Foto von Fenstern eines Klassenzimmers und von der Tür, welche seitlich verglast ist.

Fenster und Türen in Sonderbauten

Planung und Umsetzung spezieller Anforderungen am Beispiel von Schulbauten

Lesezeit: 9 Minuten

Was macht ein Gebäude besonders? Die Bauordnung versteht unter Sonderbauten Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung.

Foto von Fenstern eines Klassenzimmers und von der Tür, welche seitlich verglast ist.
Bild 1: Typische Fenster- und Türelemente in Schulgebäuden (Quelle: ift Rosenheim)

Konkretisiert wird dies in der Musterbauordnung und den jeweiligen Landesbauordnungen durch eine Liste mit unterschiedlichen Gebäudearten. Typische Vertreter sind: Hochhäuser, Versammlungsstätten, Krankenhäuser und eben auch Schulen, Hochschulen und ähnliche Einrichtungen. Für einige dieser ca. 20 gelisteten Sonderbauten existieren gesonderte Verordnungen, wie z. B: die Versammlungsstättenverordnung, Beherbergungsstättenverordnung und die Muster-Schulbau-Richtlinie.

Gemeinsam ist diesen Verordnungen, dass sie üblicherweise – wenn überhaupt – nur rudimentäre Angaben zu Anforderungen an Fenster und Türen geben und oft nur in Bezug auf Abschlüsse im Zuge von Rettungswegen. Dem Planer werden somit kaum Anhaltspunkte zu notwendigen Eigenschaften dieser Elemente gegeben. Mit anderen Worten: Es besteht kein Bezug zu den Klassifizierungen, wie sie in der Produktnorm EN 14351-1 in Hülle und Fülle angeboten werden.

Dies ist ebenso ärgerlich wie schade, da – wie im Fall der Schulbauten – der Benutzerkreis bekannt ist und somit auf die speziellen Bedürfnisse und Belastungen eingegangen werden kann. D.h. durch Wahl geeigneter Konstruktionen kann möglichen Problemen bereits in der Planungsphase wirksam begegnet werden. Die gebaute Wirklichkeit indes ist eine andere, was sich in einem deutlichen Anstieg von Reklamationen und Schäden rund um Fenster und Türen in Schulen zeigt. Im Folgenden sollen Gedankenanstöße gegeben werden, was bei der Planung und Ausführung zu beachten ist.

Typische Problemkreise

Zur Festlegung geeigneter Konstruktionen ist es notwendig, die zu erwartenden Belastungen zu kennen. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass in Schulen eine sehr „robuste Nutzung“ von Fenstern und Türen herrscht. Die hohen Belastungen gehen dabei üblicherweise nicht von den Personen aus, die dort ihrem Beruf nachgehen, sondern von den „Besuchern“ – also den Schülern und Studenten im Kinder- und Jugendalter. Je nach Schulart kann die Ausprägung der Belastung deutlich variieren. Sie ist zudem abhängig von der Art und Nutzung der Räume. Zu nennen sind:

  • Aufenthalts- und Unterrichtsräume (Schüler, auch unbeaufsichtigt)
  • Fachräume wie Physik, Chemie, Musik etc. (i.d.R. beaufsichtigt)
  • Räume in Sporthallen,
  • Verwaltungs- und sonstige Räume.

Aufgrund der teilweise extrem häufigen Nutzung und der durch die Bedienung von Kindern und Jugendlichen nicht zu vermeidenden Fehlbedienung/dem Missbrauch (Stichwort: Leibungsschlag) treten häufig Probleme in Bezug auf die mechanische Festigkeit auf. Weitere typische Themen, Mängel und Schäden rund um Fenster und Türen in Schulen können wie folgt zusammengefasst werden (dabei stehen vor allem die in Unterrichtsräumen verbauten Elemente im Fokus):

  • Mechanische Schäden und Qualität der Beschlagsmechanik:
  • Bedienungskräfte und Dauerfunktion
  • Tragfähige Sicherheitsvorrichtungen und Nutzungssicherheit
  • Raumklima (Fensterthemen wie Sonnenschutz, Blendung, Lüftung …)
  • Barrierefreiheit
  • Schallschutz
  • Sicherheit bei „Amoklauf“, erweiterter Suizid (Türen)

Um diesen Themen wirksam zu begegnen, werden in einer Vielzahl von Regelwerken Vorgaben getroffen.

