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Feuerwiderstandsprüfungen an Glasprodukten

Probennahme und Klassifizierung

Lesezeit: 5 Minuten

Wie müssen Hersteller und Systemgeber verfahren, um Glasprodukte, hier speziell Brandschutzgläser, klassifizieren zu können?

Beschrieben wird dies in der EN 15998 „Glas im Bauwesen“ (analog dazu nationale Ausgaben von DIN usw.). Ein großes Fragenzeichen herrscht bei vielen Herstellern, wann von einer notifizierten Stelle die Probennahme erfolgen muss und wann der Glashersteller die Proben in eigener Verantwortung aus der Produktion entnehmen darf.

Beschrieben wird die Probennahme, auch „Sampling“ genannt, in EN 15998 in Abschnitt 5. Hier wird zwischen einer Feuerwiderstandprüfung als Teil einer Erstprüfung (Typ-Prüfung, englisch type test = TT) oder einer Prüfung für die Markanwendung unterschieden. Bei der Erstprüfung eines Glasproduktes ist die Dokumentation wesentlich umfangreicher und von einer notifizierten Produktzertifizierungsstelle (NPZ) selbst oder in deren Auftrag durchzuführen. Dabei müssen der Produktionsprozess beschrieben und Proben mit einem geeigneten Label gekennzeichnet werden.

Probennahmeverfahren

Erstprüfung eines Glasproduktes

Der Produktionsprozess bei der Herstellung der Gläser ist mitentscheidend für den Feuerwiderstand. Dabei ist jeder einzelnen Komponente wie Randverbund, Rezepturen, Füllmengen, Gewichten oder Beschichtungen Beachtung zu schenken. Diese haben einen wesentlichen Einfluss auf die Eigenschaften des fertigen Glasproduktes. Dazu ist eine entsprechende Dokumentation – der sogenannte Probennahme-Bericht bzw. Sampling-Report – zu erstellen. Welche Angaben muss nun ein solcher Bericht für die Erstprüfung eines Glasproduktes mindestens beinhalten? Hier schreibt EN 15998 im Teil 5.2.1 unter Punkt c) Folgendes vor:

  1. Hersteller und Herstellungsbetrieb
  2. Ort der Probennahme
  3. Lager-oder Chargennummer (zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit)
  4. Anzahl oder Menge der Prüfmuster
  5. Identifizierung des Bauproduktes entsprechend der technischen Spezifikation
  6. Kennzeichnung des Produktes durch den Hersteller
  7. Kennzeichnung der Prüfmuster durch den Probennehmer
  8. falls erforderlich, zu prüfende Eigenschaften
  9. Ort und Datum der Probennahme
  10. Unterschrift der Probennahme durchführenden Stelle
  11. Registriernummer(n) der Probennahme durchführenden Stelle

Die zu Prüfzwecken verwendeten Prototypen-Prüfmuster sind (von der die Probennahme durchführenden Stelle und vom Hersteller) angemessen zu dokumentieren, um nachträglich den Nachweis zu ermöglichen, dass das in der (künftigen) Produktionsanlage hergestellte Produkt mit dem Prototypen übereinstimmt.

Beispiel eines Sampling-Reports mit Erklärungen
Bild 1a: Beispiel für einen Sampling-Report
Ausschnitt eines Sampling-Reports mit Erklärungen als Beispiel
Bild 1b: Beispiel für einen Sampling-Report

Die entnommen Proben müssen von der die Probennahme durchführenden Stelle unauslöschlich gekennzeichnet werden. Die Proben können beim Hersteller verbleiben und sind geeignet aufzubewahren. Diese können dann zur Weiterverarbeitung versandt werden. Die Gläser können auch direkt von der Probennahmestelle mitgenommen werden, was allerdings nur sehr selten durchgeführt wird.

Es muss nicht immer die notifizierte Produktzertifizierungsstelle (NPZ) die Probennahme übernehmen. Die NPZ legt individuell fest, welche Prozessschritte zu überwachen sind und darf auch unabhängigen Dritten mit der Probennahme beauftragen.

Die zwei Fotos zeigen Beispiele für Label der Probenahme
Bild 2: Beispiele für Label der Probennahme

Marktanwendung

Die Probennahme für die Marktanwendung wird im Anhang B der EN 15998 erklärt. Hierbei wird der Umfang der Probennahme durch die Verwendung bestimmt.

Bei Brandschutzglasprodukten mit angemessener CE-Kennzeichnung ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn Begleitinformationen durch den Glashersteller geliefert werden, die Rückverfolgbarkeit durch dessen werkseigene Produktionskontrolle (WPK) gewährleistet ist und es sich um ein Produkt aus der laufenden Produktion handelt, das repräsentativ ist.

Für den Probennahme-Bericht sind im Wesentlichen die gleichen Angaben wie oben beschrieben zu dokumentieren. Der Glashersteller kann hier selbst zur Tat schreiten. Es muss eine Nachverfolgbarkeit durch die WPK gegeben sein, CE-Kennzeichen und Leistungserklärung müssen beiliegen und werden vom Auftraggeber dem Prüflabor vorgelegt.

