Das Schaubild zeigt ein großes Haus. Neben dem großen Haus ist ein Wärmekamerabild des Hauses abgebildet. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 216-2150.

Denkmalschutz im Zeichen des Klimawandels

Energieeffizienz, CO2-Vermeidung, Nachhaltigkeit und Schutz vor Klimafolgen bei der energetischen Sanierung

Lesezeit: 12 Minuten

Der Klimawandel ist da, und die Folgen treffen uns alle – das zeigen die Katastrophen der vergangenen Jahre. Hitzerekorde mit Temperaturen bis zu 47° Grad, Starkregen sowie un-erwartete Kälteeinbrüche mit großen Schneemassen gefährden Leben und Gebäude.

Daher geht es nicht mehr allein nur darum den Klimawandel durch energieeffiziente und nachhaltige Bauprodukte zu begrenzen, sondern auch darum sich vor den zukünftigen Klimakatastrophen zu schützen. Das ist bei denkmalgeschützten Gebäuden besonders anspruchsvoll. Neben der Reduzierung des Energieverbrauchs (und damit der CO2-Emissionen) in der Nutzungsphase muss auch der Ressourcenverbrauch bei der Herstellung (graue Energie) und die Recyclingfähigkeit der Baumaterialien beachtet werden.

Das Schaubild zeigt ein großes Haus. Neben dem großen Haus ist ein Wärmekamerabild des Hauses abgebildet. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 216-2150.
Bild 1: Ohne energetische Optimierung und Klimaresilienz dürfen auch Denkmal geschützte Gebäude nicht mehr saniert werden (Bild Ingo Bartusek – stock.adobe.com)

Bei der Modernisierung von Fenstern, Türen und Toren sollten deshalb folgende Aspekte gleichrangig zum Denkmalschutz beachtet werden.

  • Gebäude brauchen energieeffiziente Fenster und einen adaptiven Sonnenschutz (Rollläden, Raffstore, Jalousien, schaltbare Verglasungen etc.), um solare Gewinne zu nutzen und vor Überhitzung zu schützen.
  • Fenster mit einfach nutzbaren Lüftungselementen sind notwendig, um die Bewohner mit Frischluft zu versorgen und durch Nachtauskühlung eine Überhitzung zu vermeiden.
  • Fenster und Türen im Keller und EG müssen in kritischen Einbaulagen besser vor Überschwemmungen durch lokalen Starkregen und drückendes Wasser schützen.
  • Beim Einsatz hochwertiger Wärmeschutzfenster muss auch die Laibung optimiert (gedämmt) werden.
  • Die Materialien müssen resistenter gegen hohe Oberflächentemperaturen (> 80 °C) bei intensiver Sonneneinstrahlung und Hitzeperioden werden, insbesondere bei dunklen Oberflächen

1 Klimawandel fordert energetisch optimierte Gebäude

Die Anforderungen der deutschen und europäischen Klimapolitik sind nur durch radikale Einsparungen des Energieverbrauchs und dem verstärkten Einsatz regenerativer Energien zu erreichen. Die notwendigen Maßnahmen müssen sich viel stärker als bisher auf den Gebäudesektor, insbesondere dem Gebäudebestand, konzentrieren. Denn hier ca. 40 % der CO2-Emissionen entstehen und die Erreichung der sektoralen Emmissionsreduzierung noch in weiter Ferne liegt. Der große Hebel liegt nicht im Neubau, sondern in einer höheren energetischen Sanierungsquote. Denkmal geschützte Gebäude dürfen hier keine Ausnahme machen.

Moderne Fenster, Fassaden und Verglasungen haben heute schon ein Niveau erreicht, bei dem die solaren Gewinne auf der Ost-, West- und Südseite die Energieverluste in der Heizperiode übertreffen können. Damit sind moderne Wärmeschutzfenster eine regenerative Energiequelle ganz ohne Anlagentechnik. Durch ein breites technisches Angebot können Fenster und Fassaden an die jeweiligen Anforderungen optimal angepasst werden – auch bei denkmalgeschützten Gebäuden.

