Das Schaubild zeigt die Berechnung des UW-Wertes von Sprossenfenstern. Zu sehen sind vier verschiedene Fenster und ein rechtwinkliges Dreieck, das den UW-Wert darstellt. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.

Ersetzt strategische Normung Produktinnovationen?

Überarbeitung der ISO 10077-1 und -2

Lesezeit: 5 Minuten

„Der Kampf ums Zehntel“ oder „Die Kammerolympiade“ bezeichneten in Vergangenheit die energetische Entwicklung von Rahmenprofilen. Bei der Entwicklung von neuen innovativen Konstruktionen für Fenster- und Fassadenprofile spielt die Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten Uf eine wesentliche Rolle.

Getrieben von einem immer besseren U-Wert feilen Hersteller und Konstrukteure an der Profilgeometrie, um noch das letzte Hundertstel herauszuholen. Dies setzt sowohl mechanische und physikalische Grundlagen als auch die richtige Anwendung und Bedienung der Rechenprogramme voraus.

UW-Berechnung nach ISO 10077-1 – jetzt auch für Sprossenfenster

Der Wärmedurchgangskoeffizient UW bei Fenstern mit Sprossen kann durch Erhöhung (DUW) des berechneten oder gemessenen Wärmedurchgangskoeffizienten UW für das entsprechende Fenster ohne Sprossen berechnet werden. Die Erhöhung ist in Tabelle J.1  der Produktnorm EN 14351-1 für Fenster angegeben. Durch die Berücksichtigung von längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten Y  für Sprossen (Sprossen-Psi-Werte) ergeben sich in den allermeisten Fällen günstigere UW-Werte als bei Anwendung der pauschalen Zuschläge. Mit einer detaillierten Berechnung nach ISO 10077-2 lassen sich die Y-Werte von innenliegenden Sprossen ermitteln. Allerdings ist diese Vorgehensweise mit erheblichem Aufwand verbunden, zumal die Variantenvielfalt von Sprossen deutlich größer ist als bei einem Abstandhaltersystem.

Im Rahmen der Überarbeitung der Berechnungsnorm ISO 10077-1 wurden längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizienten Y  für Sprossen integriert. Analog zur Wärmebrücke am Glasrand wird der pauschale Ygb (gb = glazing bar) mit der Gesamtlänge der verbauten Sprossen multipliziert und anteilig auf den UW-Wert aufgeschlagen.

Die Grundlagen wurden in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Flachglas e.V. erarbeitet. Als Ergebnis des Forschungsvorhabens [3] wurden zwei Tabellen mit pauschalen längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten Y  für Sprossen für folgenden Anwendungsbereich ermittelt:

  • Für Sprossen (Hohlkammerprofile) aus Metall und Kunststoff
  • Ansichtsbreite Sprosse b ≤ 30 mm
  • Abstand a ≥ 2 mm und a ≥ 4 mm zwischen Glas und Sprosse

In Fensterkonstruktionen mit 3-fach Scheiben kann bei exakter Berechnung der Wärmebrücke Sprosse im Scheibenzwischenraum (SZR) nach der neuen ISO 10077-1 [1] im Vergleich zur pauschalen Betrachtung nach EN 14351 eine Verbesserung von 0,1 W/(m²K) erzielt werden.

Das Schaubild zeigt die Berechnung des UW-Wertes von Sprossenfenstern. Zu sehen sind vier verschiedene Fenster und ein rechtwinkliges Dreieck, das den UW-Wert darstellt. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 1: Beispiel für die Berechnung des UW-Wertes von Sprossenfenstern

Uf Berechnung nach ISO 10077-2 – Neues Berechnungsverfahren für Hohlräume

Die Grundlage für die Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten Uf für Rahmen ist die ISO 10077-2:2012. Die Berechnungsnorm legt fest, wie der Wärmetransport durch Leitung, Konvektion und Strahlung von Hohlräumen berechnet wird. Im Rahmen der Revision der ISO 10077-2:2017-06 wurden aus technischer Sicht im Wesentlichen die Regelungen für die Behandlung von Lufthohlräumen geändert. Es werden nun zwei gleichberechtigte Verfahren für die Wärmeübertragung durch Hohlräume angegeben:

  1. das Radiosity-Verfahren und
  2. das Verfahren mit einer einzelnen äquivalenten Wärmeleitfähigkeit (leq-Verfahren).

Beim Radiosity-Verfahren wird berücksichtigt, dass die Wärmeübertragung durch einen Lufthohlraum gleichzeitig per Wärmeleitung/Konvektion und per Wärmestrahlung erfolgt. Die beiden Phänomene treten gleichzeitig auf, so dass die Berechnung jedes Beitrags getrennt erfolgt.

Das Schaubild stellt die beiden Berechnungsmethoden wärmetechnischer Kennwerte dar. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 2: Beide Berechnungsmethoden können gleichberechtigt für die Berechnung von wärmetechnischen Kennwerten verwendet werden.

Im Rahmen der Anwendung des Verfahrens mit einer einzelnen äquivalenten Wärmeleitfähigkeit wird der Wärmestrom im Hohlraum durch die einzelne äquivalente Wärmeleitfähigkeit (leq) wiedergegeben. Diese äquivalente Wärmeleitfähigkeit berücksichtigt in einer „Kennzahl“ die Wärmeübertragung durch Wärmeleitung, Konvektion und Wärmestrahlung und ist von der Geometrie des Hohlraums sowie von den angrenzenden Werkstoffen abhängig.

Beide Berechnungsverfahren sind eine Alternative zum Heizkasten-Prüfverfahren nach EN 12412-2. In den Fällen, in denen keine physikalischen und geometrische Daten oder Probekörper von komplizierter geometrischer Form vorliegen, kann das Heizkastenverfahren (Hot-Box-Messung) vorzugsweise verwendet werden.

