Energetische Sanierung von Kastenfenstern im Zeichen der EnEV

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Durch den Austausch alter Fenster lässt sich der Wohnkomfort verbessern und die Energiekosten können reduziert werden. Ein Sonderfall ist dabei die Sanierung oder der Austausch von Kastenfenstern, die sich oft in denkmalgeschützten Gebäuden befinden.

Der aktuelle CO2-Gebäudereport des Bauministeriums (BMVBS) zeigt, dass der Gebäudebereich ca. 40 % der CO2-Emmissionen in Deutschland verursacht und die wichtigste Maßnahme deshalb die energetische Verbesserung bestehender Gebäude ist. Nach Untersuchungen der Deutschen Energieagentur (dena) lässt sich der Energieverbrauch von Häusern im Bestand um bis zu 85 % reduzieren. Dies gilt in besonderem Maße für den Austausch energetisch veralteter Fenster und Verglasungen. Für eine erste orientierende Abschätzung kann jährlich pro U-Wert-Verbesserung eines Fensters um 0,1 W/(m² K) bis zu 1 Liter Heizöl pro m² Fensterfläche im Jahr eingespart werden. Dies entspricht ca. 800 Liter bei einem Haus mit 44 m² Fensterfläche und Fenstern mit einem UW-Wert von 1,1 anstatt 3,0 W/(m² K).

 In Deutschland könnten so pro Jahr bis zu 8,6 Mrd. Liter Heizöl gespart werden („Studie zur energetischen Modernisierung alter Fenster“, Branchenverbände VFF und BF 12/2007).

Neben dem U-Wert als bekannte Kenngröße für den Wärmeverlust muss auch der Gesamt-Energiedurchlassgrad (g-Wert) des Glases beachtet werden. Dieser gibt an, wie hoch der Anteil der Sonnenstrahlung ist, der durch die Verglasung in den Raum gelangt und als passiver Solargewinn genutzt werden kann. Mit neuen Isoliergläsern werden auch die unangenehmen kalten Oberflächen alter Verglasungen vermieden. Denn eine zu niedrige raumseitige Glasoberflächentemperatur im Vergleich zur Wandtemperatur empfindet der Nutzer als unbehaglich (Strahlungsasymetrie), insbesondere bei großen Glasflächen und großen Temperaturunterschieden. Dies gilt auch für die „Kaltluft“, die an kalten Glasoberflächen abfällt und als störende Zugluft empfunden wird. Oft kann nach dem Glas- bzw. Fenstertausch die Raumtemperatur um 2-3 °C gesenkt werden, so dass sich pro Grad der Energieverbrauch um bis zu 6 % reduzieren lässt. Hochwärmedämmende Fenster und Isoliergläser verbessern so den Wohnkomfort.

Bewertung von Fenstern im Bestand

Bei der Suche nach der idealen kosten- und energieeffizienten Maßnahme wird von Bauherren oft die Frage gestellt, ob der Austausch der Verglasungen sinnvoll ist oder besser das gesamte Fenster ausgetauscht werden soll. Als erster Schritt sollte der U-Wert des Glases Ug abgeschätzt werden, um das energetische Verbesserungspotenzial zu bestimmen. Danach muss die Eignung des Fensterrahmens, der Beschläge und des Baukörperanschlusses geprüft werden, um die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme bewerten zu können.

Der Zeitstrahl von 1950 b is 2009 zeigt die Entwicklung von Fensterkonstruktionen und Verglasungen.
Zeitliche Entwicklung von Fensterkonstruktionen und Verglasungen im Überblick

Ein Austausch alter Einfach-Verglasungen ist immer sinnvoll. Einfachglas lässt sich optisch sehr einfach an der monolithischen Scheibe erkennen. Hierbei kann es sich um Floatglas aber auch um Sicherheitsglas (Einscheiben-/Verbund-Sicherheitsglas, Drahtglas) handeln. Einfachglas hat einen sehr hohen Ug-Wert von 5,8 W/(m²K). Aufgrund der hohen Energieverluste und unbehaglich niedrigen Oberflächentemperaturen lohnt sich deshalb ein Glasaustausch immer.

