Das Bild zeigt das Deckblatt der MVV TB – Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (Ausgabe 2020/1).

MVV TB – Besonderheiten auf dem deutschen Markt

Z-6.200-xxxx – neues Zulassungsverfahren

Lesezeit: 6 Minuten

Das Baurecht in Deutschland ist Sache des jeweiligen Bundeslandes. Dies bedeutet, dass es 16 Landesbauordnungen (LBO) gibt, die sich an einer Musterbauordnung (MBO) orientieren.

2016 wurde die MBO überarbeitet und die technischen Regeln für Planung, Bemessung und Ausführung von Bauwerken und die Verwendung von Bauprodukten wurden in einer Vorschrift – der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) zusammengefasst. Sie ist in vier Teile untergliedert:

A  Technische Baubestimmungen, die bei der Erfüllung der Grundanforderungen an Bauwerke zu beachten sind

B  Technische Baubestimmungen für Bauteile und Sonderkonstruktionen, die zusätzlich zu den in Teil A aufgeführten Technischen Baubestimmungen zu beachten sind

C  Technische Baubestimmungen für Bauprodukte, die nicht die CE-Kennzeichnung tragen, und für Bauarten

D  Bauprodukte, die keines Verwendbarkeitsnachweises bedürfen.

Erstmalig wurde die MVV TB im August 2017 veröffentlicht. Im Jahr 2019 löste sie die vorherige Bauregelliste (BRL) ab. Auch die MVV TB muss wieder in den einzelnen Bundesländern eingeführt werden. Das Komplizierte dabei ist, dass beispielsweise Anfang 2021 eine neue Ausgabe der veröffentlicht wurde, nämlich die Ausgabe 2020/1.

Jedoch ist sie bis heute noch nicht in allen Bundesländern eingeführt bzw. es gibt noch immer Bundesländer, die – wie beispielsweise Baden-Württemberg – mit der Ausgabe 2017/1 arbeiten. Einen aktuellen Stand (vom 18. Mai 2021) der Umsetzung der MVV TB in den jeweiligen Bundesländern ist auf der Website des Deutschen Institutes für Bautechnik (DIBt) www.dibt.de zu finden.

Im Vergleich zur vorherigen Ausgabe der MVV TB wurde der Bereich Brandschutz nicht überarbeitet bzw. aktualisiert. Dort machen den Baubeteiligten beispielsweise „alte“ Normenausgaben das Leben schwer oder die Forderung einer „geringen“ Rauchentwicklung bei Feuerschutzabschlüssen und Brandschutzverglasungen.

Das Bild zeigt das Deckblatt der MVV TB – Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (Ausgabe 2020/1).
Bild 1: MVV TB – Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen
(Ausgabe 2020/1)
Das Bild zeigt einen Auszug aus der MVV TB – Ausgabe 2020/1 – lfd. Nr. C 4.2, Bauarten zur Errichtung von nichttragenden inneren Trennwänden
Bild 2: Auszug aus der MVV TB – Ausgabe 2020/1 – lfd. Nr. C 4.2

Wenn beispielsweise ein Verwendbarkeitsnachweis, ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP), für eine nichttragende, raumabschließende Trennwand von einer nach Landesbauordnung anerkannten PÜZ-Stelle ausgestellt werden soll, muss die Feuerwiderstandsprüfung nach DIN EN 1364-1:1999-10 durchgeführt werden. Für diese Prüfungen gibt es die derzeit gültige Normenausgabe der DIN EN 1364-1:2015-09. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Normenausgaben liegt in der Messstellenanordnung: Änderung des erforderlichen Abstands von Thermoelementen zu einer Unstetigkeit von 15 mm auf 20 mm, Anordnung der Messstellen für die Durchbiegung usw. Während im übrigen Europa die Prüfungen nach DIN EN 1364-1:2015-09 gefordert bzw. anerkannt werden, muss in Deutschland noch immer nach der Normenausgabe von 1999 für ein abP geprüft werden.

Weiterhin hat man es bei den Feuerschutzabschlüssen erschwerend mit unterschiedlichen Verwendbarkeitsnachweisen zu tun. Während die Feuerschutzabschlüsse in der Außenanwendung (Fenster und Tore) seit dem 1. November 2019 nur noch mit CE-Kennzeichnung (DIN EN 14351-1 bzw. DIN EN 13241, bei Brandschutz in Verbindung mit DIN EN 16034) und entsprechender Leistungserklärung in Verkehr gebracht werden dürfen, müssen die Feuerschutzabschlüsse in der Innenanwendung über nationale Zulassungen verfügen bzw. können, wenn ein EAD vorhanden, über eine ETA geregelt werden.

Mit der „Nicht-Harmonisierung“ der DIN EN 14351-2 blieb der Weg zur CE-Kennzeichnung für die Feuerschutzabschlüsse in der Innenanwendung versperrt. Somit sind für ihre Hersteller in Deutschland drei Möglichkeiten vorhanden, ihre Produkte auf den Markt zu bringen.

Es gibt das modifizierte Zulassungsverfahren für Feuerschutzabschlüsse beim DIBt – Z-6.20-xxxx. In diesem Zulassungsverfahren werden sowohl Ergebnisse aus Prüfungen nach DIN 4102-5, DIN 4102-18 und DIN 18095-2 als auch DIN EN 1634-1, DIN EN 1191 und DIN EN 1634-3 anerkannt und verwendet. Eine vom DIBt anerkannte Zulassungsprüfstelle erstellt ein Prüfprogramm auf Basis der Prüfvereinbarungen für Feuerschutzabschlüsse im modifizierten Zulassungsverfahren. Nach positivem Absolvieren des Prüfprogramms werden die Prüfergebnisse von der Zulassungsprüfstelle in einer zusammenfassenden gutachtlichen Stellungnahme bewertet und beim DIBt zur Erlangung einer allgemeinen bauaufsichtlichen Bauartgenehmigung/Zulassung vorgelegt. Die Prüfvereinbarungen werden derzeit überarbeitet und im laufenden Jahr eingeführt.

