Quo Vadis Bauproduktenverordnung, Maschinenrichtlinie und Produktnormen

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Die EU-Normungsorganisationen CEN und CENELEC erstellen die Spielregeln für den EU-Binnenmarkt und damit auch für die Produktnormen und die CE-Kennzeichnung.

Nach Jahren des Stillstands startet der Produktnormungsprozess langsam wieder, um für die Hersteller beim Inverkehrbringen ihrer Produkte die Rechtssicherheit zu verbessern. Die nun abgeschlossene Überarbeitung von BauPVO und MaschVO bilden die Grundlage für das notwendige Update der Produktnormen für Fenster, Türen, Fassaden und Tore.

Bauproduktenverordnung (BauPVO)

Die überarbeitete BauPVO wird parallel zu der bestehenden BauPVO in Kraft treten, damit eine durchgängige CE-Kennzeichnung von Bauprodukten sichergestellt werden kann, wenn bestehende Produktnormen überarbeitet werden oder neue hinzukommen. Dies bedeutet, dass die Anforderungen der neuen BauPVO erst erfüllt werden müssen, wenn die jeweilige Produktnorm unter der neuen BauPVO harmonisiert wird (d.h. im Amtsblatt der EU gelistet ist) und die einjährige Koexistenzphase abgelaufen ist. Dies wird im Bereich der Fenster und Außentüren frühestens im Jahr 2028 der Fall sein, da zurzeit noch kein Normungsauftrag von der EU-Kommission bei CEN vorliegt. Dies erklärt, warum die bisherige BauPVO erst nach einer 15-jähriger Übergangszeit zurückgezogen wird.

Einer der Gründe für die Überarbeitung war die unvollständige Berücksichtigung der Anforderungen an Bauwerke in den Mitgliedstaaten. Um die Vollständigkeit für die anstehende Überarbeitung aller Produktnormen sicherzustellen, wurde der sogenannte „Acquis“-Prozess gestartet. In diesem Verfahren wurden sämtliche Anforderungen der Mitgliedsstaaten für die verschiedenen Produktgruppen gesammelt und bilden nun die Grundlage künftiger Normungsaufträge. Zusätzliche nationale Anforderungen soll es damit nicht mehr geben.

Diese Arbeit wurde für die Produktnormen für Fenster, Türen und Tore abgeschlossen, so dass ein Normungsauftrag an CEN bereits für Ende 2024 erwartet wird. Die Normen müssen dann innerhalb von drei Jahren überarbeitet sein und im Anschluss von der EU- Kommission geprüft und harmonisiert werden. Als wesentliche Änderungen in den Normungsaufträgen werden erwartet:

  • Informationen zur Nachhaltigkeit von Bauprodukten,
  • Beschränkung der Produktnormen auf die im Normungsauftrag genannten „wesentlichen Merkmale“, d.h. Entfall von bisher nicht für die CE-Kennzeichnung zulässigen Merkmalen wie z.B. Explosionshemmung,
  • Einführung eines digitalen Produktpass für Produkte,
  • Unterscheidung in Produkte für Endverbraucher und „Profis“,
  • Pflicht zur Ersatzteil-Verfügbarkeit (10 Jahre),
  • Produktnorm gilt auch für gebrauchte Produkte.
Das Schaubild zeigt einen zeitlichen Ablauf und die Prioritäten zur Aktualisierung von Normen. Nährere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150
Bild 1: BauPVO-Acquis (CPR-Acquis) – Zeitplan und Prioritäten (Quelle: CEN/TC129, Anne Minne, 2023)

Maschinenverordnung (MaschVO)

Die neue EU-Richtlinie (EU 2023/1230) bzw. Maschinenverordnung (MaschVO) ist für Hersteller ab dem 20.1.2027 in allen Mitgliedsstaaten anzuwenden. Die EG-Baumusterprüfbescheinigungen und Zulassungen, die gemäß Artikel 12 der bisherigen Richtlinie 2006/42/EG ausgestellt bzw. erteilt wurden, bleiben aber bis zu ihrem Ablaufdatum gültig.

Die Änderungen in der neuen MaschVO betreffen vorwiegend Aspekte der Maschinensicherheit, die sich aus der Digitalisierung bzw. Vernetzung ergeben können. Bei Fenstern, Türen und Toren kann dies für selbstlernende Steuerungen oder Komponenten („KI“) relevant sein. Hierfür müssen in den Produktnormen Ergänzungen aufgenommen werden, deren Relevanz im Rahmen eines Bewertungsverfahrens bei CEN geprüft wird („GAP-Analysis“). Dies umfasst mehr als 850 Normen, die unter der Maschinenrichtlinie harmonisiert sind. Je nach Ergebnis der Bewertung werden die Normen ganz, mit Einschränkungen oder nicht unter der neuen MaschVO harmonisiert. Gegebenenfalls muss CEN ergänzte oder neue Normen zur Konkretisierung der neuen Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen, die im Anhang III genannt sind, erarbeiten.

Für sechs Produktgruppen wird nun verbindlich eine Baumusterprüfung durch eine Drittstelle verlangt.

Vorteilhaft ist die Möglichkeit der digitalen Bereitstellung von Montage- und Betriebsanleitungen sowie der EU-Konformitätserklärung.

Für „unvollständige“ Maschinen besteht künftig die Verpflichtung, die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu erfüllen, soweit sie für die unvollständige Maschine relevant sind (Anhang III 1.1.1.). Daher muss künftig auch der Hersteller einer unvollständigen Maschine eine Risikobeurteilung durchführen, auch wenn diese auf eine Komponente (z.B. Antrieb) beschränkt ist. Eine CE-Kennzeichnung der unvollständigen Maschine ist aber weiterhin nicht vorgesehen.

Portraitbild Jürgen Benitz-Wildenburg

Jürgen Benitz-Wildenburg

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Kommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingexperte ist er seit 30 Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter.

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