Fachgerechte Montage von Fenster und Türen – Teil 2

Abdichtung gegen Raumluftfeuchte und Schlagregen

Lesezeit: 6 Minuten

Die fachgerechte Planung und Durchführung der Montage sind wesentlich für die Funktionalität und Langlebigkeit von Fenster und Außentüren. Auswertungen von ift-Gutachten zeigen, dass über 50% der Baumängel auf einer fehlerhaften Montage basieren.

Bild 1: Typische Fehler aus der täglichen Praxis der ift-Gutachter am Beispiel von Fugendichtbändern

Im zweiten Teil des Dreiteilers wird die fachgerechte Planung und Ausführung der Abdichtung beschrieben. Die Inhalte basieren auf dem Montageleitfaden der RAL-Gütegemeinschaft Fenster, Fassaden und Haustüren, dem ift Rosenheim und dem BIV.

Bauelemente in der Gebäudehülle sind Belastungen durch Feuchtigkeit, sowohl von außen wie innen, ausgesetzt. Während die äußere Bewitterung allgemein als Belastung bekannt ist, bleibt die Feuchtebelastung durch das Raumklima oft unbeachtet (Tauwasser → Schimmelpilzbildung).

In Abhängigkeit der zu erwartenden Beanspruchung aus Gebäudestandort, Einbaulage, Fensterkonstruktion, Nutzung und Anschlussausbildung muss eine objektspezifische Betrachtung erfolgen, die bei der Auswahl des richtigen Dichtsystems folgende Aspekte berücksichtigt:

  1. Zu erwartende Bewegungen/Verformungen (Deckendurchbiegung, Längenänderung aufgrund Temperatur oder Feuchte),
  2. Beschaffenheit der Fugenflanken und der angrenzenden Materialien,
  3. Fugengeometrie,
  4. Vorhandene Bautoleranzen,

Gestalterische Belange (Sichtfugen). Wichtig ist nicht nur die Auswahl geeigneter Abdichtungsmaterialien, sondern auch die Herstellung und Kontrolle geeigneter „Fugenflanken“ und definierte „Fugengeometrien“, die vom Abdichtungssystem abhängen (Nutfüllprofile am Fenster, bündig abgestrichene Mörtelfugen, Glattstrich oder ausreichend trockene und saubere Konstruktionshölzer). Diese Maßnahmen müssen bereits bei der Planung festgelegt und in den Leistungsbeschreibungen der Gewerke berücksichtigt werden.

Höhe der Fugenausbildung nach äußerlichen und innerlichen Belastungen
Bild 2: Fugenausbildung in Abhängigkeit von der Belastung
Vorstellung der Belastungsarten einer Abdichtung
Bild 3: Belastungsarten einer Abdichtung

Bauteil- bzw. Baukörperanschlussfugen sind „Bewegungsfugen“, bei denen mit Veränderungen der Fugengeometrie aufgrund wechselnder Einwirkungen (Temperatur, Feuchte, Wind, Nutzung) zu rechnen ist. Bei Rahmenwerkstoffen aus Kunststoff und Metall ist der Temperatur- und bei Holz der Feuchteeinfluss maßgeblich.

Weiterhin können auch Bewegungen aus dem Baukörper auf die Fugen einwirken (Deckendurchbiegung). Die Auswahl und Eignung des Dichtsystems ist nicht auf der Baustelle, sondern bei der Planung festzulegen und im Vorfeld zu klären. Zu beachten sind:

  1. Dauerbewegungsaufnahmefähigkeit,
  2. alterungs- und witterungsbeständig,
  3. beständig gegen chemische und mechanische Einflüsse,
  4. hoher/geringer sd-Wert (je nach Einsatz innen oder außen),
  5. Verträglichkeit mit üblichen Materialien im Anschlussbereich,
  6. Brandverhalten, min. B2 bzw. Klasse E.

Insbesondere bei Einsatz von neuen Dichtsystemen sollte die Eignung anhand entsprechender Nachweise, z.B. nach der ift-Richtlinie MO-01/1, durch den Hersteller abgeklärt sein.

Dichtstoffe

Spritzbare Fugendichtstoffe werden vielfältig eingesetzt, aber oft erfolgt keine Bemessung des Fugenquerschnitts. Dieser ist in Abhängigkeit der zu erwartenden Fugenbewegung (Bsp. thermische Längenänderungen von Metall oder PVC-Profilen, Durchbiegungen etc.) und der max. Dehnung des Dichtstoffes zu dimensionieren, die vom Hersteller angeben werden muss. Bei hochwertigen Silikonen sind dies ca. 25 %. D.h., dass eine Fuge 20 mm breit sein muss, wenn 5 mm Fugenbewegung erwartet werden. Im Montageleitfaden [1] können die Fugenbreiten, in Abhängigkeit vom Fenster, aus Tabellen entnommen werden.