Das Foto zeigt drei verschiedene Flammen, die jeweils beschriftet sind.
Flammentest zur Ermittlung von IR-Beschichtungen

Bei vorhandenen Isoliergläsern muss zwischen beschichteten und unbeschichteten Isoliergläsern unterschieden werden. Die heute übliche Wärmeschutzbeschichtung auf Silberbasis führt zu einem niedrigen Ug-Wert. Unbeschichtete Isoliergläser ohne Gasfüllung wurden noch bis zur zweiten Novellierung der Wärmeschutzverordnung 1995 (WSchVo) eingesetzt und haben einen U-Wert von ca. 2,7 W/(m²K). Wenn keine Lieferunterlagen, kein Produktnamen und keine Stempelung auf dem Abstandhalter im Scheibenzwischenraum vorhanden sind, die Aufschluss über den Ug-Wert geben, kann man den U-Wert der Verglasung über das Einbaujahr oder mit dem „Flammentest“ abschätzen, bei dem die beschichtete Glasscheibe in Reflektion durch eine andere Flammenfärbung erkannt werden kann. Eine Aussage zu den Eigenschaften der Beschichtung ist nicht möglich. Vorsicht ist dennoch geboten, da bei einigen Beschichtungen (z. B. pyrolytische) keine Verfärbung der Flamme auftritt. Ein qualifizierter Betrieb kann jedoch mit geeigneten Messgeräten das Vorhandensein einer Beschichtung bestimmen.

Energieeinsparverordnung (EnEV)

1977 wurden mit der Wärmeschutzverordnung und der Heizungsanlagenverordnung erstmals Anforderungen für den Energieverbrauch eingeführt und in der EnEV 2002 zusammengeführt. Die EnEV legt für Wohn- und Nichtwohngebäude den zulässigen Energiebedarf sowie die Berechnungsregeln und die Randbedingungen fest. Dabei spielen die Qualität der Gebäudehülle sowie der verwendeten Anlagentechnik, Lüftungsverluste und Warmwassererzeugung die Hauptrollen. Es werden feste Obergrenzen für den Primärenergieverbrauch und die Qualität der Gebäudehülle festgelegt.

Für neue Wohngebäude wird mit der EnEV 2009 nun auch das Referenzgebäudeverfahren verwendet, d. h. die Anforderungen werden über ein Gebäude gleicher Geometrie und Ausrichtung sowie mit festgelegter energetischer Minimalqualität und Anlagentechnik ermittelt. Das bisherige „vereinfachte Berechnungsverfahren für Wohngebäude“ aus der EnEV 2007 entfällt vollständig. Der Jahres-Primärenergiebedarf wird gegenüber 2007 um durchschnittlich 30 % gesenkt. Die Anforderungen an die Wärmedämmung der gesamten Gebäudehülle (spezifischer Transmissionswärmeverlust HT’) wurde gegenüber 2007 um ca. 10 – 20 % verschärft, wobei die Abhängigkeit der Anforderungen vom A/V-Verhältnis (Oberfläche/Volumen) entfällt.

Für die Renovierung bestehender Gebäude, Erweiterungen oder beim Ausbau gibt es zwei Nachweisverfahren. Entweder halten die ausgetauschten Bauteile die Umax-Werte (s. Bild) ein oder der Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes und der HT’ des geänderten Gebäudes übersteigen die Werte eines gleichartigen Neubaus um nicht mehr als 40 %. Die Anforderungen der EnEV nach Abschnitt 3 sind immer dann einzuhalten, wenn die Fläche der geänderten Bauteile, also hier der Verglasung, mehr als 10 % der jeweiligen Bauteilfläche des Gebäudes entspricht. Die einfache Reparaturverglasung fällt also nicht unter die EnEV. Der Vollzug der Verordnung wird durch die Unternehmererklärung verbessert (§ 26a), mit der der Unternehmer gegenüber dem Eigentümer die Einhaltung der EnEV bestätigt.

