Foto eines Türschlosses nach einer Brandschutzprüfung

HPS als Eintritt in EXAPs

Was kann ein HPS (Hardware performance sheet) leisten?

Lesezeit: 6 Minuten

Mit der Einführung der Produktnorm EN 16034 ist eine europaweite CE-Kennzeichnung für Fenster, Außentüren und Tore mit Feuer- und Rauchschutzeigenschaften bereits jetzt möglich. Innentüren im Anwendungsbereich von EN 14351-2 werden in 2018 folgen.

Gerade in den DACH-Ländern ist es heutzutage gängige Praxis, Baubeschläge wie Schlösser, Türbänder oder Türgriffe an Feuer- oder Rauchschutzabschlüssen auszutauschen. Im nationalen Zulassungsverfahren für Feuerschutzabschlüsse in Deutschland kann der Austausch von Beschlägen bis zum Ende der Koexistenzphase am 1. November 2019 noch auf Basis der sogenannten „Liste der geprüften Zubehörteile zur Verwendung an FSA“ und unter Einhaltung der festgelegten Verfahren erfolgen. Auch für CE-gekenn­zeichnete Feuer- und Rauchschutzabschlüsse ist die Austauschbarkeit von Schlössern, Türbändern oder Türgriffen ein wichtiges Thema.

Im Folgenden wird auf den Status Quo sowie die künftigen Anforderungen, aber auch auf die Grenzen und Möglichkeiten der Austauschbarkeit von Baubeschlägen in Bauprodukten im Anwendungsbereich von EN 16034 eingegangen.

Foto eines Türschlosses nach einer Brandschutzprüfung
Bild 1: Baubeschläge wie Schlösser haben einen Einfluss auf die Klassifizierung von Feuerschutzabschlüssen

Status heute – Feuer- und Rauchschutzabschüsse mit Ü-Kennzeichen

Der Austausch von Baubeschlägen wie Schlössern, Türbändern oder Türgriffen kann bis zum Ende der Koexistenzphase von EN 16034 am 1. November 2019 noch auf Basis der sogenannten „Liste der geprüften Zubehörteile zur Verwendung an FSA“ erfolgen. Diese Liste, ein Anhang zum Dokument A der Zulassung in Deutschland, enthält alle mit dem Feuerschutzabschluss (FSA) geprüften Zubehörteile. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beschlag bei einer Prüfung des Feuerwiderstands, der Dauerfunktion oder/und der Rauchdichtheit mit dem FSA geprüft wurde. Andere Beschlagteile werden hier nicht gelistet. Wie kommt man nun zum Austausch von Beschlägen?

Kennwerte als Grundlage für die Austauschbarkeit

Der Austausch der Beschläge erfolgt heute auf Basis der wesentlichen Kennwerte der Beschläge und in Eigenverantwortung des Zulassungsinhabers. Voraussetzung ist, dass der Beschlag an sich für die Verwendung an Feuer- und Rauchschutzabschlüssen geeignet ist. Die Liste mit Kennwerten wird bei der Beantragung der Zulassung vom Hersteller erstellt. Darin werden wesentliche Eigenschaften der geprüften Beschlagteile erfasst. Das sind in der Regel das Material, die Befestigung, die Größe von Ausnehmungen, die Abmessungen, der Verwendbarkeitsnachweis sowie beschlagspezifische Details wie beispielsweise die Zahl der Fallen, der Falleneinstand oder das Dornmaß eines Schlosses (Beispiel in Tabelle 1 für Schlösser).

