die ausgewählte Situation nicht überschritten wurde. Das Verfahren liefert dem Planer als „Trial-and-Error-Methode“ keine Lösung für das Problem, sondern ermittelt die Zulässigkeit des geplanten Sonnenschutzes.

Der Nachweis ist mindestens für den ungünstigsten Raum des Gebäudes zu führen. Die Norm enthält hierfür keine Kriterien und definiert diesen Raum nicht. Der Planer muss daher sein Ergebnis durch weitere Berechnungen absichern. Auch wenn der Nachweis im Regelfall mit EDV-Unterstützung geführt wird, bleibt er aufwändig und nicht immer sind alle für die Planung benötigten Daten sofort verfügbar.

Ziel des ift-Nachweisverfahrens ist es daher, allen am Planungs- und Ausführungsprozess Beteiligten ein sicheres, normkonformes und unkompliziertes Verfahren an die Hand zu geben, das mit möglichst wenigen Eingabeparametern auskommt. Das vereinfachte Diagrammverfahren benötigt lediglich die Nettogrundfläche des Raumes, die vorgesehenen Fensterflächen und die Verglasung, die typischerweise im Wohnungsbau ein Wärmeschutzglas ist. Der auf die Grundfläche bezogene Fensterflächenanteil fWG ist definiert als das Verhältnis von Fensterfläche (Rohbaumaß) zur Nettogrundfläche des Raumes.

Das ift-Diagramm Verfahren kann für Nichtwohngebäude nicht genutzt werden, da die Anforderungen hier höher sind und die Zusammenhänge in Bezug auf Nutzung, interne Lasten etc. komplexer sind. Für Nichtwohngebäude empfiehlt sich im Regelfall eine thermische Gebäudesimulation, insbesondere dann, wenn zusätzliche Anforderungen wie die Arbeitsstättenverordnung zu beachten sind.

Bild 2: Zulässige Sonneneintragskennwerte für Wohn- und Nichtwohngebäude, Klimaregion B, erhöhte Nachtlüftung

Das vereinfachte Verfahren der DIN 4108-2

Das vereinfachte Nachweisverfahren nach DIN 4108-2 für den sommerlichen Wärmeschutz zeigt, ob der vorhandene Sonneneintragskennwert Svorh den zulässigen Sonneneintragskennwert Szul nicht überschreitet.

Svorh ≤ Szul und Szul = ΣxSx

Der zulässige Sonneneintragskennwert wird nach dem „Bonus-Malus-Prinzip“ aus den anteiligen Sonneneintragskennwerten der Tabelle 8 der DIN 4108-2 ermittelt. Diese ergeben sich unter anderem aus der Klimaregion, der Bauart des Gebäudes, dem grundflächenbezogenen Fensterflächenanteil, der Fensterneigung und der Orientierung der Fenster.

Der vorhandene Sonneneintragskennwert ergibt sich aus der Fensterfläche, der Nettogrundfläche des Raumes und dem gtot-Wert, der sich aus dem Gesamtenergiedurchlassgrad des Isolierglases und dem Abminderungsfaktor FC der Sonnenschutzvorrichtung ergibt. Die FC-Werte als Anhaltswerte können der Tabelle 7 in DIN 4108-2 entnommen werden, oder es werden durch Messung und Prüfzeugnis nachgewiesene Werte verwendet, die etwas genauer sind. Zu beachten ist, dass DIN 4108-2 beim Verzicht auf einen Nachweis für den sommerlichen Wärmeschutzes nach Tabelle 6 Zeile 2 nicht die Regelung des § 47 der Musterbauordnung berücksichtigt. Die Musterbauordnung fordert einen auf die Grundfläche bezogenen Fensterflächenanteil von 12,5 %. Damit wird der zulässige Wert von 10 %, bei dem auf einen Nachweis verzichtet werden kann, immer überschritten.

Das vereinfachte ift-Diagrammverfahren

Das Sonneneintragskennwertverfahren ist für die meisten Händler von Fenstern und Sonnenschutzeinrichtungen, Baufirmen aber auch für die erste Planung und Beratung durch Architekten, weniger gut geeignet, da das Berechnungsverfahren eine detailliert Kenntnis der Randbedingungen des Gebäudes erfordert und in akzeptabler Zeit nur mit einer Software bewerkstelligt werden kann.

Das ift-Diagrammverfahren entspricht dem Rechenverfahren des vereinfachten Nachweisverfahrens der DIN 4108-2 und kann daher als normkonformes Verfahren für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes nach DIN 4108-2 angewendet werden. Es zeigt in Form von Diagrammen zum sommerlichen Wärmeschutz sofort die sinnvolle Lösungen für den Sonnenschutz (FC‑Wert) und benötigt nur eine geringe Anzahl an Eingangsdaten – dies bietet bei der Beratung und beim Verkauf von Fenstern, Glas und Sonnenschutz Vorteile.