Zu sehen ist eine 3D-Grafik eines Hauses sowie eine Tabelle und die Höchstwerte für Wärmedurchgangskoeffizienten.
Höchstwerte für Wärmedurchgangskoeffizient U bei Sanierungen gemäß Bauteilverfahren nach EnEV 2009

Falls das Fenster eine Verglasung mit einem Ug-Wert von 1,10 W/(m²K) aus technischen Gründen nicht aufnehmen kann, so kann nach Anlage 3 Abschnitt 2 der EnEV 2009 auch eine Verglasung mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,30 W/(m²K) eingesetzt werden. Zu beachten sind auch die Regelungen der EnEV für Sonderverglasungen in Anlage 3 Tabelle 1 Absatz 3b, beispielsweise Schallschutz- oder Verbundsicherheitsgläser (VSG).

CE-Kennzeichnung von Fenstern

Fenster und Außentüren müssen nach dem Bauproduktengesetz und nach Ablauf der Koexistenzphase der Produktnorm DIN EN 14351-1:2006-7 ab dem 1. Februar 2010 mit dem CE-Kennzeichen gekennzeichnet werden. In der Produktnorm für Fenster und Außentüren werden die „Spielregeln“ für die Ermittlung der Eigenschaften und technischen Kennwerte, die formalen Aspekte der Kennzeichnung sowie die Pflichten und Aufgaben des Herstellers beschrieben. Das CE-Zeichen berechtigt zum europaweiten Handel von Fenstern und Außentüren. Da die Fenster unter das Konformitätsverfahren drei fallen, übernimmt der Hersteller die volle Verantwortung und das Haftungsrisiko für alle notwendigen Nachweise des Verfahrens und dokumentiert dies zivilrechtlich mit seiner Unterschrift auf der geforderten Konformitätserklärung.

Zu sehen ist der screenshot eines CE-Kennzeichens.
Gestaltung und Merkmale eines CE-Kennzeichens

Am Konformitätsverfahren und der CE-Kennzeichnung sind viele Akteure beteiligt (Hersteller, Systemgeber, Importeure, Bevollmächtigte, Prüfstellen, Händler und Monteure). Diese Marktteilnehmer haben dabei unterschiedliche Aufgaben und Pflichten, die jeder Beteiligte kennen sollte. Der Hersteller ist dabei für den Entwurf und die Herstellung eines Produktes verantwortlich. Dies gilt auch, wenn er Produkte nur zusammenbaut, verpackt, verarbeitet oder etikettiert. Er muss dabei die Oberaufsicht behalten, auch wenn er Teile oder das ganze Verfahren an einen Subunternehmer abgibt. Für die Richtigkeit der Kennwerte und des Verfahrens haftet derjenige, der die CE-Kennzeichnung anbringt bzw. durchführt und die Konformitätserklärung unterschreibt. Er behält die alleinige und unmittelbare Verantwortung für die Konformität seines Produktes mit den anwendbaren Richtlinien.

Eine zentrale Aufgabe des CE-Zeichen ist es, dem Fensterkäufer vergleichbare Kennwerte in übersichtlicher Form an die Hand zu geben. Deshalb nimmt die Ersttypprüfung (Initial Type Test, ITT) eine bedeutende Rolle ein. Die Ersttypprüfung (ITT) ist die einmalige Ermittlung der Leistungseigenschaften eines Produktes, z. B. zu Beginn der Produktion, an repräsentativen Mustern bzw. Prototypen. Wird der ITT an verschiedenen Probekörpern vorgenommen, so hat der Hersteller oder eine von ihm beauftragte notifizierte Stelle die Prüfergebnisse für das Produkt oder die Produktfamilie in einem zusammenfassenden ITT (Produktpass) zu dokumentieren.