Die Tabelle dient als Beispiel für eine Liste der Zubehörteile zur Verwendung an FSA. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 1: Beispiel für eine Liste der Zubehörteile zur Verwendung an FSA
(Quelle: Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin) [1]

Um nun ein Beschlagteil auszutauschen, muss der Hersteller die Kennwerte des neuen Beschlagteils erfassen und mit denen eines mit seinem FSA geprüften Beschlags vergleichen. Sind die Kennwerte mindestens gleichwertig bzw. nicht kritischer, darf der Austausch vorgenommen werden. Es sind immer Feuerwiderstand sowie Dauerfunktion und bei Rauchschutzabschlüssen (RSA) auch die Rauchdichtheit zu vergleichen. In manchen Fällen ist der Einfluss auf die Eigenschaften gegenläufig, so dass nur bei Gleichheit ausgetauscht werden darf. Der Vergleich der Kennwerte ist die Aufgabe des Herstellers und nicht des Überwachers oder Zertifizierers. Im Rahmen der Überwachung wird lediglich geprüft, ob der Hersteller einen plausiblen Vergleich des neuen Beschlagteils mit einem geprüften durchgeführt hat. Den Vergleich erst im Zuge eines Überwachungsbesuchs zu machen ist oft zu spät!

Ist der Hersteller nicht der Zulassungsinhaber, also bei Lizenznehmern, dann muss sich der Hersteller an den Systemgeber wenden, der als Zulassungsinhaber den Austausch bewerten muss.

Neue Austauschregeln gemäß EN 16034 und EN 15269-x

Der Austausch von Baubeschlägen bei Feuer- und Rauchschutzabschlüssen nach EN 16034 erfolgt künftig auf Basis des erweiterten Anwendungsbereichs für die jeweilige Bauart und Eigenschaft. Festgelegt und definiert sind die Regeln zur Austauschbarkeit von Baubeschlägen in den „Exap“-Normen EN 15269 Teil 1 bis Teil 20 (Exap = extended field of application = erweiterter Anwendungsbereich). Die Normenreihe EN 17020 für die Bewertung des erweiterten Anwendungsbereichs von Dauerfunktionsprüfungen ist in Vorbereitung. Einige wichtige Exap-Normen sind in Tabelle 2 aufgeführt.

Die Tabelle listet wichtige Exap-Normen aus der Reihe EN 15269 auf. Beschriftet sind die Spalten mit "Nr.", "Normnummer" und "Titel". Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 2: Wichtige Exap-Normen aus der Reihe EN 15269

HPS – „Hardware Performance Sheet“ nach EN 16035 und Austauschbarkeit

Auch bei zukünftig CE-gekennzeichneten Feuer- und Rauchschutzabschlüssen (FSA und RSA) nach EN 16034 erfolgt die Austauschbarkeit auf Basis des Vergleichs eines geprüften Beschlags mit dem auszutauschenden Beschlag. Der grundsätzliche Aufbau eines möglichen Dokumentes (Leistungsbeschreibung) zum Vergleich der Kennwerte ist in EN 16035, einer hierfür extra erarbeiteten und unterstützenden Norm beschrieben. Der grundsätzliche Aufbau einer Leistungsbeschreibung für Baubeschläge ist in Tabelle 3 beispielhaft für ein Türschloss dargestellt.

Die Tabelle zeigt den Inhalt und Aufbau eines HPS am Beispiel eines Türschlosses. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 3: Inhalt und Aufbau eines HPS beispielhaft für ein Türschloss [2]

In der Leistungsbeschreibung, englisch „hardware performance sheet“ (HPS), werden alle wichtigen Kennwerte und Prüfergebnisse eines Beschlagteils gesammelt. Ein HPS gliedert sich grundsätzlich in drei Teile: die Kennwerte des Beschlags, die Liste der Prüfungen und die Bauarten der Abschlüsse, für die Nachweise vorliegen. Es ist nicht vorgeschrieben, wer ein HPS erstellen kann (Türenhersteller, Beschlaghändler, Beschlaghersteller oder auch notifizierte Stellen usw.). In ein HPS können Ergebnisse und Informationen aus Kleinbrandversuchen nach EN 1634-2 genauso einfließen wie auch Prüfungen gemäß EN 1634-1, EN 1634-3 bzw. EN 1191/EN 12605 z. B. in Zusammenarbeit mit FSA- bzw. RSA-Herstellern. Zu beachten ist, dass der Ersteller des HPS auch die Nutzungsrechte aller im HPS genannten Prüfberichte besitzt. Gemäß EN 1634-1 sind auch Kurzberichte verwendbar, die neben der detaillierten Beschreibung des Beschlagteils nur die für das HPS notwendige Beschreibung des FSA enthalten, so dass der FSA-Hersteller sein Know-how nicht aus der Hand gibt.