Das Schaubild zeigt verscheiden Holzfensterkonstruktionen mit den entsprechenden U Werten bei einfach, 2-fach oder 3-fach Verglasungen. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 216-2150.
Bild 2: UW Werte unterschiedlicher Fensterkonstruktionen am Beispiel von Holzfenstern
Quelle: ift Rosenheim
Die Tabelle zeigt unterschiedliche Lösungsansätze für die Fenstersanierung. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 3: Optimierungsmöglichkeiten bei der Fenstersanierung (Bild RAL/ift Montageleitfaden)

Einen sehr großen Einfluss für die Funktion und Gebrauchstauglichkeit hat auch die Montage. Diese muss gerade bei der Denkmalsanierung gut geplant werden. Viele Tipps und Detailinformationen finden sich im Montageleitfaden der RAL-Gütegemeinschaft Fenster und Fassaden und dem ift Rosenheim. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Neubewertung des bauphysikalischen Gleichgewichts, da sich durch neue Fenster die Luftdichtheit und die Oberflächentemperaturen am Bauteil und der Leibung ändern.
  • Erkennen und Optimieren von kritischen Wärmebrücken durch Dämmung der Leibungen, wenn der U-Wert der Außenwand UAW > 1,0 W/(m²K) ist.
  • Berücksichtigung möglicher Änderungen der baulichen Gegebenheiten (Fensterbänke, Leibung, Rollläden) unter Berücksichtigung von Denkmalschutz, Aufwand/Kosten, Vermeidung von Schmutz etc.
  • Wenn mehr als 1/3 der Fenster in einem Gebäude ausgetauscht werden, muss gemäß DIN 1946-6 ein Lüftungskonzept erstellt werden.

2 Schutz vor Klimafolgen (Resilienz)

Auch die Realisierung ambitionierter Ziele bei der CO2-Vermeidung werden die massiven Auswirkungen auf das Wetter nicht mehr verhindern. Die Zunahme klimabedingter Katastrophen und Veränderungen ist bereits im vollen Gange. Ein Tornado in Kiel, die Flut im Ahrtal, Hitzewellen im Südwesten, Trockenheit und Waldbrände im Osten, Hagelschneisen im Chiemgau – es ist beängstigend, wie häufig derartige Ereignisse uns mittlerweile heimsuchen. Überschwemmungen und Hitzewellen sind dabei die größten Gefahren für Leib und Leben sowie dem Gebäude. Für Fenster, Türen und Fassaden werden die Anforderungen daher extremer und die Konstruktionen müssen „robuster“ werden. Hierfür sind Materialien mit ausreichender Temperaturfestigkeit notwendig sowie geeignete Konstruktionen mit höherer Widerstandsfähigkeit gegen Hochwasser und Überschwemmungen. Es gibt viele Stellschrauben, um die Bauteile und das Gebäude fit für den Klimawandel zu machen. Ein Umdenken ist aber auch bei den Architekten und Denkmalschützern gefragt, wenn es um Größen, Fensterteilungen, Öffnungsarten und die Anordnung der Fenster geht. Denn auch denkmalgeschützte Gebäude müssen nach einer Sanierung sicherer und nachhaltiger sein.

Das Schaubild zeigt eine Zeichnunh eines hHauses mit Umwelteinflüssen, wie Unwetter, Hitze, Strahlung, Hochwasser und Starkregen. Nähere Informationenzur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 4: Die Zeiten für Gebäude und Bewohner werden rauer

2.1 Hochwasserschutz

Überschwemmungen treten schon seit Jahren nicht mehr nur im direkten Umfeld von Flüssen und Bächen auf. Gerade lokale Starkregenereignissen führen durch das Oberflächenwasser zu Überschwemmungen – das kann in Deutschland fast jedes Gebäude treffen; es braucht nur ein ungünstiges Gefälle zum Haus. Die Belastungen während einer Hochwasserflut sind vielfältig. Moderate mechanische Belastungen treten durch den Wasserdruck bei langsam steigendem Wasser auf. Bei einem sprunghaften Ansteigen des Wassers (Dammbruch, Schwallwasser etc.) oder durch angeschwemmtes Treibgut (Baumstämme, Steine, Schwemmgut etc.) sind die Belastungen deutlich höher und erfordern den Einsatz massiver Schutzvorrichtungen.