Zu sehen ist ein screenshot des "ift-Systempass-Fenster"
ift-Systempass Fenster mit abgesicherten Werten in übersichtlicher Darstellung

Neben dem ITT ist die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) der zweite zentrale Baustein im Konformitätsverfahren. Die werkseigene Produktionskontrolle stellt sicher, dass alle gefertigten Produkte die gleichen Leistungseigenschaften aufweisen wie der im ITT bewertete Probekörper. Dies zeigt deutlich das enge Zusammenspiel zwischen ITT und WPK, denn im Umkehrschluss muss bei geänderten Produktionsverfahren und Materialien auch der ITT wiederholt werden, falls sich die Eigenschaften ändern könnten. Wichtig ist, dass sämtliche Prozesse in der WPK definiert und dokumentiert sind, die die deklarierten Eigenschaften beeinflussen. Hiermit wird sichergestellt, dass die WPK-Maßnahmen und die Sicherstellung der im ITT ermittelten Kennwerte bei einer möglichen Kontrolle oder im Schadens- bzw. Reklamationsfall nachgewiesen werden können.

Das CE-Zeichen macht aber keinerlei Angaben zur Qualität, denn die Kennwerte werden für ein neues Fenster ermittelt, das zwar repräsentativ für die gefertigten Fenster sein muss, aber keine Aussage darüber macht, ob die Werte noch nach drei oder fünf Jahren erreicht werden. Qualitätsbewusste Hersteller lassen sich allerdings von neutraler Seite im Rahmen einer freiwilligen Güte- und Qualitätskontrolle „überwachen“, beispielsweise durch das ift Rosenheim oder die RAL-Gütegemeinschaft Fenster und Außentüren. Detaillierte Informationen finden sich im Kommentar zur DIN EN 14351-1, in dem die beiden Herausgeber Ulrich Sieberath (Obmann der Produktnorm EN 14351-1) und Prof. Christian Niemöller den Sachverhalt aus technischer und rechtlicher Sicht beschreiben. Der Kommentar enthält die Produktnorm im Originaltext und bietet viele normative Verweise als Originalfundstelle.

ZU sehen sind fünf Querschnitte als Grafiken, die die typischen Schwachstellen beim Einbau von Fenstern verkörpern.
Typische Schwachstellen beim Einbau von Fenstern

Fenstertausch

Neben den energetischen und funktionalen Gründen sind es vor allem gestalterische Motive, die für einen Austausch des gesamten Fensters sprechen. Mit neuen Fenstern sind andere Abmessungen, Formen und Materialien realisierbar und mit raumhohen Fenstern lässt sich die Ausleuchtung der Innenräume mit Tageslicht erheblich verbessern. Beim Austausch der Fenster können auch Schwachstellen des Baukörperanschlusses behoben werden, beispielsweise Wärmebrücken oder undichte Abdichtungen, so dass das Gesamtsystem „Fenster-Fassade“ sich deutlich verbessert.

Die Fenstererneuerung im Bestand bedeutet allerdings einen erheblichen Eingriff in das vorhandene Gleichgewicht des Gebäudes. Beispielsweise ergibt sich ein reduzierter, nutzerunabhängiger Luftwechsel aufgrund dichterer Fensterkonstruktion und Einbaufugen, oder es sind zusätzliche Sonnenschutzmaßnahmen notwendig, wenn die Fensterfläche vergrößert wird. Deshalb sind eine sorgfältige Planung und Bauaufnahme durch einen Architekten, einen Gebäudeenergieberater oder den Fensterhersteller bzw. -lieferant notwendig. Auch die Montage ist komplexer und aufwändiger und sollte durch qualifizierte Fachfirmen ausgeführt werden, um unliebsame Bauschäden zu vermeiden. Dabei kann der vom ift Rosenheim erarbeitete „Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren“ mit vielen Checklisten, Zeichnungen und Erläuterungen eine wertvolle Hilfe leisten.