Hersteller, die in den letzten Jahren auf ein rein europäisches Nachweisverfahren für ihre Feuerschutzabschlüsse in der Innenanwendung gesetzt haben, können zwei Wege für das Inverkehrbringen ihrer Feuerschutzabschlüsse in der Innenanwendung beschreiten. Zum einen ist das der Weg über ein EAD (European Assessment Document), eine Art Guideline zur CE-Kennzeichnung, bei dem am Ende eine ETA (European Technical Assessment) steht. Ein EAD für die Stahlblechtüren ist bereits vorhanden (EAD 020029-00-1102). Auch für Stahl-Rohrrahmentüren gibt es ein EAD, das zur Harmonisierung ansteht. Eine Übersicht mit allen derzeitig geltenden EADs findet sich auf der Website der Europäischen Kommission [17].

Ein zweiter Weg ist über das neue Zulassungsverfahren Z-6.200-xxxx beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) möglich. Anders als beim modifizierten Zulassungsverfahren Z-6.20-xxxx bildet die Grundlage dafür ein europäisches Prüfprogramm, bei dem beispielsweise aufgrund von EXAP-Normen Prüfungen bzw. spezielle Anordnungen abgeprüft wurden. Die Entscheidung der Machbarkeit für dieses Zulassungsverfahren liegt beim DIBt. Am Ende soll beschieden werden, welche Anforderungen der Feuerschutzabschluss bauordnungsrechtlich erfüllt. Dies wird nur mit den bauordnungsrechtlichen Begriffen wie zum Beispiel „feuerhemmender, dicht- und selbstschließender Abschluss“ statt „T30“ belegt. Auch für dieses Zulassungsverfahren müssen Dokumente A und B erstellt werden; eine der benannten Prüfstellen muss diese mit den Prüfungen abgleichen und eine zusammenfassende gutachtliche Stellungnahme dazu erstellen. Berichte zum erweiterten Anwendungsbereich können nicht verwendet werden.

Zusammengefasst bleibt es in Deutschland beim modifizierten Zulassungsverfahren als Königsweg, der Zugang für europäisch geprüfte Türen wurde aber etwas erleichtert.

 

Literatur

  1. Musterbauordnung (MBO): Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 27.09.2019
  2. Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB): Ausgabe 2020/1
  3. Bauregelliste (BRL): Ausgabe 2015/2
  4. DIN EN 1364-1:1999-10
    Feuerwiderstandsprüfungen für nichttragende Bauteile – Teil 1: Wände
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  5. DIN EN 1364-1:2015-09
    Feuerwiderstandsprüfungen für nichttragende Bauteile – Teil 1: Wände
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  6. DIN EN 14351-1:2016-12
    Fenster und Türen – Produktnorm, Leistungseigenschaften – Teil 1: Fenster und Außentüren
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  7. DIN EN 13241:2016-12
    Tore – Produktnorm, Leistungseigenschaften
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  8. DIN EN 16034: 2014-12
    Türen, Tore und Fenster – Produktnorm, Leistungseigenschaften – Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  9. DIN EN 14351-2:2019-01
    Fenster und Türen – Produktnorm, Leistungseigenschaften – Teil 2: Innentüren
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  10. DIN 4102-5:1977-09
    Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Feuerschutzabschlüsse, Abschlüsse in Fahrschachtwänden und gegen Feuer widerstandsfähige Verglasungen
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  11. DIN 4102-18:1991-03
    Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Feuerschutzabschlüsse, Nachweis der Eigenschaft „selbstschließend“ (Dauerfunktionsprüfung)
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  12. DIN 18095-2:1991-03
    Türen; Rauchschutztüren; Bauartprüfung der Dauerfunktionstüchtigkeit und Dichtheit
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  13. DIN EN 1634-1:2018-04
    Feuerwiderstandsprüfungen und Rauchschutzprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse, Fenster und Baubeschläge – Teil 1: Feuerwiderstandsprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse und Fenster
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  14. DIN EN 1191:2013-04
    Fenster und Türen – Dauerfunktionsprüfung – Prüfverfahren
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  15. DIN EN 1634-3:2005-01
    Prüfungen zum Feuerwiderstand und zur Rauchdichte für Feuer- und Rauchschutzabschlüsse, Fenster und Beschläge – Teil 3: Prüfungen zur Rauchdichte für Rauchschutzabschlüsse
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  16. EAD 020029-00-1102
    Internal pedestrian fire resisting and/or smoke control single or double leaf doorsets made of steel
  17. https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/nando/

Anyke Aguirre Cano

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Anyke Aguirre Cano ist seit Juli 2010 als Prüfingenieurin im Brandschutz Bauteile bei ift Rosenheim tätig. Nach dem Umzug des Brandschutzzentrums von Nürnberg nach Rosenheim übernahm sie im Dezember 2016 die Funktion der Prüfstellenleiterin im Bereich Brandschutz Bauteile am Technologiezentrum. Seit März 2019 ist sie die Prüfstellenleiterin für Brand- und Rauchschutz im Technologiezentrum des ift Rosenheim.

Darüber hinaus vertritt sie seit Ende 2018 das ift Rosenheim im EGOLF (European Group of Organisations for Fire Testing, Inspection and Certification). Seit Dezember 2020 ist sie Mitglied im Sachverständigenausschuss des DIBt. Weiterhin ist sie seit April 2021 im Ausschuss NA 005-52-02 Brandverhalten Bauteile gemeldet.

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