Das Foto zeigt den Schaden eines eingebauten Fensters.

Hält – oder hält nicht

Montage einbruchhemmender Bauelemente in hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk

Lesezeit: 5 Minuten

Die Prüfung und Klassifizierung der einbruchhemmenden Eigenschaften von Fenstern und Türen regelt die Normenreihe DIN EN 1627 bis 1630 [1, 2, 3, 4]. Im nationalen Vorwort der DIN EN 1627 wird – abhängig von der Widerstandsklasse des Bauelementes – das geeignete Mauerwerk über Vorgaben zu Wanddicke, Druckfestigkeits- und Rohdichteklasse der Steine sowie zur Mörtelgruppe (Tabelle 1) definiert.

Die Anforderungen der Energieeinsparverordnung an die Reduzierung der Transmissionswärmeverluste der Gebäudehülle und der damit einhergehenden wärmeleittechnischen Optimierung moderner Ziegelbaustoffe steigen stetig. Also wird modernes Ziegelmauerwerk in geringeren Rohdichte- und Druckfestigkeitsklassen hergestellt, die in der Tabelle in DIN EN 1627 nicht erfasst sind. Normativ ist die Montage einbruchhemmender Bauelemente in modernes, hochwärmedämmendes Ziegelmauerwerk daher derzeit nicht abgedeckt.

Die Tabelle zeigt die notwendigen Eigenschaften von Massivwänden und deren Widerstandsklasse. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 1: Geforderte Eigenschaften von Massivwänden abhängig von der Widerstandsklasse des einzubauenden Bauteils (Auszug aus dem nationalen Vorwort der DIN EN 1627 [5])

Forschungsvorhaben

Das ift Rosenheim bearbeitet deshalb seit Sommer 2016 das Forschungsvorhaben „Einbruchhemmung mit hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk – Analyse des Ist-Zustandes, Erarbeitung von Konstruktions- sowie Nachweiskriterien“, in dem umfassende Untersuchungen mit dem Ziel durchgeführt werden, allgemeingültige Aussagen zur Eignung von hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk hinsichtlich der Montage von einbruchhemmenden Bauelementen nach DIN EN 1627 treffen zu können. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf den Widerstandsklassen RC2 und RC3.

Das Projekt wird gefördert vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (AZ: SWD-10.08.18.7-16.14) im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau. Als Industriepartner unterstützen die PaX AG, die Adolf Würth GmbH & Co. KG und die Arbeitsgemeinschaft Mauerziegel.

Vorgehensweise

Kernstück der praktischen Untersuchung ist die Prüfung nach DIN EN 1627 von bereits klassifizierten einbruchhemmenden Bauelementen der Widerstandsklasse RC2 und RC3 in einer realen Montagesituation, d. h. in unterschiedlichen Wänden aus wärmedämmendem Ziegelmauerwerk.

Die Untersuchung der Probekörper auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen statische und dynamische Belastung entsprechend DIN EN 1628 bzw. DIN EN 1629 wird laut normativer Vorgabe am Bauelement geprüft. Die Überprüfung der Widerstandsfähigkeit gegen einen manuellen Angriff entsprechend DIN EN 1630 wird erweitert. Es wird „von innen nach außen“ vorgegangen. Das bedeutet, dass das Bauelement zuerst einer regulären Einbruchprüfung in der klassifizierten Widerstandsklasse unterzogen wird. Ziel hierbei ist es, zu untersuchen, ob die Montage im entsprechenden Ziegelmauerwerk einen Einfluss auf die Widerstandklasse des Fensters selbst im Vergleich zur Montage im starren Prüfrahmen hat.

Anschließend werden die Montagefuge, die Befestigungsmittel und die Verankerung des Befestigungsmittels im Ziegel geprüft. Ein Angriff auf die Wandfläche zur Erreichung einer durchgangsfähigen Öffnung wird im Rahmen des Forschungsvorhabens ebenfalls durchgeführt. Für diese erweiterten und normativ nicht vorgesehenen Angriffe wird der der entsprechenden Klasse zugehörige Werkzeugsatz verwendet.

Die Tabelle zeigt die bereits untersuchten Ziegelvarianten. Beschriftet sind die Spalten mit "Name", "Bild" und "Eigenschaften". Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 2: Bislang untersuchte Ziegelvarianten

Verwendete Materialien

Ziegel

Bisher wurden bei 365 mm Wanddicke ungefüllte, gefüllte filigrane Ziegel und gefüllte Großkammerziegel eingesetzt. Die Druckfestigkeitsklassen lagen zwischen 6 und 10, die Rohdichteklassen zwischen 0,5 und 0,65.

 

Fenster

Es wurden Kunststoff-Fenster (PaXsecura 200, PaXsecura 300) der Widerstandsklassen RC2 und RC3 mit den Öffnungsarten Dreh-Kipp und Kipp untersucht. Die Baugrößen von ca. 0,5 m x 0,75 m, ca. 1 m x 1 m und ca. 1 m x 2 m wurden nach beschlagtechnischen und praktischen Erwägungen gewählt.