Der Anwendungsbereich der Diagramme ist beschränkt auf den Wohnungsbau und auf senkrechte Fensterflächen. Die Diagramme gelten für alle Orientierungen, liefern allerdings für nach Norden orientierte Fenster eine ungünstige Dimensionierung, da auf der Nordseite die solare Einstrahlung geringer und im Wesentlichen diffus erfolgt. Die Vereinfachung ergibt sich durch die Annahme folgender praxisgerechter Randbedingungen, die auf der sicheren Seite liegen und vom Anwender nicht mehr ermittelt und überprüft werden müssen:

  • leichte Bauart,
  • Sommer-Klimaregion C,
  • erhöhte Nachtlüftung (n ³ 2 h-1, Bei der Wohnungsnutzung kann nach DIN 4108-2 von der Möglichkeit einer erhöhten Nachtlüftung ausgegangenen werden),
  • Zweifach- oder Dreifach-Wärmeschutzisolierglas.

Als Mindestangaben für den Nachweis eines Wohngebäudes werden deshalb lediglich die Nettogrundfläche des Raumes/der Räume, die Fensterfläche und der maximale g-Wert der Wärmeschutzverglasung benötigt.

Anwendungsbeispiel für ift-Diagrammverfahren

Die Planung erfolgt für einen Raum in einem Wohngebäude mit einer Nettogrundfläche von 30,8 m² und einer Fensterfläche von 5,6 m². Der Gesamt-Energiedurchlassgrad g des Mehrscheiben-Isolierglases darf, wie im Diagramm angegeben, maximal 64 % betragen. Dieser Wert wird bei den am Markt angebotenen Wärmeschutzgläsern typischerweise nicht überschritten. Mit diesen Angaben erfolgen die Planung und der Nachweis.

Bild 3: Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes – Wohngebäude mit Wärmeschutzverglasung
Bild 4: Ermittlung der Nettogrundfläche

Im Beispiel ergibt sich ein erforderlicher FC-Wert für den zusätzlichen Sonnenschutz von 0,75. Eine Planung mit einem Wärmeschutzglas und einem innenliegenden Sonnenschutz (FC = 0,75) wäre hier ausreichend. Maßgeblich im Diagramm ist der Bereich für FC = 0,75, da der Punkt innerhalb des Bereichs liegt. Die Option kein zusätzlicher Sonnenschutz (FC = 1) ist nicht möglich, da der Punkt oberhalb des Bereichs für FC = 1 liegt. Entscheidend ist also der Bereich FC = 0,75.

So kann auch die Planung eines zusätzlichen Sonnenschutzes einfach erfolgen, da lediglich die zuvor genannten Randbedingungen bekannt sein müssen.

Fazit

Das vorgestellte neue ift-Diagrammverfahren ermöglicht eine einfache, schnelle und dennoch normkonforme Planung des sommerlichen Wärmeschutzes und hat als Ergebnis den erforderlichen FC-Wert für die Sonnenschutzeinrichtung. Es ist insbesondere bei der gewerkübergreifenden Planung eine Hilfe, da nur wenige Planungsdaten benötigt werden. Diagramme für weitere Verglasungen sowie ausführlichere Erläuterungen der Randbedingungen und des Abminderungsfaktors Fc sind in der ift-Fachinformation WA-21/1 [3] enthalten, die im ift Literaturshop verfügbar ist.

Literatur

  1. Energieeinsparverordnung 2014, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 67, Bonn 21. Nov. 2013
  2. DIN EN 4108-2:2013-02
    Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz.
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  3. ift-Fachinformation WA-21/1
    Sommerlicher Wärmeschutz; Vereinfachte Nachweisverfahren und Diagramme.
    ift Rosenheim, Veröffentlichung April 2016
  4. VFF-Merkblatt ES.04
    Sommerlicher Wärmeschutz.
    Verband Fenster + Fassade, Frankfurt. Oktober 2014

Michael Rossa

ift Rosenheim

Dipl.-Phys. Michael Rossa ist seit 2000 Mitarbeiter im ift Rosenheim und war in verschiedenen Funktionen im Institut tätig. Seit 2012 ist er als Stv. Leiter Inhouse für den Bereich Inhouse Schulungen der ift Akademie verantwortlich und leitet seit 2019 die ift Akademie.

Weiterhin ist er Lehrbeauftragter an der Technischen Hochschule Rosenheim für Physik und für das ift als Referent mit den Themenschwerpunkten Glas, Bauphysik und Energieeffizienz tätig.

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