Bild 5: Belastung durch Wasser und mögliche Schutzmaßnahmen
Quelle: ift Rosenheim

„Normale“ Fenster im Haus können bei „normalen“ Regenfällen den Eintritt von Wasser im Haus verhindern. Dennoch zeigen Hochwasserereignisse vielfältige Schadensbilder. Denn auch feuchteunempfindliche Baustoffe (Glas, Kunststoffe, Aluminium etc.) zeigen Schäden, insbesondere die in die Hohlräume der Fensterkonstruktionen eingedrungene Feuchtigkeit und Verschmutzung führen zu Beeinträchtigungen durch Gerüche, Schimmelpilze und sonstigen Emissionen in die Raumluft. Verunreinigungen des Wassers durch Heizöl, chemische Stoffe aus Garagen oder Betrieben bilden zudem einen Chemiecocktail, der zu Reaktionen mit den Fenstermaterialien führen kann (Kunststoffe, Beschichtungen, Dichtmaterialien) und das Fenster unbrauchbar machen. Trotz Trocknung, Reinigung und Instandsetzung von Bauelementen, ist eine Sanierung dann oft nicht mehr möglich. Das gilt in gleichem Maße für den Baukörperanschluss. Bei einer Gebäudesanierung und Nachrüstung mit hochwasserbeständigen Konstruktionen ist eine fachkundige Planung gefordert, die häufig auch Anpassungen am Gebäude notwendig macht. Unter diesem Gesichtspunkt muss eine gleichrangige Abwägung zwischen dem Schutzbedürfnis sowie Denkmalaspekten erfolgen.

Neben Spezialverglasungen für Aquarien und Schiffsverglasungen gibt es auch Hochwasserbeständige Fenster. Dies sind Spezialkonstruktionen, die nur bedingt die üblichen Anforderungen an die Funktion oder Wärme-/Schallschutz erfüllen und deshalb bislang vor allem als kleine Kellerfenster am Markt verfügbar sind. Die Entwicklungen geeigneter Anforderungen, Prüfverfahren und Konstruktionen für Hochwasserbeständige Fenstern und Fenstertüren, die wie „normale“ Fenster im Erdgeschoss eingesetzt werden können, beginnen nun erst. Denkbar sind auch wirksame Kombisysteme aus Fenstern und temporären Schutzelementen, die bei Gefahr aktiviert werden. Durch die steigende Nachfrage von Menschen, die ihre Gebäude gegen eine Hochwasserkatastrophe schützen wollen, ist mit einer dynamischen Entwicklung zu rechnen. Einen großen Einfluss auf die Marktentwicklungen haben dabei die Versicherer und deren Bereitschaft Gebäude ohne Schutzelemente noch gegen Elementarschäden zu versichern.

Das schaubild zeigt Die konstruktionsprinzipien eines hochwasserhemmenden Fensters in Form einer Zeichnung. Neben der Zeichnung ist ein Bild von einem Fenster durch dessen Dichtungen Wasser tritt. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 6: Konstruktionsprinzipien und Prüfung hochwasserhemmender Fenster
Quelle: ift Rosenheim

2.2 Hitzeschutz

Wissenschaftliche Prognosen zeigen eine deutliche Zunahme von Hitzewellen mit Temperaturen über 40°C. Kritisch wird es, wenn Gebäude sich wegen unzureichendem Sonnenschutz und fehlender Nachtlüftung schnell erhitzen und Menschen sich , insbesondere nachts, nicht mehr ausreichend erholen – das gilt vor allem für hitzevulnerable Gruppen (Kleinkinder, Säuglinge, alte/kranke Menschen, Menschen mit Handicap sowie Wohnungslose). In Deutschland werden zwar keine offiziellen Statistiken erhoben, aber an den sehr heißen Tagen zwischen dem 23. Juli und dem 9. August 2018 lag die Übersterblichkeit nach Zahlen aus 15 statistischen Landesämtern bei 8.000 Menschen.

Das Schaubild zeigt 5 Wärmebildaufnahme Daeutschlands zwischen 1995 und 2018 mit Temperaturbezeichnung de Farben.
Bild 7: Mittlere jährliche Anzahl der heißen Tage in Deutschland (Tage mit einer Höchsttemperatur von mindestens 30 °C). Quelle: DWD & EWK 2020

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat ein zweistufiges Warnsystem entwickelt (starke Wärmebelastung bei gefühlter Temperatur an zwei Tagen in Folge über 32 °C und extreme Wärmebelastung über 38 °C). Relevant für das Gesundheitsrisiko sind dabei nicht nur die gemessene Lufttemperatur, sondern die „gefühlte Temperatur“ (Klima Michel-Modell), bei der auch das Bewegungslevel, Bekleidung sowie die Luftfeuchte (Schwüle) berücksichtigt werden.