Anforderungen

Aussagen zur baulichen Ausführung von Schulgebäuden sind in verschiedenen Regelwerken enthalten. Spezieller sind die GUV-V S1 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) [1] und DIN 58125) [2] zur Ausbildung von Fenstern und Verglasungen zu nennen. Hier werden Schutzziele formuliert und dazu konstruktive Leitsätze beschrieben. Tabelle 1 zeigt auszugsweise derartige Anforderungen bzw. Schutzziele. Daraus wird deutlich, dass für Schulen – im Gegensatz zu anderen Sonderbauten – vergleichsweise konkrete Konstruktionsvorgaben existieren.

Die Tabelle zeigt in Spalten Element, Schutzziel und Konstruktive Umsetzung gem. GUV-V S1 und DIN 58125: 2002-07. Unter der Spalte Element, befinden sich die Zeilen Fenster, Türen und Beschläge. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 1: Wesentliche Schutzziele und konstruktive Leitsätze gem. GUV-V S1 und DIN 58125

Tipps für die Umsetzung

Tabelle 1 gibt Hinweise zur konstruktiven Umsetzung der formulierten Schutzzeile, die im Wesentlichen auf die Nutzungssicherheit ausgerichtet sind. Allgemein gilt: Je besser der Benutzerkreis bekannt ist, desto besser können Fenster und Türen darauf abgestimmt werden. Bei reinen Grundschulen (Stichwort, Bedienhöhe und -kraft) oder Förderschulen für kognitiv eingeschränkte Schüler (Stichwort einfache, gleichartige, wiedererkennbare Bedienung) ist dies gut möglich. Es kann auf die speziellen Anforderungen Rücksicht genommen werden:

Nachstehend sind stichpunktartig einige allgemeine Hinweise für Fenster und Türen in Schulen aufgeführt:

  • einfache Konstruktionen mit robusten Ausführungsdetails
  • geeignete Öffnungsarten
  • großformatige Flügel mit hohem Eigengewicht vermeiden
  • große mechanische Festigkeit (hohe Dauerfunktions- und mechanische Festigkeitsklasssen), ggf. Einsatz von zertifizierter Beschlagstechnik für Dreh/Drehkippbeschläge von Fenster/Fenstertüren gemäß QM 328
  • Einsatz von Festverglasungen, wo möglich

Eine regelmäßige Kontrolle, Pflege und Wartung ist dennoch unerlässlich, um schwerwiegende Nutzungseinschränkungen und Gefahren abzuwenden. Dazu ist die Einbeziehung und Einweisung des Hausmeisters vor Ort ein wichtiger Baustein.

Ausblick

Für Sonderbauten wie Schulen gibt es eine ganze Reihe von Regelwerken mit Schutzzie-len. Dennoch helfen diese bei der Ausschreibung und Festlegung von Eigenschaften dem Planer selten weiter. Es fehlt der Bezug zu den in der Produktnorm EN 14351-1 definierten Leistungsklassen. Diese Lücke sollen die neuen „Rosenheimer Richtlinien“ für Sonderbauten nun schließen. Sukzessive werden in dieser Richtlinien-Reihe wesentliche Zusammenhänge zwischen Gestaltung, Ausstattung und Ausführung von Fenstern und Türen und den besonderen Nutzungsumständen sowie der erforderlichen Wartung und Pflege aufgezeigt.

Für Schulbauten ist das Ergebnis eine anwendungsbezogene Richtlinie [3] mit Aussagen zur notwendigen Qualität der einzusetzenden Fenster mit Klassifizierungen/Werten gemäß den Leistungseigenschaften der Produktnorm. Damit wird den am Bau Beteiligten eine Orientierungshilfe zu Erstellung eindeutiger Ausschreibungstexte an die Hand gegeben.

Literatur

  1. GUV-Vorschrift 81
    Unfallverhütungsvorschrift Schulen
    Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV)
    Berlin
  2. DIN58125 : 2002-07
    Schulbau – Bautechnische Anforderungen zur Verhütung von Unfällen
    Beuth Verlag GmbH
    , Berlin
  3. ift-Richtlinie FE 16/1
    Einsatzempfehlung für Fenster in Schulbauten
    ift Rosenheim, September 2015

Knut Junge

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Knut Junge ist seit 2002 am ift Rosenheim tätig. Er ist Mitarbeiter des ift-Sachverständigenzentrums sowie Mitglied in Normenausschüssen und Gremien für das barrierefreie Bauen.

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