Spezialfall Kastenfenster

Kastenfenster bestehen aus zwei Einfachfenstern, die über ein Futter verbunden sind. Der äußere Flügel ist an einen Blendrahmen angeschlagen, während der innere Flügel an das Futter anschlägt. Beide Flügel sind voneinander unabhängig und besitzen auch getrennte Verschlussmöglichkeiten. Kastenfenster waren und sind die aufwändigste und qualitativ hochwertigste Bauart für Fenster. Sie haben durch den Zwischenraum zwischen den beiden Fensterflügeln einen prinzipiell besseren Wärme- und Schallschutz als Einfachfenster, und historische Kastenfenster bestehen in aller Regel aus Holz. Kastenfenster sind ein Zeichen von Qualitätsbewusstsein, Solidität und Wohlstand und finden sich oft in denkmalgeschützten Gebäuden, bei denen die bautechnischen Anforderungen und Denkmalschutzaspekte zu beachten sind. Für den Denkmalschutz ist vor allem das äußere Erscheinungsbild von Bedeutung. Hierzu zählen die Fensterabmessung/-teilung inkl. der Sprossen, die Breite der Fensterrahmen und die Gestaltung der Fensterlaibung. Da die detailgetreue Rekonstruktion von Kastenfenstern eine handwerklich anspruchsvolle und aufwändige Arbeit ist, wird in der Regel oft nur versucht, das Aussehen mit Standardprofilen zu kopieren. Bei Kastenfenstern ist häufig eine Verglasung mit Einfachglas vorzufinden, deren Geometrie und Abmessung nicht geeignet sind, um Isolierglas mit einer Gesamtdicke von 20 mm oder mehr aufzunehmen. Ohne moderne Wärmeschutzverglasungen mit U-Werten von 1,3 oder besser lassen sich die Anforderungen der EnEV nicht mehr erfüllen.

Natürlich müssen auch die gesetzlichen Anforderungen der EnEV eingehalten werden, die entsprechende Ausnahmen für denkmalgeschützte Fenster und Gebäude vorsieht. Allerdings sind die Ausnahmegenehmigungen der Denkmalschutzstellen langwierig und entbinden Planer und Hersteller nicht vom Nachweis der wärmetechnischen Kennwerte, der komplizierter ist als der Weg über eine übliche CE-Kennzeichnung. Die Runderneuerung von Kastenfenstern ist ein komplexer Vorgang, der mehrere Gewerke betrifft (Fensterbauer, Glaser, Klempner) und muss daher ganzheitlich angegangen werden. Zur

Runderneuerung zählen folgende Arbeiten:

  • Überarbeitung schadhafter Blend- und Flügelrahmenteile in Zusammenarbeit;
  • Entlackung und Farbneubeschichtung aller Holzteile;
  • Entglasung, Neuverglasung, Glasabdichtung;
  • Herstellen der Gang- und Schließbarkeit;
  • Überarbeitung der Beschläge;
  • Überarbeitung und ggf. Erneuerung von äußeren Brüstungsabwässerungen;
  • Maßnahmen zur Verbesserung der Dichtheit, des Wärme- und Schallschutzes;
  • Ausbesserung schadhafter Baukörperanschlüsse.
Zu sehen sind vier beschriftete Grafiken von Kastenfenstern.
Merkmale und Konstruktionsweise von Kastenfenstern (Bildquelle VFF Leitfaden HO 09)

Eine interessante Alternative ist der alleinige Austausch des inneren Fensters durch ein neues Einfach-Fenster, so dass die äußere „Optik“ erhalten bleibt und die wärmetechnischen Anforderungen vom inneren Fenster erfüllt werden. Hierbei muss dem inneren Anschluss bzw. der inneren Abdichtung besonderes Augenmerk geschenkt werden, um das Eindringen von warmer und feuchter Luft in den Zwischenraum zu verhindern. Dies kann nämlich zu Tauwasser mit nachfolgender Schimmelpilzbildung führen. Eine Öffnung des Fensterzwischenraums nach außen durch geringfügige Undichtigkeiten des äußeren Fensterflügels verhindert relativ sicher ein Beschlagen der äußeren Verglasung und die Tauwasserproblematik. Der Fensterzwischenraum kann auch gut für Verschattungen (Rollläden, Jalousien etc.) genutzt werden. Dies ist umso einfacher, je größer der Abstand zwischen den Fensterflügeln ist. Der Bauablauf ist relativ unkompliziert, da immer nur eine Fensterebene ausgetauscht werden kann und während der Bauphase die Regen- und Winddichtigkeit erhalten bleibt. Bei einer anstehenden Kastenfenster-Runderneuerung sollte ein spezialisierter Fensterbaubetrieb eingeschaltet werden, der alle notwendigen Arbeiten gewerkeübergreifend ausführen kann. Weitere Informationen finden sich auch im Leitfaden HO.09 „Runderneuerung von Kastenfenstern aus Holz“, den das ift Rosenheim und der Verband der Fenster- und Fassadenhersteller e.V. (VFF) erarbeitet haben und der unter www.window.de bezogen werden kann.