2.2.1 Sonnenschutz

Wie sollen Verschattungen und Fensterlüftungen ausgeführt werden, um das Hitzerisiko zu verringern? Die Wärmeübertragung wird realistisch durch den gtotal Wert beschrieben, bei dem die Wärmedämmung der Verglasung und die Verschattung berücksichtigt wird. Der in der Praxis oft genutzte Fc-Wert für den Sonnenschutz beschreibt die technische Qualität daher nur eingeschränkt. So verändert sich der g-Wert für ein- und denselben außenliegenden Sonnenschutz bei unterschiedlichen Verglasungen um bis zu 50 %. Um den höheren zukünftigen Belastungen zu begegnen sollte gtotal möglichst niedrig sein.

Das Schaubild zeigt die Berechnung des Gesamtenergiedurchlassgrades g total gemäß DIN 4108-2 und EN 13363 Teil 1 und 2. Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 8: Gesamtenergiedurchlassgrad gtotal als relevante Kenngröße zur Berechnung des Sonnenschutzes
Quelle: ift Rosenheim
Das Diagramm zeigt die bestimmung des Reduktionsfaktors Fc. Auf der Y-Achse Reduktionsfaktor Fc. Auf der X-Achse Strahlungsmissionsgrad des Sonnenschutzes. Nähere Information zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Bild 9: Bestimmung des Fc-Werts für außenliegenden Sonnenschutz in Abhängigkeit von der Verglasung und dem Strahlungstransmissionsgrads des Sonnenschutz

Für den sommerlichen Wärmeschutz ist ein rechnerischer Nachweis baurechtlich gefordert. Für Wohngebäude reicht der vereinfachte Nachweis über den Sonneneintragskennwert nach DIN 4108-2 noch aus. Aber bei größeren Glasflächen sollte schon genauer nach EN 13363 gerechnet werden. Das Ziel der Planung muss sein, die solaren Gewinne in der Heizeperiode zu optimieren und im Sommer Überhitzungen zu vermeiden. Ein Planer muss aber immer auf die Wechselwirkung von Glas und Sonnenschutz achten. Hier muss mit dem gtotal nach EN 52022-1 oder EN 52022-3 Wert gerechnet werden. Beispielsweise ergibt sich bei einem weißen Rollladen als Sonnenschutz für ein 2-fach Wärmeschutzglas ein g-total Wert von 0,16 und für ein gutes 3-fach Sonnenschutzglas ein gtotal Wert von 0,08 – das ist eine Abweichung von 50 % ???. Die dann zu falschen Produkt- und Investitionsentscheidungen führt.

2.2.1 Nachtauskühlung

Die zweite Möglichkeit zur Verringerung der Innenraumtemperaturen ist die Nachtauskühlung durch Fensterlüftung. Diese ist in Deutschland vor allem in ländlichen Gebieten gut nutzbar, wo die Nachttemperaturen durch einen grünen Lebensraum (Wald, Bäume, Wiesen, Seen etc.) deutlich geringer sind. Bei der Nachtlüftung sind im Sommer möglichst hohe Luftwechselraten (n ca. 2-5) notwendig, um die Innenraumtemperaturen zu reduzieren. Hierzu ist eine intensive Durchlüftung (Querlüftung oder mechanische Ventilatoren) Fenster notwendig. Bei mehrgeschossigen Wohnungen wird der Luftwechsel zusätzlich durch den „Kamineffekt“ unterstützt. Um den Komfort zu verbessern, können die Fenster mit Sensoren oder als automatisches System ausgeführt werden, dass die Fenster schließt, wenn Sturm und Regen auftreten. Aber auch in Städten sind bauliche Maßnahmen sinnvoll, um das Mikroklima zu verbessern und die Nachttemperaturen zu senken. Mannheim zählt hier zur den Vorreitern und hat in einem „Klimafolgenanpassungskonzept“ und Hitzeaktionsplan konkrete Maßnahmen entwickelt.

Die dritte natürlich wirksame Kühlung folgt dem Prinzip der Verdunstungskälte, die bereits in „vorelektrischen“ Zeiten im Orient, Afrika und Asien eingesetzt wurde. Hierbei werden größere Flächen befeuchtet (Wände, Textilgewebe, Böden, Brunnen etc.). Durch die Verdunstung von Wasser wird der Umgebungsluft Wärme entzogen und die feuchten Flächen kühlen sich ab. Aber auch hierzu ist ein erhöhter Luftaustausch notwendig, um die Luftfeuchte abzuführen. In ähnlicher Weise wirkt auch die Begrünung von Dachflächen sowie Innen- und Außenwänden, die nachweislich zur Abkühlung und Verbesserung des Mikroklimas beitragen. Auch wenn sich mit diesen Maßnahmen der Einsatz elektrischer Kühlgeräte nicht immer vermeiden lässt, kann doch der hohe Energieverbrauch bei dessen Einsatz deutlich reduziert werden.

