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Durch die Normenrevisionen im Qualitäts- und Umweltmanagement im Jahr 2015 hat sich die Nachfrage nach Managementsystemzertifizierungen deutlich erhöht.
Durch den gesteigerten Praxisnutzen, die reduzierten Dokumentationsanforderungen und die Angleichung der Inhalte bei normübergreifenden Themen erweitern viele Kunden ihr Qualitätsmanagementsystem (QMS) um ein oder mehrere Managementsysteme wie Umwelt- (UM), Energie- (EnM) und/oder Arbeitsschutzmanagement (ASM).
Ziele und Neuerungen der relevanten Managementsystem-Normen
Durch die Angleichung der Anforderungen innerhalb der Managementsystem-Normen entstehen viele Synergien zwischen den einzelnen Normen, z. B. Zusammenfassungen in der Dokumentation, in Prozessen bzw. Abläufen, im Managementreview oder bei der Kombination interner sowie externer Audits. Einführung, Kombination und Integration mehrerer Managementsysteme (MS) im Unternehmen werden dadurch erheblich erleichtert.
Wichtig für die Kunden, die bereits ein EnMS oder ein AMS haben, sind die für die Umstellungen geltenden Fristen. Für EnM dürfen nach dem 20.2.2020 keine Zertifizierungsaudits mehr nach alter Normrevision (von 2011) durchgeführt werden, d.h. es muss im Laufe des Jahres 2020 umgestellt werden. Bei ASM gibt es eine Umstellungsfrist bis 11.3.2021.
Die wesentlichste Neuerung für alle Managementsystem-Normen ist die Überführung der Inhalte in ein gleiches Grundgerüst, genannt die „High Level Structure“ (HLS). Wenn ein Unternehmen bereits eines der nach HLS aufgebauten MS hat, sind bereits ca. 60 bis 70 % für das weitere System vorhanden, da z.B. die Dokumentation nur erweitert und nicht neu erstellt werden muss.
Die Kapitelstruktur für Qualitäts-, Umwelt-, Energie- sowie Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement ist nun grundlegend gleich. In jeweils zehn Kapiteln werden übergreifende Anforderungen wie Politik, Ziele, interne Audits, Managementreview usw. unter der gleichen Kapitelnummer weitgehend wortgleich formuliert und gegebenenfalls nur themenspezifisch erweitert.
Ein wesentliches Ziel der Normenrevision war mehr Praxisorientierung und Effizienzverbesserung zu erreichen. Dies zeigt sich vor allem am Wegfall von Dokumentationspflichten, wie z. B. dem QM-Handbuch oder den sechs zu dokumentierenden QM-Prozessen. Hierfür steht nun der Begriff der Lenkung der „dokumentierten Information“, der in allen HLS-Normen den Begriff der Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen übernommen hat.
Dabei werden alle Arten von Medien, z. B. Workflows in ERP-Systemen, bildhafte oder sogar verfilmte „Dokumentationen“ zugelassen, sofern Lesbarkeit, Archivierbarkeit, etc. gegeben sind. Ebenso zählen digitale Datenerfassungen mittels Software, aber auch Aufzeichnungen von Checklisten oder Formularen auf Papier zur dokumentierten Information. Prozesse und Arbeitsanweisungen sind nur dann zu erstellen, wenn dies für den Betrieb des Unternehmens erforderlich ist. Kriterien dafür sind z. B. die Komplexität der Abläufe und Produkte, mögliches Fehlerpotenzial, unklare Zuständigkeiten oder der Ausbildungsstand der Mitarbeiter. Ziel ist eine schlanke und effektive Dokumentation.
Im Kapitel vier zum „Kontext der Organisation“ wurde die Betrachtung auf interessierte Parteien, z. B. Nachbarn, Behörden, Banken, Versicherungen, soziale Medien, Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten etc. und auf interne und externe Themen, z. B. soziale, kulturelle oder wettbewerbliche Themen erweitert. Das Unternehmen betrachtet und ermittelt dabei diese Anforderungen bezogen auf das eingeführte MS, prüft was dazu bereits gemacht wird und stellt gegebenenfalls Handlungserfordernisse fest. Daraus werden Maßnahmen abgeleitet und die Ergebnisse in der Managementbewertung mindestens einmal jährlich überprüft und dokumentiert.
Ebenfalls für alle Normen neu ist die Betrachtung von Risiken und Chancen zu Tätigkeiten, Produkten und Abläufen. Mögliche Risiken und Chancen werden dazu meist auf Geschäftsführungs- und Abteilungsebene ermittelt. Dabei wird geprüft, was zu den ermittelten Chancen und Risiken bereits getan wird; zudem wird bewertet, ob noch weitere Maßnahmen erforderlich sind.
Zudem fordert keine MS-Norm mehr einen Managementbeauftragten. Dies soll durch eine Aufgabenverteilung auf Abteilungsleiter und Bereichsverantwortliche aufgefangen werden. Grund ist, dass bei einer breiteren Verteilung der Verantwortungen das System im Ganzen besser funktioniert. Viele kleinere Zahnräder im System können mehr bewirken als ein von neutraler Stelle aus als Managementbeauftragter agierendes größeres Zahnrad. In der Praxis zeigt sich, dass wohl die Mischung das beste Ergebnis bringt: mehr Verantwortung bezüglich des QM-Systems bei den Führungskräften, aber letztlich doch ein Zusammenführen der Fäden beim Managementbeauftragten (MB). Ohne MB ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass das System funktioniert – vor allem dann, wenn sich die Geschäftsführung aus welchen Gründen auch immer nicht intensiv einbringen kann.