Montage

Die Fenster wurden im mittleren Drittel der Leibung montiert. Seitlich erfolgte eine Durchsteckmontage mit Distanzmontageschrauben des Typs Würth AMO Combi 7,0/11,5 und zugehörigen Kunststoffdübeln. Unten wurde die Montagekonsole Würth JB-DK verwendet und per Umlenkwinkel in der Innenwandfläche verankert. Die Breite der umlaufenden Montagefuge betrug meist 20 mm.

Für die Widerstandsklasse RC2 wurde keine druckfeste Hinterfütterung zwischen Blendrahmen und Mauerwerk ausgeführt. Zur Simulation eines Rollladenkastens erfolgte im oberen Bereich des Blendrahmens keine Befestigung.

Für die Widerstandsklasse RC3 wurden die Elemente nach oben in Durchsteckmontage (AMO Combi 7,0/11,5 und zugehörige Kunststoffdübel) in einem Ziegel-Wärmedämmsturz verankert. Im Bereich der Befestigungspunkte erfolgte eine druckfeste Hinterfütterung. Unten wurde zusätzlich zur Montagekonsole die Verankerung in einen gedrehten Wärmedämmsturz getestet.

Wandaufbauten

Es wurden Wandabschnitte errichtet, die Fenster darin montiert und Außenputz bis zum Blendrahmen aufgebracht. Untersucht wurden Varianten mit einlagigem Leichtputz bis hin zu mehrlagigen Leicht- und Armierungsputzaufbauten. Die innenseitigen Wand- und Leibungsflächen wurden generell nicht verputzt. Von den 20 vorgesehenen Wandaufbauten, deren konkrete Planung stets von den Ergebnissen der vorigen Prüfung beeinflusst wird, wurden bereits 16 geprüft.

Ergebnisse

Die Ziegel beeinflussten das sichere Erreichen der Widerstandklasse RC2 für das Fenster nicht. In der allein mit Leichtunterputz Typ 2 verputzen Leibung konnte das Fenster nicht aus der Wand gerissen oder eine durchgangsfähige Öffnung geschaffen werden. Auch die so verputzte Wandfläche hielt dem Angriff stand. Bild 1 zeigt ein Schadensbild.

Das Foto zeigt den Schaden eines eingebauten Fensters.
Bild 1: Schäden aus manueller Prüfung in Widerstandsklasse RC2
Das Foto zeigt ein Fenster nach einem manuellen Angriff
Bild 2: Schäden aus manueller Prüfung in Widerstandsklasse RC3

Auch das Erreichen der Widerstandsklasse RC3 des Fensters beeinflusste die untersuchten Ziegel nicht. Durch den direkten Angriff mit dem Kuhfuß kann (bei einlagig mit Leichtputz verputzter Leibungsfläche) das Befestigungsmittel freigelegt und zerstört werden. Kleine Elemente mit wenigen Befestigungspunkten könnten daher innerhalb der Widerstandszeit aus der Wand gebrochen werden. Durch eine zusätzlichen Armierung (5 mm Leichtputz CS III mit eingelegtem Armierungsgewebe) konnte das Herausbrechen des Fensters innerhalb der Widerstandszeit verhindert werden; auch die Wandfläche konnte dem Angriff standhalten. Bild 2 zeigt ein Element nach einem Angriff.

Aufgrund der bislang erzielten Untersuchungsergebnisse wurde ein Vorschlag für die Erweiterung der Tabelle NA.2 in DIN EN 1627 im nationalen Spiegelausschuss NA 005-09-02 AA Einbruchschutz eingebracht (siehe Tabelle 2). Nach aktuellem Diskussionsstand soll dieser bei der anstehenden, für 2019 zu erwartenden Überarbeitung des nationalen Anhangs der DIN EN 1627 umgesetzt werden.

Die Tabelle zeigt eine überarbeitete Tabelle. Beschriftet sind die Spalten mit "Widerstandsklasse des Bauteils nach DIN EN 1627" und "Umgebende Wände aus Mauerwerk nach DIN 1053-1 oder DIN EN 1996". Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 3: Vorschlag einer überarbeiteten Tabelle NA.2 der DIN EN 1627
(Hinweis: Die Änderungsvorschläge sind in roter, kursiver Schrift dargestellt.)

Literatur

  1. DIN EN 1627:2011-09
    Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Anforderungen und Klassifizierung
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  2. DIN EN 1628:2016-03
    Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit unter statischer Belastung
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  3. DIN EN 1629:2016-03
    Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit unter dynamischer Belastung
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  4. DIN EN 1630:2016-03
    Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit gegen manuelle Einbruchversuche
    Beuth Verlag GmbH, Berlin
  5. Wiedergegeben mit Erlaubnis von DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Maßgebend für das Anwenden der DIN-Norm ist deren Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der Beuth Verlag GmbH, Am DIN Platz, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin, erhältlich ist.

Norbert Sack

ift Rosenheim

Dipl.-Phys. Norbert Sack ist Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung und seit 1995 am ift Rosenheim tätig. Er arbeitet in verschiedenen nationalen und internationalen Normenausschüssen und Sachverständigengremien mit und ist Lehrbeauftragter an der Hochschule Rosenheim.

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