Bild 4   Empfohlene Fugenbreiten in Abhängigkeit von Fenstermaterial, Einbaulage, Abmessung und Dichtstoff [1]

Zu beachten sind:

  • Dichtstoffe funktionieren nur bei guter Haftung des Untergunds
  • Haftflächen müssen geeignet sein (ggf. Glattstrich am Baukörper, Füllprofil am Blendrahmen) und sind bei Bedarf mit Primern (Haftvermittlern) vorzubehandeln.
  • Imprägnierungen und Anstriche von Beton- und Holzbauteilen, Ortschaumrückstände stören das Haftverhalten der Dichtstoffe.
  • Einsatz des Hinterfüllmaterial (Rundschnur) aus geschlossenzelligem (keine Wasseraufnahme) Schaumstoff zur Begrenzung der Fuge im Fugengrund und Gewährleistung einer Zweiflankenhaftung. Bei begrenzter Fugentiefe kann auch eine Trennfolie in den Fugengrund eingelegt werden.
  • Bei Fugenbreiten ≥ 10 mm soll sich ein Tiefen- zu Breitenverhältnis (t/b) von ≈ 1/2 ergeben. Zusätzlich gilt: 6 mm ≤ t ≤ 18 mm

Um schädliche Wechselwirkungen zu vermeiden, ist die Verträglichkeit des Dichtstoffes mit den angrenzenden Materialien zu klären. Beispielsweise kann ein sauer reagierender Dichtstoff, der Essigsäure abspaltet, auf Zinkblech, Naturwerkstein oder ähnlichem Material nicht eingesetzt werden, da die Werkstoffe untereinander nicht verträglich sind.

Die Tabelle zeigt, in den Spalten die Mindestfugenbreite bei stumpfer Leibung bSt in mm und die Mindestfugenbreite bei Innenanschlag bA in mm. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 4: Empfohlene Fugenbreiten in Abhängigkeit von Fenstermaterial, Einbaulage, Abmessung und Dichtstoff [1]
Bild 5: Fachgerechte Dichtstofffuge
Bild 6: Fachgerechter Einsatz von Multifunktionsdichtungsbändern

Fugendichtungsbänder und Multifunktionsdichtbänder

Fugendichtungsbänder bestehen aus offenzelligem Polyurethan-Schaumstoff als Trägermaterial, in den ein Imprägniermittel eingebracht wird, das die wesentlichen Eigenschaften des Dichtsystems sicherstellt. Fugendichtungsbänder sind vorkomprimiert („Kompriband“) und haben einen geringen Wasserdampfdiffusionswiderstand. Damit ist gleichzeitig ein guter Feuchteausgleich der Fuge und eine schlagregendichter Ausführung möglich. Zu beachten sind:

  • Bestimmung der richtigen Beanspruchungsgruppe (BG 1 für ungeschützte Außenanwendung (UV-Belastung), BG 2 für Außenanwendung mit Abdeckung/Schutz vor direkter Bewitterung, BG R für die raumseitige, luftdichte Abdichtung).
  • Dichtungsbanddimension für ausreichende Kompression im eingebauten Zustand. Zu dünne Dichtbänder sind nur blickdicht aber nicht wasserdicht.
  • Sicherstellung einer möglichst plan-parallelen und ebenen Fugenflanke ohne Versätze (zwischen Platten und Profilen aus Beton, Holz, Aluminium). Unebenheiten mit weichen Übergängen können durch das Dichtungsband innerhalb des Einsatzbereiches (Fugenbreite) abgedichtet werden.
  • Die Fugenflanken (Pressflächen) müssen ausreichend druckfest sein (keine Faser-Dämmstoffe).

Multifunktionsdichtungsbänder sind eine Weiterentwicklung imprägnierter Fugendichtungsbänder, die gleichzeitig abdichten und dämmen. Demzufolge füllen Multifunktionsdichtungsbänder nahezu den gesamten Fugenraum über die Bauteiltiefe aus, so dass ein Befestigungssystem mit Distanzbefestigung eingesetzt werden muss, da für Trag- und Distanzklötze kein Platz vorhanden ist.

Fugendichtungsfolien

Fugendichtungsfolien können große Fugentoleranzen aufnehmen und sind daher für große Fugenbewegungen (Fassadenelemente, Deckendurchbiegung etc.) geeignet. Die Produkte unterscheiden sich hinsichtlich der Basismaterialien (Butyl, Polyisobutylen, PE, PP-Folien, Gewebe etc.), Dehnverhalten (Bewegungsaufnahme im Material oder über Bewegungsschlaufe), Verklebung (z.B. selbstklebend, zusätzlicher Klebstoff), Ausstattung (Putzträgerbeschichtungen, Alukaschierungen usw.) sowie Breite und Materialdicke. Zu beachten sind:

  • Auswahl nach objektspezifischen Erfordernissen, der konkret geplanten Anschlussausbildung und Materialverträglichkeit
  • Bei Putzanschlüssen muss die Überputzbarkeit der Fugendichtungsfolie (ausreichende Putzhaftung, Alkalibeständigkeit) vom Hersteller bestätigt sein (Vlieskaschierung als Putzträger).
  • Haftflächen der Fugenflanken müssen für Klebung (Selbstklebung oder passendem spritzbaren Klebstoff) geeignet sein (außer bei Fugendichtungsfolien mit Keder).