Mit Erscheinen der DIN EN ISO 10077-2 können beide Berechnungsverfahren für die Ermittlung des Wärmedurchgangskoeffizienten Uf für Rahmen gleichwertig verwendet werden, da die Produktnorm EN 14351-1 auf die undatierte Berechnungsnorm EN ISO 10077-2 verweist. Dadurch, dass das Verfahren mit einer einzelnen äquivalenten Wärmeleitfähigkeit dem in DIN EN ISO 10077-2:2012 angegebenen Berechnungsverfahren entspricht, bleiben bereits vorhandene Nachweise, die nach 2012er Fassung berechnet wurden, weiterhin gültig. Sie können im Rahmen der CE-Kennzeichnung verwendet werden.

Um den Einfluss der zwei Berechnungsverfahren auf den Wärmedurchgangskoeffizienten Uf zu bewerten, wurde eine Vielzahl von unterschiedlichen Profilquerschnitten berechnet und die Veränderung gegenüber dem bewährten leq-Verfahren ermittelt (siehe Tabelle 1). Die Vergleichsberechnungen haben gezeigt, dass bei Holzprofilen aufgrund von nur wenigen Hohlräumen das Radiosity-Verfahren praktisch keinen Einfluss auf den Uf-Wert hat. Bei Holz-Metallprofilen verbessern sich die Uf-Werte aufgrund von schmalen in wärmestromtiefen Hohlräumen, sofern keine leicht belüfteten Hohlräume (LBH) zwischen Vorsatzschale und Holzprofil bestehen. Bei Profilen aus Kunststoff wirken sich die niedrigeren Temperaturdifferenzen der kleinen Hohlkammern positiv auf den Uf-Wert aus. Die Vergleichsberechnungen zeigten auch Verbesserungen des Uf-Wertes bei Metall-Verbundprofilen mit unterschiedlicher Ausbildung der thermischen Trennung (mit Dämmstoffeinlagen, geschlossenen Fahnen, niedrigen Emissionsgraden).

Eine deutliche Verbesserung ist bei Ausführung mit Fahnen im Bereich der thermischen Trennung vorhanden, da beim Radiosity-Verfahren der Strahlungsaustausch für eine Szene berechnet wird und durch die geöffneten Fahnen (Öffnung >2mm) sich die Teilflächen nahezu vollständig verschatten. Dadurch können sich günstigere Uf-Werte mittels Berechnung gegenüber der Referenzmethode der Messung im Heizkastenverfahren ergeben. Bei Vergleichsberechnungen unterschiedlicher Rahmenmaterialien und Profilkombinationen mit leicht belüfteten Hohlräumen wurde festgestellt, dass die Uf-Werte sich grundsätzlich verschlechtern, da der LBH nicht mehr mit der doppelten Wärmeleitfähigkeit bewertet, sondern ein Wärmeübergangswiderstand Rs = 0,30 (m² K)/W angesetzt wird.

Die Tabelle zeigt die unterschiedlichen Auswirkungen des Uf-Wertes. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 1: Auswirkungen auf den Uf-Wert

Fazit

Das im Rahmen der Revision der Berechnungsnorm ISO 10077-2:2017-06 neu aufgenommene „Radiosity“-Verfahren für den Strahlungsaustausch in Lufthohlräumen ist deutlich komplexer, lässt aber weniger Interpretation gegenüber dem vorhanden leq-Verfahren durch Bestimmung einer äquivalenten Wärmeleitfähigkeit zu.

Vergleichsrechnungen haben gezeigt, dass die Differenzen beider Methoden bei den Hauptprofilen kleiner sind als der Fehler (DUf ≈ 5 %), der in der Berechnungsnorm angegeben ist. Der Einfluss auf den Wärmedurchgangskoeffizienten UW für Fenster ist gering, da erst ab einer Veränderung des Uf-Wertes ≈ ±0,3 W/(m²K) eine Veränderung des UW-Wertes zu erwarten ist.

Das Radiosity-Verfahren liefert allerdings teilweise bei unterschiedlichen Hohlräumen mit z.B. großen Temperaturdifferenzen oder mit niedrigeren Emissionsgraden plausiblere Werte. Bei Konstruktionen mit einer Verschattung zwischen der warmen und der kalten Seite kann das Verfahren günstigere Werte gegenüber der Referenzprüfmethode liefern. Sobald sich in der Konstruktion ein im Wärmestrom tiefer und schmaler, leicht belüfteter Hohlraum befindet, kommt es zu ungünstigeren Uf-Werten als das bisherige Verfahren mit der doppelten Wärmeleitfähigkeit. Hier gilt es, konstruktiv leicht belüftete Hohlräume zu vermeiden oder aber die Referenzmethode – das Heizkasten-Verfahren – für die Ermittlung der günstigeren Uf-Werte zu wählen.

Literatur

  1. BF-Information 007 / 2017
    UW-Wert Berechnung von Sprossenfenstern
  2. ISO 10077-1:2017-06
    Wärmetechnisches Verhalten von Fenstern, Türen und Abschlüssen – Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten – Teil 1: Allgemeines
  3. ISO 10077-2:2017-06
    Wärmetechnisches Verhalten von Fenstern, Türen und Abschlüssen – Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten – Teil 2: Numerisches Verfahren für Rahmen
  4. EN 14351-1:2006+A1:2010 Windows and doors – Product standard, performance characteristics – Part 1: Windows and external pedestrian doorsets without resistance to fire and/or smoke leakage characteristics

Lösungen aus diesem Themenbereich

Artikel aus diesem Themenbereich