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Der Klimawandel ist da, und die Folgen treffen uns alle – das sagen Experten und das zeigt das Klima selber. Hitzerekorde mit Temperaturen bis zu 47 Grad, Überschwemmungen bei Starkregen sowie unerwartete Kälteeinbrüche mit großen Schneemassen gefährden Leben, und Gebäude werden durch Hagelkörner groß wie Tennisbälle und durch Orkane beschädigt.
Daher geht es nicht mehr allein nur darum den Klimawandel durch energieeffiziente und nachhaltige Bauprodukte zu begrenzen, sondern auch darum sich vor den zukünftigen Klimakatastrophen zu schützen. Die Gebäudehülle muss das Klima im Gebäude angenehm und sicher halten – am besten natürlich ohne technische Systeme wie Heizungs- oder Klimatechnik.
Gleichzeitig rückt aber auch der CO2-Fußabdruck immer stärker in den Fokus, denn die „graue Energie“ für die Errichtung neuer Gebäude spielt eine immer wichtigere Rolle. Klimawissenschaftler fordern den Focus stärker auf den CO2-Footprint zu legen, um die Umweltwirkungen bei Neubauten und Sanierungen stärker zu berücksichtigen. Das erkennt nun auch die Politik, so dass die Bedeutung von Ökobilanzen und Recyclingbaustoffen und -verfahren stark zunehmen wird.
Für Bauelemente wie Fenster, Fassaden, Türen und Tore ergeben sich daher folgende generellen Trends.
- Bauelemente, die die Energieeffizienz von Gebäuden steigern und so die CO2-Emissionen verringern, werden an Bedeutung gewinnen.
- Holzbauweisen und hybride Konstruktionen (Beton-/Stahlskelettbauweise) mit Wandelementen aus Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen werden gegenüber massiven Bauweisen Marktanteile gewinnen.
- Der Einsatz von Produkten und Konstruktionen, die gemäß dem Ansatz „Cradle-to-Cradle“ hergestellt sind, sowie Wartungs-, Pflege- und Entsorgungskonzepte, die Nachhaltigkeit und Recycling nachweislich verbessern und so Ressourcen schonen, wird zunehmen.
- „Grüne“ Fassaden zur Verbesserung von Luftqualität und Mikroklima kommen mehr und mehr zur Anwendung.
- Adaptive Sonnenschutzsysteme sollen den „Energiehunger“ von Klimageräten zügeln und vor Hitzewellen schützen.
- Bauelemente werden verwendet, die Öffnungen in der Gebäudehülle vor Überschwemmungen durch Flüsse und lokalen Starkregen schützen.
- Äußere Abschlüsse (Rollläden, Raffstore, Jalousien) sollen künftig auch bei Orkanen und Hagelstürmen sicher sind.
- Fenster und Lüftungselemente, die natürlich und ohne zusätzlichen Energieverbrauch für Nachtauskühlung und gesunde Frischluft sorgen, werden zunehmend eingesetzt.
- Immer mehr smarte Steuerungssysteme regeln und schützen die Gebäude komfortabel und energiesparend, auch wenn die Bewohner außer Haus sind.
Oberflächen, die sich bei solarer Einstrahlung nicht so stark aufheizen, schützen die Bauelemente vor Beschädigungen.
Energieeffizienz
Die Schäden des Klimawandels und die hieraus resultierende Kosten steigen stetig, und die Vorgaben der europäischen Klimapolitik sind nur durch radikale Einsparungen zu erreichen. Die notwendigen Maßnahmen müssen sich viel stärker als bisher auf den Gebäudesektor konzentrieren, weil hier ca. 40 % der CO2-Emissionen entstehen, und die Erreichung der sektoralen Emissionsreduzierung noch in weiter Ferne liegt. Der große Hebel liegt aber nicht im Neubau, sondern in der Steigerung der energetischen Sanierungsquote. Daraus ergeben sich für 2021 und darüber hinaus vielfältige Konsequenzen und Chancen für die Fenster- und Fassadenbranche.