Die Haftflächen sind auf ihre Haft-, Kleb- und Tragfähigkeit zu prüfen und ggf. zu reinigen und mit Primern (Haftvermittlern) vorzubehandeln. Die Eignung der Klebstoffe mit den Haftflächen bzw. bei Kontakt mit anderen Abdichtungssystemen ist mit dem Hersteller abzuklären.

Bild 7: Fachgerechter Einsatz von Fugendichtungsfolien
Bild 8: Anwendungsbeispiele für Anputzleisten und ein-/mehrteilige Anputzdichtleisten

Anputzdichtleisten

Anputzdichtleisten sind eine Weiterentwicklung von Anputzleisten und bieten eine dauerhafte und berechenbare Abdichtfunktion. Für Putzmauerwerk und Wärmedämmverbundfassaden (WDVS) werden spezielle Anputzdichtleistensysteme angeboten, die den Anschluss zwischen Putz und Bauteilen ermöglichen und nach ift-Richtlinie MO-01/1 ge- prüft sein sollten. Die Systeme werden am Blendrahmen aufgeklebt und sind über ein elastisches Element mit einem PVC-Profil zur Putzanbindung verbunden. Ein ausreichender Fugenabschluss ist damit erst mit Fertigstellung der Putzarbeiten gegeben. Bei der Auswahl der vielfältigen Systeme, sollte noch mehr auf einen Nachweis der Material- und Fugeneigenschaften nach der ift-Richtlinie MO-01/1 geachtet werden. Zu beachten sind:

  • Materialverträglichkeit der Haftflächen, insbesondere bei einer Selbstklebung zum Fensterrahmen und die Einbindung zum Putz (Putzeinbindung).
  • Die Haftflächen sind auf ihre Haftfähigkeit und Materialverträglichkeit zu überprüfen und ggf. zu reinigen bzw. vorzubehandeln.
  • Die Profilierung der Leisten muss eine gute Putzeinbindung sicherstellen, um spätere Abrisse des Putzes und damit offene Fugen zu verhindern (bei WDVS in der Regel mit Gewebearmierung).

Ausreichender Fugenquerschnitt, d.h. bei Anputzdichtleisten die Einbindung der Leiste in den Putz oder das WDVS unter Beachtung der notwendigen „Putzüberdeckung“

Fugendämmung

Der verbleibende Fugenraum der Anschlussfugen zum Baukörper ist für einen ausreichenden Wärme- und Schallschutz möglichst vollständig mit Dämmstoff auszufüllen. Hierzu stehen PU-Ortschäume, Mineralfaserdämmstoffe (Stopfmaterial mit ausreichender Verdichtung beim Einbringen), Schaumstoff-Füllbänder (nicht wassersaugend), Spritzkork sowie aufbereitete Naturfasern mit dämmenden Eigenschaften (Hanf, Wolle etc.). Sie können in der Regel aber keine Dichtfunktion übernehmen

Weiter mit Teil 3

Im dritten Teil unserer Artikel-Reihe "Fachgerechte Montage von Fenster und Türen" wird das Thema der Befestigung behandelt.

WEITERLESEN

Literatur

  1. Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren für Neubau und Renovierung (Leitfaden zur Montage/LzM). Erstellt vom ift Rosenheim und der RAL-Gütegemeinschaft Fenster, Fassaden und Haustüren e.V., Rosenheim/Frankfurt, 3/2014
  2. Leitfaden zur Montage von Vorhangfassaden – Planung und Ausführung der Montage für Neubau und Renovierung. Erstellt vom ift Rosenheim und der RAL-Gütegemeinschaft Fenster, Fassaden und Haustüren e.V., Rosenheim/Frankfurt, 6/2017
  3. ift-Richtlinie MO-01/1 „Baukörperanschluss von Fenstern – Teil 1: Verfahren zur Ermittlung der Gebrauchstauglichkeit von Abdichtungssystemen.“ und  Teil 2 „Verfahren zur Ermittlung der Gebrauchstauglichkeit von Befestigungssystemen 

Wolfgang Jehl

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Jehl ist im ift Rosenheim als Produktmanager für den Bereich äußere Abschlüsse, Materialien für den Baukörperanschluss sowie geklebte Verglasungen tätig. Als Hauptverfasser des Montageleitfadens und diverser Richtlinien sowie als langjähriger Gutachter gilt er als führender Experte auf diesem Gebiet. Als Referent und Autor sowie in verschiedenen Normungsgremien gibt er seine Erfahrung an die Branche weiter

Jürgen Benitz-Wildenburg

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Kommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingexperte ist er seit 30 Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter.

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