Kriterien für Glastausch

Auch beim Glastausch müssen Fragen der Bauphysik, der Wärmebrücken und der Kondensatbildung geklärt werden. Wird das Einfachglas durch ein Isolierglas mit besserem U-Wert ersetzt, ist die Glasfläche evtl. nicht mehr die kälteste Fläche des Raumes und die Tauwasserbildung kann nun „unerkannt“ an anderen Flächen der Außenwand auftreten und so Bauschäden verursachen. Es empfiehlt sich deshalb einen Fachplaner hinzuzuziehen, der geeignete Vorschläge für eine Gesamtsanierung erstellen kann. Aus energetischer Sicht ist der Austausch gegen ein Dreifach-Isolierglas (Ug-Wert 0,7 W/(m²K) und g-Wert von ca. 60 %) am sinnvollsten. Dies erfordert jedoch eine geeignete Fensterkonstruktion, die in der Lage ist, ein Dreifach-Isolierglas mit einer Einbaudicke von mindestens 36 mm aufzunehmen. Außerdem sind Beschläge notwendig, die das höhere Glasgewicht aushalten. Aber auch mit dem Austausch gegen moderne Zweifach-Isoliergläser (Ug-Wert 1.1 W/(m²K)) können erhebliche Verbesserungen erreicht werden. Das Ersetzen von Mehrscheiben-Isoliergläsern (Ug von 1,7 – 1,3 W/(m²K)) ist nur dann sinnvoll, wenn andere Gesichtspunkte, wie das Alter der Verglasung, Farbneutralität oder veränderte Nutzungsanforderungen, eine Rolle spielen (Sicherheit, Schallschutz etc.). Bei der Beurteilung der Energieeinsparung sollte immer auch der g-Wert der Verglasung berücksichtigt werden, da passive Solargewinne durch optimierte g-Werte der Verglasung den Energieverbrauch spürbar senken können. Der Austausch der Verglasung kann eine interessante Alternative zum Fenstertausch sein, wenn der Fensterrahmen und die Beschläge intakt und ausreichend tragfähig für das neue Isolierglas sind, die Verglasung nach den Regeln der Technik möglich ist, der Uf-Wert des Rahmens akzeptabel ist, die Luftdurchlässigkeit des Fensters mindestens Klasse 2 nach EN 12207 erreicht (umlaufende, wirksame Dichtung) und die Anforderungen der EnEV erfüllt werden können.

Kennwerte unterschiedlicher Verglasungen mit zeitlicher Einordnung

Glastyp

Aufbau

Beschichtung
e in [%]

Gas-
füllung

U-Wert
[W/(m²K)]

g-Wert
ca.-Werte

Einbau

Empfehlung

Austausch

Einfachglas

monolithisch

Nein

Nein

5,8

90 %

bis 1965

Sehr empfehlenswert

unbeschichtetes 2fach-Isolierglas

4/16/4

Nein

Nein

2,7

71 %

ab ca. 1950 bis 1995

Empfehlenswert

unbeschichtetes 3fach-Isolierglas

4/12/4/12/4

Nein

Nein

1,9

63 %

bis 1995

Empfehlenswert

2fach-Isolierglas pyrolytisch

4/16/4

Ja
e ca. 0,16

Ja

1,5

72 %

ab 1995

Bedingt empfehlenswert

2fach-
Wärmeschutzglas

4/16/4

Ja
e ca. 0,1

Ja

1,3

60 %

ab ca. 1976

Nicht empfehlenswert

2fach-
Wärmeschutzglas

4/16/4

Ja
e ca. 0,04

Ja

1,2

63 %

 