Bei zukünftig CE-gekennzeichneten FSA und RSA nach EN 16034 erfolgt der Austausch von Baubeschlägen auf Basis des Vergleichs eines geprüften Beschlags mit dem auszutauschenden Beschlag. Die 3 Schritte zur Austauschbarkeit von Baubeschlägen:

  1. Der Beschlag muss mindestens für die Verwendung an FSA und RSA geeignet sein. Dies ergibt sich aus dem Klassifizierungsschlüssel des CE-Zeichens des Beschlags. Wichtig zu wissen ist hierbei, dass bei ift-zertifizierten Beschlagherstellern die erforderlichen Daten im Regelfall bereits vorliegen und somit nicht mehr separat zusammengestellt werden müssen.
  2. Vergleich der Kennwerte der Beschläge (Beispiel siehe Tabelle 3). Zu beachten ist, dass in der jeweiligen Exap-Norm festgelegt ist, ob der jeweilige Parameter gleich, größer oder kleiner werden darf.
  3. Als dritte Voraussetzung kommt hinzu, dass sich die Beschläge in ähnlichen Konstruktionen nicht negativ auf die jeweilige Eigenschaft ausgewirkt haben.

Neu ist, dass der Austausch von Baubeschlägen durch die notifizierten Produktzertifizierungsstellen und in deren Verantwortung zu erfolgen hat. Alle zugelassenen Baubeschläge werden in den Klassifizierungsberichten und im Bericht zum erweiterten Anwendungsbereich für die FSA und RSA-Abschlüsse aufgelistet und sind somit Bestandteil der Zertifizierung des FSA bzw. RSA-Abschlusses.

Eine wichtige Funktion, die das HPS erfüllen kann, ist die Beschreibung einer Produktfamilie mit einem definierten Umfang und Entwicklungsstand. Das erleichtert sowohl die Auswahl von Probekörpern bei Türprüfungen als auch die Übernahme der ganzen Produktfamilie beim Austausch eines Beschlags. Bei der Definition der richtigen Produktfamilie sind die Mitarbeiter des ift Rosenheims gerne behilflich.

Zusammenfassung

Es bleibt festzuhalten, dass sich die grundsätzliche Vorgehensweise beim Austausch von Baubeschlägen in Feuer- und Rauchschutzabschlüssen nach EN 16034 im Vergleich zu den heutigen nationalen Verfahren nicht grundsätzlich verändern wird. Es gilt, die Daten für die Zusammenstellung der erforderlichen und relevanten Kennwerte für Baubeschläge zu sammeln und zu dokumentieren. Hierbei bietet das HPS eine sinnvolle jedoch nicht zwingende Voraussetzung. Die notifizierte Produktzertifizierungsstelle des ift Rosenheim unterstützt sowohl die Hersteller von Türen und Fenstern als auch die Hersteller von Baubeschlägen bei der Zusammenstellung der für die Austauschbarkeit von Beschlägen wichtigen Daten. Bei ift-zertifizierten Beschlagherstellern im Rahmen der CE-Kennzeichnung liegen im Regelfall bereits ausreichende Informationen für die Erstellung eines HPS vor.

Literatur und Quellen

  1. Quelle: Deutsches Institut für Bautechnik, www.dibt.de/de/Fachbereiche/Referat_III3.html
  2. DIN EN 16035:2013-03
    Baubeschläge – Leistungsbeschreibung – Identifizierung und Zusammenfassung der Prüfnachweise zur Unterstützung der Austauschbarkeit von Baubeschlägen für die Anwendung an feuerwiderstandsfähigen und/oder rauchdichten Toren, Türen und/oder zu öffnenden Fenstern.
    Beuth Verlag GmbH, Berlin

Christian Kehrer

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Christian Kehrer leitet die ift-Zertifizierungsstelle und ist Lehrbeauftragter an der Hochschule Rosenheim. Er ist langjähriges Mitglied in nationalen und internationalen Ausschüssen der Normung, Technik und div. Verbänden. 

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