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Die neue Produktnorm EN 16034 wird am 1. September 2016 mit einer dreijährigen Koexistenzphase in Kraft treten. Dies erleichtert Herstellern, Bauherren und Planern den europaweiten Einsatz von Türen, Toren und Fenstern mit Feuer- und Rauschutzeigenschaften. Während der Koexistenzphase dürfen Produkte mit CE-Zeichen oder mit nationaler Kennzeichnung in Verkehr gebracht werden. Nach dem 1. September 2019 ist nur noch das CE-Zeichen zulässig.
Die EN 16034 „Türen, Tore und Fenster – mit Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften“ tritt am 1. September 2016 mit einer dreijährigen Koexistenzphase in Kraft. Die Hersteller können die von dieser Norm erfassten Produkte dann mit einem CE-Zeichen in den Markt bringen. Für die Planung und den Einsatz von Brandschutzelementen sind zukünftig die Angaben im CE-Zeichen und der Leistungserklärung (LE) sowie die europäischen Klassifizierungen zu beachten. Für Architekten, Hersteller und Verarbeiter bedeutet dies, dass Ausschreibung, Planung und Herstellung nach der neuen europäischen Produktnorm EN 16034 ab September 2016 erfolgen können und ab September 2019 erfolgen müssen.
Es gilt die sieben Eigenschaften zu kennen, die einen Feuer- und oder Rauchschutzabschluss erfüllen muss, welche Klassen es hierfür gibt und wie diese in der Leistungserklärung angegeben werden müssen (s. Tab. 1).
- Feuerwiderstand n. Abs. 4.1 (z.B. EI2 30)
- Rauchdichtigkeit n. Abs. 4.2 (z.B. S200)
- Fähigkeit zur Freigabe n. Abs. 4.3 (z.B. freigegeben)
- Selbstschließung n. Abs. 4.4 (z.B. C)
- Dauerhaftigkeit zur Fähigkeit der Freigabe n. Abs. 4.5.1 (Freigabe „aufrechterhalten“)
- Dauerhaftigkeit der Selbstschließung n. Abs. 4.5.2.1 (Dauerfunktionsprüfung mit Angabe der Zyklen)
Dauerhaftigkeit der Selbstschließung gegen Korrosion 4.5.2.2 (z.B. „erzielt“)
Aufgaben Hersteller und Systemgeber
Die BauPVO kennt fünf unterschiedliche „Systeme zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit“ (AVCP). Für Feuer- und Rauchschutzelemente ist in der EN 16034 das System 1 festgelegt. Die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) ist in allen Systemen die Aufgabe des Herstellers, jedoch muss diese im System 1 von einer für die EN 16034 akkreditierten und notifizierten Produktzertifizierungsstelle (NPZ) überwacht werden. Bei der NPZ liegt die Verantwortung der Probekörperauswahl und Probennahme, der Feststellung der Leistungseigenschaften (Typprüfung) sowie die Erteilung des „Zertifikats zur Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit“ als baurechtliches Nachweisdokument. Im System 1 spielt die NPZ somit eine zentrale Rolle auf dem Weg zur CE-Kennzeichnung. Die Tabelle ZA 3 in EN 16034 beschreibt die Aufgabenverteilung zwischen dem Hersteller und der notifizierten Produktzertifizierungsstelle (NPZ-Stelle), die als fachliche “Aufsicht“ für Prüfungen, Klassifizierungen und Überwachungen die Verantwortung trägt und für die EN 16034 akkreditiert und notifiziert sein muss. Hierfür ist eine umfangreiche Produktkompetenz und Erfahrung notwendig, denn die Angaben und Aussagen müssen im Falle eines Schadens oder bei Nachfragen der Marktaufsicht belastbar sein.
Für Hersteller und Systemgeber ist der Klassifizierungsbericht gemäß EN 13501-2 das zentrale Dokument, in dem die Prüfergebnisse bewertet und zulässige Varianten des Systems beschrieben werden. Diese werden durch den direkten (EN 16034) und erweiterten Anwendungsbereichs (EXAP-Bericht) definiert. Der Klassifizierungsbericht ist dann quasi der Ersatz des „allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen“ (abZ) für Feuerschutzabschlüsse bzw. das „allgemein bauaufsichtliche Prüfzeugnis“ (abP) für Rauchschutzabschlüsse. Vom Hersteller muss zudem eine werkseigene Produktionskontrolle eingeführt werden, die mit einer Erstüberwachung beginnt und dann jährlich überprüft wird. Anhand der Systemdokumentation wird geprüft, ob die produzierten Abschlüsse mit den geprüften und „abgeleiteten“ Bauelementen übereinstimmen. In der technischen Dokumentation sollten alle notwendig Informationen enthalten sein (Fertigungszeichnungen, Toleranzen etc.), um einen Feuer- bzw. Rauchabschluss oder dicht- und selbstschließende Abschlüsse herzustellen. Nach erfolgreicher Prüfung und Bewertung des Produkts und der Erstüberwachung der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) des Herstellers kann die NPZ-Stelle das „Zertifikat zur Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit“ ausstellen, dass die Grundlage für die Leistungserklärung und die CE-Kennzeichnung durch den Hersteller ist.