Klassifizierung von Brandschutzgläsern

Glas, auch sogenannte Brandschutzgläser selbst, haben kein Feuerwiderstand. Nur in Kombination mit weiteren Bauteilen wie z.B. einer Verglasung, Vorhang-Fassade oder Tür kann eine Feuerwiderstandsklasse erreicht werden.

Die Details sind in der jeweiligen Produktnorm festgelegt. Für laminierte Brandschutzgläser gibt es z. B. die EN 14449 „Glas im Bauwesen – Verbundglas und Verbund-Sicherheitsglas – Produktnorm“. Laminierte Brandschutzgläser können ein Verbund von mehreren Floatgläsern mit jeweils einer dünnen Brandschutzschicht dazwischen sein, aber auch Brandschutzgläser mit einem Randverbund und einer Füllung aus aufschäumenden Gel werden als Verbundgläser nach dieser Norm (EN14449) behandelt. Im Allgemeinen fallen Brandschutzgläser nicht in die Rubrik Verbundsicherheitsglas (VSG), sondern sind Verbundgläser (VG).

Isoliergläser, die aus zwei oder mehr Gläsern zusammengesetzt werden, werden nach EN 1279-5 „Glas im Bauwesen – Mehrscheiben-Isolierglas – Teil 5: Produktnorm“ klassifiziert. Diese können eben auch ein oder zwei Brandschutzgläser enthalten.

Klassifizierung Brandschutzglas nach EN 13501-2 versus EN 357

Der Feuerwiderstand des Glases entspricht dem Feuerwiderstand des Bauteils mit dem Glas, klassifiziert nach EN 13501-2 „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuer-widerstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen“. Es wird also immer eine Konstruktion beurteilt. Diese Klasse wird dann dem Glas gleichermaßen zugeschrieben und kann im CE-Zeichen bzw. in der Leistungserklärung angegeben werden.

Das bedeutet aber auch, dass Prüfungen nicht „gemischt“ werden können. Klassifizierungen können nur für jeweils einen Bauteil-Typ wie Verglasung, Tür oder Vorhang-Fassade ausgestellt werden.

In vielen Produktnormen ist noch der Verweis auf die Klassifizierungsnorm EN 357 „Glas im Bauwesen – Brandschutzverglasungen aus durchsichtigen oder durchscheinenden Glasprodukten – Klassifizierung des Feuerwiderstandes“ enthalten. Diese ist zwar zurückgezogen, kann aber dennoch verwendet werden. Der Vorteil liegt darin, dass die EN 357 die Möglichkeit bot, alle Prüfungen zum Feuerwiderstand nach einer europäischen Prüfnorm in einem Dokument zusammenzufassen.

Ein Klassifizierungsbericht darf für die folgenden Eigenschaften immer nur jeweils eine Klasse angeben. Dies ist bei beiden Normen gleich

  • Raumabschluss (E)
  • Strahlungsreduktion (EW)
  • Wärmedämmung (EI)

Dabei kann es für die drei Leistungseigenschaften die gleichen oder unterschiedliche Leistungsdauern geben, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Beispiele für Klassifizierung sind

  • E 60 / EW 60 / EI 60
  • E 120 / EW 60 / EI 30
  • nicht möglich wäre EI 30 / EI 60 / EI 90

Austauschregeln für Konstruktionen nach den Normen zum erweiterten Anwen-dungsbereich (EN 15254-x, EN 15269-x) erlauben nur in wenigen Ausnahmefällen den Austausch eines Glasproduktes durch ein anderes, gleich klassifiziertes Glasprodukt. Im Normalfall muss jede Produktfamilie gesondert mit der jeweiligen Konstruktion geprüft werden. Dabei zu beachten ist, dass Produktnormen verschiedene Produktfamilien bedingen. Verbundglas und Isolierglas sind also zwei verschiedene Produktfamilien.

Direkter und erweiterter Anwendungsbereich

Für Brandschutzglas gibt es keinen Anwendungsbereich. Der direkte Anwendungsbereich in der Klassifizierungsnorm bezieht sich immer auf eine Konstruktion wie Verglasung oder Tür und betrifft dann die Anwendung des Glases im Zusammenhang mit dieser Konstruktion. Ebenso bezieht sich der erweiterte Anwendungsbereich nach EN 15254-x oder EN 15269-x ebenfalls auf spezielle Konstruktionen. Insbesondere die Regeln zur Vergrößerung des Glases setzen voraus, dass das Glas schon einmal in dieser Größe ggf. in einer anderen Konstruktion geprüft wurde.

Fazit

Um eine reibungslose Nutzung der Prüfungen europaweit zu gewährleisten, müssen auch die vorgesehenen Regeln eingehalten werden. Vor allem bei der Marktanwendung (was einen Großteil der Prüfungen ausmacht) wird sich das erst noch einspielen müssen.

Für die Nachweise des Glases selbst ist immer eine Notifizierte Produktzertifizierungsstelle für den Feuerwiderstand einzuschalten, da dies im AVCP-Level 1 so vorgeschrieben ist. Diese ist dann für Prüfprogramm, Probennahme, Prüfung, Klassifizierung und Überwachung verantwortlich.

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