3 Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft

Der Bau- und Immobiliensektor verbraucht große Mengen an Energie und Rohstoffen für die Herstellung (graue Energie) und Nutzung von Gebäuden (Heizung und Kühlung). Bei der Novellierung der Bauproduktenverordnung (BauPVo) wurde folgerichtig die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen als „wesentliche Anforderung“ definiert. „[…] Das Bauwerk, seine Baustoffe und Teile müssen nach dem Abriss recycelt werden können“ […] Für das Bauwerk müssen umweltfreundliche Rohstoffe und Sekundärbaustoffe verwendet werden.“

Bisher lag der Fokus für Fenster und Fassaden überwiegend auf der Senkung der Energieverbräuche während der Nutzung durch bessere Dämmung (U-Wert) und Nutzung der Sonnenenergie (g-Wert). Hierbei wurden Emissionen durch die Erzeugung und Transport von Baustoffen, die Errichtung von Gebäuden und die Nachnutzung (Abriss oder Austausch von Bauteilen) ausgeblendet. Die neue Bundesregierung fordert nun zu Recht eine ganzheitliche Bewertung der Emissionen über den gesamten Lebenszyklus – also die Herstellung, Nutzung und den Rückbau/Austausch inkl. Recycling. Geringe Wartungs- und Pflegeaufwände, eine lange Nutzungsdauer durch Reparaturmöglichkeiten sowie die Möglichkeit zur sortenreinen Trennung am Ende des Lebenszyklus sind zukünftig zu berücksichtigen.

Das Schaubild zeigt die Lebenszyklusphasen nach EN 15804 von Herstellung (Rohstoffgewinnung, Herstellungsprozesse, Rezyklate, usw.) über Nutzung ( Transport, Einbau, Instandhaltung, usw.) zu Nachnutzung/Recycling (Rückbau, Recycling, usw.) Nähere Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter+49 8031 261-2150.
Bild 10: Eine ganzheitliche Analyse des gesamten Produktlebenszyklus offenbart alle Umwelteinflüsse und CO2-Emissionen
Quelle: ift Rosenheim

Der einseitige Blick auf den U-Wert als Kenngröße für die Energieeinsparung in der Heizperiode gehört somit der Vergangenheit an. Die BauPVo sieht eine Bewertung durch eine Ökobilanz und EPD (Umweltproduktdeklaration) vor. Hersteller von Bauelementen müssen darin die notwendigen Daten und Produktinformationen angeben, damit Planer diese bei der Gebäudeplanung berücksichtigen. Besonders wichtig sind diese Informationen, wenn eine Gebäudezertifizierung der Nachhaltigkeit geplant ist (BNB, DGNB, LEED etc.).

Mit den vielen Kenngrößen einer Ökobilanz fällt ein Produktvergleich in der Planungsphase schwer und der CO2-Fußabdruck als einfaches Maß für die Klimafreundlichkeit eines Produkts muss nicht nur für die Herstellung, sondern für den gesamten Produkt-Lebenszyklus bestimmt werden. Das ift Rosenheim entwickelt deshalb gerade ein Bewertungsverfahren, dass den Vergleich der Umweltwirkungen von Fenstern und Türen ermöglicht.

Ein starrer Sonnenschutz ist für aktuelle Herausforderungen nicht mehr ausreichend. Es braucht adaptive Systeme, die sich flexibel an den Sonnenstand und die Sonneneinstrahlung anpassen, beispielsweise schaltbare Verglasungen mit variablem g-Wert oder steuerbare bzw. winkelselektive Verschattungen. Aber auch die „klassischen“ Verschattungen wie Raffstore, Jalousien oder Rollladen können sich mit einer Automatisierung optimal an die Situation im Gebäude anpassen. Sonnenschutzvorrichtungen müssen folgende Anforderungen erfüllen:

