Das Foto zeigt ein blaues Schild in der Natur mit der Aufschrift "Wasserschutzgebiet".

Einfluss von Bauelementen auf Umwelt und Gesundheit

Gefahren durch Fenster und Fassaden?

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Seit Jahren steigen in Deutschland die Zahlen von Allergikern, also Menschen, deren Immunsystem auf bestimmte Umwelteinflüsse reagiert. Auffällig sind dabei vor allem plötzlich auftretende, allergische Beschwerden von Menschen, die bis dahin keine Beeinträchtigungen kannten.

Auffällig sind weiterhin die zunehmende Stärke der Immunreaktionen sowie die Vielfältigkeit der in Frage kommenden Umwelteinflüsse. Als Ursachen für diese Entwicklung werden meist viele unterschiedliche gesellschaftliche, technische, aber auch ökologische Veränderungen unserer Lebensweise angeführt. Neben z. B. Lebensmitteln stehen auch immer wieder Materialien und Produkte im Verdacht, die Menschen an Arbeitsplätzen und in Wohnbereichen umgeben. Während es für Arbeitsplätze seit vielen Jahren gesetzliche Bestimmungen und Kontrollen im Hinblick auf Umweltbedingungen gibt, sind für den privaten und öffentlichen Wohnraum nur sehr bedingt verbindliche Vorgaben vorhanden.

Obwohl enorme Anstrengungen unternommen werden, die Umwelt zu schützen und zu bewahren (siehe Bild 1), lassen sich Einflüsse der Zivilisation auf Luft, Boden und Gewässer scheinbar kaum komplett vermeiden. Als eine der Quellen von Einträgen umweltfremder Substanzen in Boden und Grundwasser stehen immer wieder auch alle Arten von Bauwerken und Gebäuden in der Diskussion. Die eigentlichen Abwässer aus Industrieanlagen und Wohngebäuden unterliegen starken Auflagen, und Kläranlagen können Umwelteinträge zumindest auf ein Minimum beschränken. Daneben fallen aber auch Abwässer aus bewitterten Oberflächen von Gebäuden an, für die bislang weder irgendwelche Beschränkungen existieren noch konkrete Erfahrungswerte vorliegen.

Gesetzgeber, Nutzer, Bewohner, Besitzer und Investoren legen heute immer mehr Wert sowohl auf möglichst geringe Umwelteinflüsse von Gebäuden auf die Bedingungen im Innenraum als auch auf Auswirkungen auf die Umgebung. Auch die europäische Bauproduktenverordnung [1] beinhaltet längst entsprechende grundsätzliche Anforderungen an Bauprodukte.

Die zugehörigen Themen wurden in den letzten Jahren im ift Rosenheim auch Teil der Forschungsanstrengungen. Primäre Zielsetzung der entsprechenden Vorhaben war dabei, jeweils Einflussgrößen unterschiedlicher Bauteile herauszufinden, praxisnahe Möglichkeiten zum Nachweis der verstärkt geforderten Leistungseigenschaften zu untersuchen sowie negative Umwelteinflüsse von Bauteilen und Gebäuden möglichst zu minimieren.

Das Foto zeigt ein blaues Schild in der Natur mit der Aufschrift "Wasserschutzgebiet".
Bild 1: Schutz von Boden und Grundwasser (Quelle: © Otto Durst, Fotolia.com)

Emissionen in die Innenraumluft

Die Bewertung von Emissionen aus Baustoffen und Bauelementen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Aufgrund der Anforderungen aus der Bauproduktenverordnung (BauPVO) muss für CE-kennzeichnungspflichtige Produkte künftig – neben vielen anderen Leistungseigenschaften – auch eine Aussage zu den jeweils möglichen innenraumluftrelevanten Emissionen gemacht werden. Hierzu wurden auf europäischer Ebene vom technischen Komitee CEN/TC 351 horizontale prüftechnische Vorgaben für alle Produkte unter der BauPVO erstellt, die in den kommenden Jahren als Basis für eine Umsetzung innerhalb der jeweiligen Produktnormen dienen werden [2].

Derzeit wird intensiv an einem europäisch harmonisierten Verfahren zur Bewertung der Emissionen von Bauprodukten gearbeitet. Neben einer Reihe privatwirtschaftlicher Kennzeichnungssysteme wurden in der Zwischenzeit jedoch von einigen europäischen Staaten eigene Regularien und Bewertungssysteme eingeführt. Die Umsetzung dieser Vorgaben ist zwar nicht direkter Bestandteil der CE-Kennzeichnung, sobald jedoch Produkte in die jeweiligen Märkte gebracht werden, müssen auch die dort vorherrschenden nationalen Anforderungen erfüllt und umgesetzt werden.

Das Schaubild zeigt einen Raum mit Tür und Fenster, in dem die verschiedenen Emissionen der Bauprodukte dargestellt werden. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 2: Betrachtung der Emissionen verschiedener Bauprodukte

Innerhalb der Forschungsprojekte des ift Rosenheim wurden in den letzten Jahren die Emissionspotenziale von Bauprodukten wie Fenstern und Innentüren untersucht und bewertet (siehe Bild 2). Zielsetzung war dabei, auch jeweils eine generelle Datenbasis zu schaffen sowie Vorgehensweisen zu erarbeiten, damit künftige Änderungen der Produktnormen in diesem Bereich sinnvoll und praxisnah vorbereitet werden können [3, 4, 5].