Große Teile der Normen wurden bei den Revisionen inhaltlich nicht verändert. Allerdings wurden neue Anforderungen aufgenommen sowie bestehende spezifiziert.
Häufigste Managementsysteme in der Metallbaubranche
Das meist verbreitetste und am meisten genutzte Managementzertifizierungssystem im Branchensegment Metallbau ist das Qualitätsmanagementsystem nach DIN EN ISO 9001:2015-11. Hier ist ein QM-System als Basis vieler Geschäftsbeziehungen bereits Standard. Oft ist das „ift-QM-Zertifikat“ die Eintrittskarte für neue Aufträgen, da viele ausschreibende Stellen, Kunden oder auch Händler ein QM-Zertifikat verlangen. Eine Managementzertifizierung mit dem ift Rosenheim berücksichtigt beispielsweise auch die Anforderungen, die sich aus der Bauproduktenverordnung (BauPVO) und den europäischen Produktnormen an die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) ergeben. Besonders erwähnenswert sind Fluchttüren im Anwendungsbereich von EN 14351-1 oder auch Brandschutztüren nach EN 16034.
Durch die Kombination von Management-Zertifizierungsaudit und Produktüberwachung ergeben sich viele Synergieeffekte und geringere Kosten für die Metallbauunternehmen. Der Anteil von umgesetzten Umweltmanagementsystemen, Energiemanagementsystemen oder Arbeits- und Gesundheitsmanagementsystemen liegt bei etwa einem Drittel im Vergleich zum klassischen QM-System.
Vorteile der einzelnen Managementsysteme
Im Wesentlichen liegt der Nutzen von UMS bei der Optimierung von erheblichen Umweltaspekten, von EnMS bei der Nutzung möglicher Steuerrückerstattungen und/oder von Energiekosteneinsparungen und von ASM beim Schutz der Mitarbeiter, je nach Gefährdungslage aufgrund der Tätigkeiten und Produkte. Oft spielen auch Kundenanforderungen bei der Wahl des jeweiligen Managementsystems eine wesentliche Rolle.
Vorteile eines Qualitätsmanagementsystems nach DIN EN ISO 9001:2015-11
- Verbesserte Kundenzufriedenheit und Kundenbindung durch systematische Analyse von Kundenwünschen
- Steuerung des Unternehmens durch Kennzahlen und Ableitung geeigneter Maßnahmen
- Ständige Verbesserung der Qualität und der Prozesse
- Auswahl zuverlässiger Partner und Lieferanten mit Hilfe analytischer Werkzeuge
- Effiziente Organisation von Produktion und Dienstleistung
- Klar definierte Zuordnung von Aufgaben- und Verantwortungsbereichen
- Gezielte Förderung und Qualifikation der Mitarbeiter
Vorteile eines Umweltmanagementsystems nach DIN EN ISO 14001:2015-11
- Rechtssicherheit durch Bewertung gesetzlicher Vorgaben
- Kosteneinsparung durch Ressourcenschonung und ggf. reduzierte Versicherungsprämien
- „Eintrittskarte“ bei diversen Auftragsvergaben (z. B. öffentliche Aufträge)
- Wettbewerbsvorteile durch Erfüllung von Kundenanforderungen und Imagegewinn
- Erleichterungen für Prüfpflichten bei amtlichen Prüfungen
- Identifikation und Reduzierung von Umweltrisiken
Vorteile eines Energiemanagementsystems nach DIN EN ISO 50001:2018-12
- Nutzung gesetzlicher Erleichterungen (z. B. Ausgleichsregelung nach EEG und Spitzenausgleich)
- Reduzierung der Energiekosten
- Identifizierung energieintensiver Prozesse und Betriebsbereiche mit Einsparpotenzial
- Energieversorgungssicherheit
- Wettbewerbsvorteile und Imagegewinn
- Verringerung der Treibhausgasemissionen
Vorteile eines Arbeits-/Gesundheitsschutz-Managementsystems nach BS OHSAS 18001:2007/DIN ISO 45001:2018-06
- Senkung von Ausfallzeiten und daraus resultierender Kosten
- Einhaltung der gesetzlichen Arbeitgeberpflichten
- Erhöhung der Betriebssicherheit und Reduzierung von Arbeitsunfällen
- Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz als Teil der Unternehmenskultur
- Reduzierung des Haftungsrisikos von Geschäftsführern und leitenden Angestellten
- Erfüllung von Kundenforderungen z. B. als Mindestforderungen bei Projektvergaben
Zeit- und Kostenaufwand einzelner Managementsysteme
Zeitaufwand und Kosten für MS hängen im Wesentlichen von der Unternehmensgröße und der Komplexität bzw. der von den Produkten und Tätigkeiten ausgehenden Gefahren ab. Die Zertifizierung für einen 100-Mann-Betrieb kostet bei der Einführung z.B. für ein QMS ca. 5.000 bis 7.000 Euro und in den Überwachungsjahren ca. 3.000 bis 5.000 Euro. Da weitere Systeme meist auf QM aufgesattelt werden, kommen ca. 1/2 bis 2/3 der Zertifizierungskosten dazu (sofern diese als Integrierte MS geführt werden).
Wird die QM-Zertifizierung mit einer Produktzertifizierung wie beispielsweise mit der Überwachung von Brandschutztüren kombiniert, so ergeben sich viele Einsparungen, da wesentliche Überschneidungen vorliegen und beide Systeme aufeinander abgestimmt werden können. Auch die personellen Verantwortlichkeiten wie QM-Beauftragter und WPK-Beauftragter können sozusagen in einer Hand zusammengeführt werden. Die Abwicklung von MS-Audits und Produktzertifizierung an einem Termin wird von den Kunden sehr geschätzt und wird vom ift Rosenheim angeboten.