Moderne Fenster, Fassaden und Verglasungen haben heute schon ein Niveau erreicht, bei dem die solaren Gewinne auf der Ost-, West- und Südseite die Energieverluste deutlich übertreffen; damit werden Glasflächen eine regenerative Energiequelle ganz ohne Anlagentechnik. Durch eine Kombination der unterschiedlichen Einflussfaktoren können Fenster und Fassaden an die jeweiligen Anforderungen gut angepasst werden.
Das große Potenzial im Kampf gegen den Klimawandel liegt in der energetischen Sanierung des Gebäudebestands. Nach Analysen der Verbände VFF und BF warten ca. 260 Millionen alte Fenstereinheiten mit Gläsern ohne Low-E-Beschichtung auf einen Austausch. Damit könnten jährlich über 14,1 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden. Das wären 50 % der 28 Mio. Tonnen, die nach Angaben der dena notwendig wären, um den Klimaschutzplan 2030 für den Gebäudesektor zu erreichen. Hierfür braucht es von der Politik Instrumente wie eine Austauschverpflichtung, eine Verschärfung der energetischen Anforderungen oder attraktive Förderprogramme. Der finanzielle Aufwand zur Reduzierung von CO2-Emissionen muss durch Förderprogramme kompensiert werden, weil die Kosteneinsparungen bei den derzeitig niedrigen Preisen für fossile Energieträger keinen ausreichenden Anreiz für private und öffentliche Investitionen bieten.
Die Fenster- und Fassadenbranche muss ihrerseits attraktive Konzepte für die Sanierung und den einfachen Fensteraustausch entwickeln. Dazu gehören wichtige Aspekte wie Wärmedämmung, dezentrale Lüftung, Verschattung, solare Energienutzung, eine leichte Montage, aber auch einfache Bewertung der CO2-Reduzierung sowie ein vollständiges Recycling. Beispielsweise setzen manche Fensterhersteller Aluminiumprofile mit einem Recyclinganteil von mehr als 75 % ein. Das Ziel müssen energieeffiziente und umweltfreundliche Produkte sein, die zu einem fairen Systempreis verfügbar sind.
Weitere Potenziale zur Verbesserung der Energieeffizienz sind mechatronische Beschläge und Systeme, mit denen sich Fenster, Türen und Sonnenschutzsysteme bedarfsgerecht steuern lassen. Berechnungen gemäß EN 15232 und DIN V 18599 zeigen, dass sich Verbesserungen im Nicht-Wohnbau von 15 bis 20 % erreichen lassen und bei den Kennwerten im Energieausweis Verbesserungen von bis zu 10 % möglich sind. Darüber hinaus können auch vertikale Gebäudeflächen zur aktiven Energieerzeugung per Photovoltaik einen Beitrag zur CO2-Minderung leisten.
Zweistufiger Fenstereinbau mit Vorab-Montagezargen
Ein intelligenter Ansatz ist die Fenstermontage mittels einer Montagezarge, bei der Bauschäden vermieden werden und sich Fenster mit sehr geringem Aufwand modernisieren lassen. Im üblichen Bauablauf werden Fenster bereits im Zuge der Rohbauerstellung, also in der „nassen“ Bauphase montiert und dadurch oft durch nachfolgende Gewerke sowie Schmutz und Feuchtigkeit beschädigt, die im schlimmsten Fall einen Austausch erfordern. Das verursacht nicht nur Kosten, sondern auch weitere CO2-Emissionen.
Mit Hilfe von Vorab-Montagezargen (landläufig auch Einbaurahmen oder Blindstock genannt) wird die Fenstermontage vom üblichen Bauablauf entkoppelt, so dass die fertigen Fenster mit hochwertiger Oberfläche nach Abschluss aller schmutz- und feuchteproduzierenden Arbeiten erst in der „trockenen“ Bauphase eingebaut werden. Vorab-Zargen bieten deshalb für alle Baubeteiligten erhebliche Vorteile, auch bei späteren Modernisierungen, da dieser einfach und ohne Eingriff in die angrenzende Bausubstanz erfolgen kann. Über die gesamte Gebäudenutzungszeit ergeben sich durch diese definierte Schnittstelle wirtschaftliche und ökologische Vorteile, insbesondere beim hochwertigen Bauen.