  • Kontrolle der solaren Einstrahlung zur Sicherung behaglicher Innenraumtemperaturen,
  • Gute Tageslichtnutzung zur Reduzierung künstlicher Beleuchtung,
  • Zusätzlicher Blendschutz und Vermeidung direkter Sonneneinstrahlung, insbesondere bei Bildschirmarbeitsplätzen,
  • Sichtschutz bei Nacht und Durchsicht von innen nach außen,
  • Vermeidung hoher raumseitiger Oberflächentemperaturen,
  • Ausreichende Standsicherheit bei Wind, Schnee und Eisbildung

Die Auswahl des Sonnenschutzes darf deshalb nicht nur nach Gestaltungs-, Design- und Denkmalschutzaspekten erfolgen, sondern muss die energetischen, lichttechnischen und mechanischen Eigenschaften inklusive der Gebrauchstauglichkeit in den Fokus nehmen. Rollläden bieten einen soliden mechanischen Schutz und können gleichzeitig Einbruchhemmung und Wärmedämmung verbessern. Raffstores/Jalousien bieten mehr Möglichkeiten für die Tageslichtlenkung, erlauben größere Spannweiten und sind leichter, so dass diese oft bei Glasfassaden oder Fensterbändern zum Zuge kommen. Allerdings gibt es hier bei der mechanischen Festigkeit engere Grenzen. Markisen bieten eine riesige Vielfalt an Farben und Design und erlauben im Fall von Markisoletten (Senkrechtmarkisen) die Kombination von Sonnenschutz und guter Fensterlüftung sowie Sichtkontakt nach draußen.

Auf dunkle Verschattungen sollte verzichtet werden, da diese sich auf über 80 °C erhitzen können. Bei starker Sonneneinstrahlung sollte eine vollständige Verschattung möglich sein, um den Energieeintrag durch die transparenten Flächen bestmöglich zu verringern.

4 Fazit

Anhänger von Fridays-for-Futur sind die heutigen und zukünftigen Käufer und Nutzer von Gebäuden, Bauelementen und Bautechnik. Allen Altersgruppen dieser Bewegung ist die CO2-Bilanz, Ressourcenverbrauch und Nachhaltigkeit für die Kaufentscheidung sehr wichtig. Daher müssen folgende Aspekte bei der Entwicklung und erfolgreichem Vertrieb von Fenstern und Fassaden im Mittelpunkt stehen:

  • Minimierung der Energieverluste über Bauteile, Lüftung
  • Optimale Nutzung solarer Zugewinne,
  • Schutz vor sommerlicher Überhitzung,
  • Resilienz gegenüber Hochwasser, Stürmen, Hagel und Hitze,
  • Niedriger Energieeinsatz bei Herstellung, Wartung und Betrieb,
  • Wiederverwendbare (recycelbare) Materialien

Diese Aspekte müssen dem Endverbraucher in leicht verständlicher Form für die Auswahl geeigneter Produkte gezeigt werden.

Die anstehenden Veränderungen scheinen überwältigend und bedrohen bisherige Geschäftsmodelle. Dies ist aber nichts Neues. Bob Dylan hat zum Generationenkonflikt Anfang der 1960er Jahre gesagt:

„Die Schlacht, die draußen tobt, wird bald an den Fenstern rütteln und die Wände erschüttern. Denn die Zeiten ändern sich.“ (The Times They Are a-Changing’).

Doch diese Änderungen bieten auch Möglichkeiten passende Produkte und Dienstleistungen an den Start zu bringen, die in dem neuen gesellschaftlichen und meteorologischen Klima bestehen können. Für eine Branche, deren größter Antrieb in den letzten Jahrzehnten bereits die Optimierung der Energieverluste war, stehen die Chancen auf jeden Fall gut, diese Zukunft zu meistern.

Prof. Jörn P. Lass

ift Rosenheim

Prof. Jörn P. Lass ist der Institutsleiter des ift Rosenheim und seit über 39 Jahren in der Fenster- und Fassadenbranche tätig. Als gelernter Glaser und Fensterbauer absolvierte er ein Studium der Holztechnik und war in leitenden Funktionen bei einem Systemgeber, Fenster- und Fassadenherstellern sowie 14 Jahre im ift Rosenheim in den Bereichen Forschung, Prüfung, Güteüberwachung, Normung und Zertifizierung tätig. Die letzten sechs Jahre leitete er als Professor an der Technischen Hochschule Rosenheim die Studienrichtung „Gebäudehülle“ und ist seit Januar 2020 als Institutsleiter wieder im ift Rosenheim.

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