Nicht empfehlenswert

2fach-
Wärmeschutzglas

4/16/4

Ja
e ca. 0,03

Ja

1,1

63 %

1995

Nicht empfehlenswert

3fach-
Wärmeschutzglas

4/12/4/12/4

ja, e ca. 0,03

Ja

0,7

50 %-60 %

ab 2000

Nicht empfehlenswert

Anmerkungen zu Tabellenwerten:

g-Werte sind abhängig von der Glasdicke und der verwendeten Glasart. Die Berechnung des Ug-Wertes erfolgte nach der aktuellen DIN EN 673, so dass sich Unterschiede zu früheren Prospektangaben der Hersteller ergeben. Der Emissionsgrad e charakterisiert die Qualität der Beschichtung bezüglich des Wärmeschutzes. Nach dem Inkrafttreten der Wärmeschutzverordnung von 1995 kann davon ausgegangen werden, dass fast ausschließlich beschichtetes Wärmedämmglas mit Argon-Gasfüllung zum Einsatz gekommen ist. Die Ug-Werte betragen 1,7 W/(m²K) und besser, so dass ein Austausch wirtschaftlich nur bedingt sinnvoll ist.

Entscheidungskriterien/Checkliste für Austausch von Verglasung bzw. Fenstern

Bauteil

Prüf- und Entscheidungskriterien

Verglasung
 

  • Ermittlung/Abschätzung des U-Wertes des alten Glases
  • Scheiben undicht und „blind“
  • Alter der Verglasung (unter/über 15 Jahre)
  • Art der Verglasung (Nassverglasung mit Dichtstoffen oder Trockenverglasung mit Dichtprofilen)
  • Art und Zustand der Glasleisten (genagelt, geklemmt, geschraubt)

Fensterrahmen

  • Lebensdauer von Rahmenmaterial (Weich-/Hartholz, PVC, Aluminium)
  • Luftdichtigkeit ausreichend (umlaufende Dichtung vorhanden?)
  • Qualität der Rahmenoberfläche (Holzanstrich notwendig, PVC verfärbt)
  • Energetische Qualität des Rahmens (thermische Trennung bei Alufenstern, Anzahl der Kammern PVC-Fenster, Ausführung der Wetterschutzschiene beim Holzfenster)
  • Geometrie des Fensterprofils (Einbau dickeres Glas möglich?)
  • Glasfalzbelüftung vorhanden („Entlüftungsnut“ im Fensterfalz)
  • Tragfähigkeit des Rahmenprofils (Bautiefe)

Fenstereinbau

  • Zugänglichkeit für Montage von außen
  • Qualität der Laibung (Putzschäden?)
  • Funktionsfähigkeit der Abdichtung der Fuge Fenster/Wand noch ausreichend
  • Montagerahmen vorhanden? (Austausch ohne Beschädigung von Laibung)

Beschläge

  • Funktionsfähigkeit der Beschläge (Abnutzung, leichtes Schließen, ausgerissene Schrauben etc.)
  • Sicherheit (Einbruchhemmung, Putzschere)
  • Tragfähigkeit der Beschläge (Glasgewicht)

Substanz Außenwand bzw. Gebäude

  • Energetische Qualität (Wärmebrücken, U-Wert < 1,0 W/(m²K))
  • Zustand der Außenfassade (Anstrich geplant?)
  • Auflagen Denkmalschutz
  • Gesamtwert der Immobilie
  • Geplante Nutzung der Immobilie (Eigennutzung, Verkauf etc.)

Gewünschte

Zusatzfunktionen

Komfort

  • Sicherheit (Einbruchhemmung, Absturzsicherheit)
  • Sonnenschutzeinrichtungen (neuer Rollladen etc,)
  • Funktionsweise der Beschläge (elektromotorisch)
  • Neues Design, neue Materialien und Abmessungen
  • Schallschutz
Portraitbild Jürgen Benitz-Wildenburg

Jürgen Benitz-Wildenburg

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Kommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingexperte ist er seit 30 Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter.

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