Nachhaltigkeit
Der Bau- und Immobilienbereich verbraucht sehr große Mengen an Energie und Rohstoffen für die Herstellung (graue Energie) und Nutzung von Gebäuden. Bei der Novellierung der Bauproduktenverordnung (BauPVO) wurde folgerichtig als siebte „wesentliche Anforderung (essential requirement)“ die „Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen“ aufgenommen. „[…] Das Bauwerk, seine Baustoffe und Teile müssen nach dem Abriss recycelt werden können“ […] Für das Bauwerk müssen umweltfreundliche Rohstoffe und Sekundärbaustoffe verwendet werden.“ Die Verordnung sieht vor, eine Bewertung durch eine EPD (Umweltproduktdeklaration) vorzunehmen. Gleichzeitig nimmt die Bedeutung von Zertifizierungssystemen für nachhaltiges Bauen (LEED, BREEAM sowie BNB, DGNB) immer weiter zu. Deshalb sind nicht nur Hersteller von Bauelementen, sondern auch Gebäudeenergieberater gut beraten die notwendigen Daten und Produktinformationen zu kennen, zu bewerten und an den Gebäudenutzer zu übergeben, der diese Daten für die Nutzungszeit, Umbauten oder den Rückbau braucht.
Produktpass Nachhaltigkeit
Damit Planer, Bauherren und Investoren nachhaltigkeitsrelevante Kriterien einfacher bewerten können, hat das ift Rosenheim den Nachhaltigkeits-Produktpass (NHPP) entwickelt. Dieser enthält die notwendigen Kennwerte für Zertifizierungssysteme wie DGNB, BNB, LEED oder BREEAM. Dazu gehören ein Ökobilanzbericht, eine Umweltproduktdeklaration (EPD), gültige REACH-Herstellererklärungen, gesundheitsrelevante Nachweise (z.B. VOC-Nachweise), Nachweise zur Nachhaltigkeit (z.B. PEFC, FSC oder Cradle-to-cradle), Deklaration des Recyclinganteils, Managementzertifizierung oder CSR-Berichte (Corporate Social Responsibility). Als akkreditierter Programmhalter für EPDs kann das ift Rosenheim diese notwendigen Nachweise erstellen. Der Nachhaltigkeits-Produktpass des ift Rosenheim unterstützt „Stakeholder“ wie Bauherren, Investoren, Gebäudenutzer, Architekten, Planer und Gebäudezertifizierer, Kunden, Lieferanten oder Mitarbeiter mit einer übersichtlichen Darstellung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Kennwerte.
Die notwendigen Kennwerte für unterschiedliche Gebäudezertifizierungssysteme (DGNB, BNB, LEED und BREEAM) sind übersichtlich zusammengestellt und können einfach als Basis für ein Umweltmanagementsystem oder die ökologische Optimierung von Produkten und der Produktion genutzt werden.
Automatisierte EPD-Erstellung
Die Erstellung einer Umweltproduktdeklaration (EPD) gleicht einem Mosaik, für das viele Daten aus unterschiedlichen Bereichen ermittelt werden müssen, beispielsweise die verwendeten Materialien (Rahmen, Dichtungen, Beschläge, Glas etc.), Fertigung, Transport und Montage. Damit sind dann Aussagen zu den Umweltwirkungen eines Produktes möglich, beispielsweise zum Energie-/Wasserverbrauch oder Treibhausgas (CO2). Um Herstellern von Fenstern, Fassaden, Türen, Toren etc. bei der Erstellung produktspezifischer EPDs zu unterstützen, hat das ift Rosenheim ein EPD-Tool entwickelt. Auf Basis produkt- bzw. projektspezifischer Daten können per Mausklick individuelle EPDs für Hersteller, Produkte und Projekte erstellt werden.