So verbirgt sich hinter einer Tür mit der Bezeichnung El230-C5-Sa ein raumabschließender (E) Feuerschutzabschluss mit sehr häufiger Betätigung (C5), einer Begrenzung der Temperaturerhöhung auf 180°C (I2), einer Widerstandszeit von 30 Minuten (30) und einem rauchdichtem Abschluss bei Umgebungstemperatur (Sa).
Leistungserklärung und CE-Zeichen
Die Leistungserklärung und die CE-Kennzeichnung muss der Hersteller eigenverantwortlich auf Basis des „Zertifikats zur Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit“ erstellen, das die NPZ ausstellt. Die Leistungserklärung teilt sich auf, in die von der Bauproduktenverordnung (BauPVO) gleichlautend für alle Bauprodukte geforderten Angaben (Hersteller-/Produktname etc.) sowie zu wesentlichen Merkmalen (technische Kennwerte) gemäß Anhang ZA der Produktnorm. Die Leistungserklärung ist in der Sprache zu verfassen, die im Verwendungsland gefordert ist, und ist zehn Jahre aufzubewahren. Die Angaben nach EN 16034 müssen durch weitere Informationen ergänzt werden, wenn für diese Produkte auch andere Produktnormen gelten, wie z.B. für den Einsatz als Außentür (EN 14351-1), Innentür (momentan prEN 14351-2), als Automatiktür (EN 16361) oder Tor (EN13241-1). Ein Vergleich der bisherigen nationalen und europäischen Definitionen der bauaufsichtlichen Anforderungen, wurde bereits 2014 in der Bauregelliste A, Teil 1 veröffentlicht.
Nutzung und Umgang mit „alten“ Prüfnachweisen
Liegen bereits Prüfungen nach aktuellen EN-Normen vor, die als Grundlage einer Zulassung verwendet wurden, so können diese Prüfergebnisse nach EN 1634-1, EN 1191 und EN 1634-3 für die Klassifizierung und damit die CE-Kennzeichnung verwendet werden. Liegen nur Prüfergebnisse von älteren Ausgaben dieser Normen vor, so können diese durch die NPZ-Stelle bewertet werden. Diese Prüfergebnisse müssen auf eine Übereinstimmung mit dem erweiterten Anwendungsbereich der EXAP-Regeln geprüft werden. Fehlen Details die z.B. in der bisherigen Zulassung auf gutachterlicher Basis enthalten waren, so muss entschieden werden, ob man auf diese verzichten muss oder ob Erweiterungsprüfungen durchgeführt werden. Analog geht man bei Rauchschutzabschlüssen (RSA) vor. Als wichtige Änderung ist die Einführung der Überwachungspflicht sowohl bei Rauchschutzabschlüssen, als auch bei dicht- und selbstschließenden Abschlüssen zu beachten, die nun neben dem Erstbesuch eine jährliche Überwachung der werkseigenen Produktionskontrolle fordert.
Alle Beschläge müssen für die CE-Kennzeichnung im Bericht zum erweiterten Anwendungsbereich benannt werden, wenn diese verwendet werden sollen. Auch hier spielt die NPZ eine wesentliche Rolle, muss sie doch den Einsatz der Beschläge bewerten. Als Grundlage benötigt die NPZ vom Beschlaghersteller Angaben, welche Prüferfahrung mit dem jeweiligen Beschlag vorliegt. Gesammelt werden diese Daten durch den Beschlaghersteller im sogenannten "hardware performance sheet" (HPS) – oder auch Leistungsbeschreibung genannt – nach EN 16035. Für RSA gilt das Gleiche.
Ein Austausch, wie im bisherigen in Deutschland angewendeten modifizierten Zulassungsverfahren in Verantwortung des Herstellers bzw. nach den Regeln in allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen (ABP) für RSA, ist gemäß EN 16034 nicht mehr möglich.
Normen- und Literaturverzeichnis
- EN 16034:2014
Türen, Tore und Fenster – Produktnorm, Leistungseigenschaften – Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften. - EN 16035:2012
Baubeschläge – Leistungsbeschreibung – Identifizierung und Zusammenfassung der Prüfnachweise zur Unterstützung der Austauschbarkeit von Baubeschlägen für die Anwendung an feuerwiderstandsfähigen und/oder rauchdichten Toren, Türen und/oder zu öffnenden Fenstern. - EN 1634-1:2014
Feuerwiderstandsprüfungen und Rauchschutzprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse, Fenster und Baubeschläge – Teil 1: Feuerwiderstandsprüfungen für Türen, Tore, Abschlüsse und Fenster. - EN 1634-3:2004
Prüfungen zum Feuerwiderstand und zur Rauchdichte für Feuer- und Rauchschutzabschlüsse, Fenster und Beschläge – Teil 3: Prüfungen zur Rauchdichte für Rauchschutzabschlüsse. - EN 1191:2012
Fenster und Türen – Dauerfunktionsprüfung – Prüfverfahren. - EN 13501-2:2015
Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten - Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen. - Dokumentationsband zur Sonderschau „Erfolg durch Sicherheit und Qualität“ auf der Fensterbau Frontale 2016