Fenster und Innentüren sind hinsichtlich der Emissionen gefährlicher Stoffe im Vergleich zu anderen Bauprodukten weitgehend als eher unbedeutend einzustufen. Bestimmte Bestandteile und Variationsmöglichkeiten dieser Produkte können in den bestehenden Bewertungsverfahren jedoch durchaus die vorgegebenen Kriterien verfehlen oder nicht die bestmögliche vordefinierte Emissionsklasse erreichen.

Auswirkungen von Bauprodukten auf Boden und Grundwasser

Neben den Auswirkungen auf die Lebensbedingungen in Innenräumen wird durch Gesetzgebung, Normung und Naturschutz auch die Berücksichtigung der Auswirkungen von Gebäuden und darin montierten Bauprodukten auf Boden und Grundwasser zunehmend eingefordert. Es geht dabei um Substanzen und Verbindungen, die sich durch die Einwirkung von Beregnung, Sonneneinstrahlung und Temperaturwechseln aus den Oberflächen der Gebäudehülle lösen und in die umliegende natürliche Umgebung geraten. Dieses Thema wurde durch Dokumentationen und Veröffentlichungen zu Bauvorhaben verstärkt, bei denen es durch Auswaschungen biozider Beschichtungen aus Wärmedämmverbundsystemen zu Verunreinigungen umliegender Gewässer kam.

Die europäische BauPVO verlangt von Produkten, die der CE-Kennzeichnung unterliegen, künftig auch hierzu eine Aussage. Wie bei den innenraumluftrelevanten Emissionen werden auf europäischer Ebene vom Technischen Komitee CEN/TC 351 horizontale prüftechnische Vorgaben erstellt, um sie später in die betreffenden Produktnormen zu überführen.

Zu Bauprodukten aus Holz, Kunststoff, Metall und Glas liegen bislang noch kaum veröffentlichte Erkenntnisse zu entsprechenden Auswirkungen vor. Da zudem noch ungeklärt ist, ob bisherige prüftechnische Verfahren für diese Bauprodukte überhaupt geeignet sind, wird dies ebenfalls durch ein Forschungsprojekt des ift Rosenheim in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IBP Holzkirchen aufgearbeitet. Zielsetzung ist es, Erfahrungswerte zu Bauprodukten aus den genannten Materialien zu sammeln und praxisnahe und produktspezifische Vorschläge für einen künftigen Umgang mit diesem Bereich zu erarbeiten.

Zusammenfassung

In Zeiten von zunehmender Rohstoffverknappung, sich verändernden Verbrauchererwartungen und immer strenger werdenden Umweltauflagen steht auch die Fenster-, Tür-, Tor- und Fassadenbranche vor großen Herausforderungen. Unsere Umgebung und unser Alltag müssen so gestaltet werden, dass wir Menschen und unsere Umwelt möglichst geringe Beeinträchtigungen erfahren. Für Bauprodukte und Gebäude wird es daher immer wichtiger, den entsprechenden neuen Anforderungen gerecht zu werden und ihre Leistungseigenschaften objektiv und vergleichbar darstellen zu können.

Die Wichtigkeit dieser Themen wurde durch die Branche erkannt; die Forschungsvorhaben des ift Rosenheim zielen darauf ab, Erfahrungen und Erkenntnisse zu diesen Bereichen zu sammeln und zu versuchen, immer möglichst praxisnahe und angemessene Untersuchungs- und Nachweismöglichkeiten zu erarbeiten.

Bei der Produktenwicklung müssen neben den äußerst vielfältigen technischen und konstruktiven Anforderungen zunehmend auch Parameter zur Umweltbelastung über den kompletten Produktlebenszyklus berücksichtigt werden. Nur dann können die Einflüsse von Bauelementen auf Umwelt und Gesundheit minimiert und Gefahren abgewendet werden.

Literatur

  1. Bauproduktenverordnung;
    Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates.
    Amtsblatt der Europäischen Union, 2011
  2. prEN 16516:2015-05
    Bauprodukte – Bewertung der Freisetzung gefährlicher Stoffe – Bestimmung der Emissionen in die Innenraumluft
    Berlin, Beuth Verlag GmbH
  3. I. Leuschner, B. Bliemetsrieder, H. Larbig:
    Untersuchung der Emissionen von Fenstern und Außentüren zur Bewertung des Verhaltens von Bauelementen in Bezug auf Hygiene, Umweltschutz und Gesundheit.
    Gefördert mit Mitteln des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau (Aktenzeichen: Z6-10.08.18.7-08.20/II2-F20-08-005).
    ift Rosenheim, Hochschule Rosenheim
  4. M. Wensing, B. Bliemetsrieder, A. Ligarski, A. Schwarz, C. Fauck, N. Sack, P. Wortner (2011) -
    Untersuchung der raumluftrelevanten Emissionen von Innentüren zur Bewertung des Verhaltens von Bauprodukten in Bezug auf Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz; Abschlussbericht.
    Fraunhofer Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI; ift gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH
  5. M. Wensing, B. Bliemetsrieder, A. Ligarski, A. Schwarz, C. Fauck, N. Sack (2013) –
    Untersuchung der Emissionen von Holzfenstern zur Bewertung des Verhaltens von Bauprodukten in Bezug auf Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz – Abschlussbericht; Fraunhofer Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI; ift gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH

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