Alle DINs der verschiedenen Fenstern, Türen etc.

Aktuelle Trends in der Einbruchhemmung

Stand der Überarbeitung der EN 1627

Lesezeit: 9 Minuten

Die Normierung von einbruchhemmenden Fenstern, Türen und Rollläden hat in Deutschland und auch in Europa bereits eine lange Tradition.

Alle DINs der verschiedenen Fenstern, Türen etc.
Bild 1: Entwicklung der Normierung einbruchhemmender Fenster, Türen und Rollläden

Auf Basis einer ift-Prüfrichtlinie für einbruchhemmende Fenster wurde bereits im Jahr 1983 mit DIN 18103 eine Grundlage für die Beurteilung einbruchhemmender Türen sowie im Jahr 1989 mit DIN V 18054 eine Vornorm für einbruchhemmende Fenster erstellt. Weiterhin existierte ab 1991 eine Prüfrichtlinie für die Prüfung einbruchhemmender Rollläden. Beide DIN-Normen sowie die Prüfrichtlinie des Bundesverbandes Rollladen und Sonnenschutz waren dann Basis für die 1999 veröffentlichte und im Markt bekannte DIN V ENV 1627ff. Nach 12 Jahren Vornormzeit konnte dann 2011 aus der Vornorm eine „richtige“ EN-Norm werden. Nun steht turnusmäßig eine Weiterentwicklung und Überarbeitung der wichtigsten Normenreihe zum Einbruchschutz an.

Normentwürfe prEN 1627ff.

Im Folgenden werden mögliche Veränderungen in den neuen Normentwürfen der prEN 1627ff. vorgestellt, die voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2019 veröffentlichten werden. Die Informationen geben den derzeitigen Stand der Normungsarbeit sowie die Diskussion in der Working Group 7 (WG7) wieder. Am grundsätzlichen Prüfablauf einer Einbruchprüfung nach prEN 1627ff. wird es keine Veränderungen geben. Auch künftig wird am bewährten 3-stufigen Prüfablauf mit statischer Prüfung, dynamischer Prüfung und manueller Vor- und Hauptprüfung festgehalten. Alle drei Teilprüfungen müssen die definierten Anforderungen bestehen, um anschließend nach prEN 1627 „neu“ klassifiziert werden zu können.

Die verschiedene Prüfungen eines einzelnen Ablaufes
Bild 2: Prüfablauf gemäß prEN 1627ff.

Voraussichtliche Änderungen in prEN 1628 (Statische Prüfung)

Für die statische Prüfung sind nur einige wenige, im Wesentlichen redaktionelle Veränderungen zu erwarten. Neu wird eine Spaltlehre „Type C“ mit der Form einer Ellipse von 250 mm x 150 mm und einer Dicke von 20 mm sein. Diese Spaltlehre ersetzt die bis dato verwendete Spaltlehre 3. Die neue Spaltlehre wird künftig nur bei einbruchhhemmenden Bauteilen der „Produktgruppe 4“ (wie Gitter) vorgesehen.

Voraussichtliche Änderungen in prEN 1629 (Dynamische Prüfung)

Auch für die dynamische Prüfung sind nur wenige redaktionelle Veränderungen zu erwarten. Beim Prüfverfahren mit dem Zwillingsreifen bleibt alles beim Alten – auch wird die Prüfung nur an Bauelementen in den Widerstandsklassen RC 1 N bis RC 3 durchgeführt.

Voraussichtliche Änderungen in prEN 1630 (Manuelle Prüfung)

Für die Bewertung der „Durchgangsfähigen Öffnung“ wird ein zusätzliches Template E4 erwartet. Die rechteckige Bewertungsschablone mit den Abmessungen 150 mm x 660 mm (Breite x Höhe) soll ausschließlich bei festverglasten Seitenteilen und Oberlichtern eingesetzt werden. Neu wird ein zusätzlicher Anhang E sein, welcher die Prüfung des „Ziehschutzes“ für Profilzylinder ermöglicht, wenn kein Nachweis einer Prüfstelle vorliegt. Am wichtigsten erscheint jedoch die Tatsache, dass die Zusammenstellung der Werkzeugsätze A1 bis A6 nahezu unverändert bleiben wird.

Voraussichtliche Änderungen in prEN 1627 (Anforderung und Klassifizierung)

Für prEN 1627 sind wesentliche Erweiterungen, Ergänzungen sowie Neuerungen vorgesehen. Dies wird sofort am Umfang der Norm ersichtlich: Die aktuelle Fassung von DIN EN 1627:2011 beinhaltet 44 Seiten (inkl. Nationalem Anhang); demgegenüber wird die künftige Fassung prEN 1627 ca. 63 Seiten haben.

Eine der wichtigen Veränderungen ist die Integration von Fenstern und Türen, welche mit mechatronischen Baubeschlägen ausgestattet sind. Hierzu wurde ein neuer Anhang E „Mechatronic and electronic security systems“ erarbeitet. Dieser beschreibt zusätzliche Anforderungen für Baubeschläge, die in Tabelle 2A und 2B definiert sind. Es wird sich in der Anwendung der Norm zeigen, in welcher Form die definierten Anforderungen im Anhang E sowie die ggf. erforderlichen Prüfszenarien im Rahmen der manuellen Einbruchprüfung reproduzierbar umgesetzt werden können. Insgesamt hat die Diskussion in der WG 7 gezeigt, dass nur wenig Erfahrung bei der Prüfung von einbruchhemmenden Bauteilen in Verbindung mit mechatronischen Baubeschlägen vorliegt. 

Sechs verschiedenen Möglichkeiten der Manipulation einer einbruchhemmenden Tür. Dazu gehören Manipulation des Bedienelements; Manipulation der Funkstrecke; Mechanischer Angriff; Elektromagnetische, elektrostatische Manipulation; Manipulation des Hausnetzes/Internets und die Manipulation der Stromversorgung.
Bild 3: Möglichkeiten der Manipulation einer einbruchhemmenden Tür mit umfangreicher Zutrittskontrolle

Weiterhin wurde der Abschnitt 6 „Beschläge“ in EN 1627 komplett überarbeitet. Die neue Tabelle 2A „Key related security“ beschreibt Anforderungen an Baubeschläge und definiert Klassen wie Profilzylinder nach EN 1303 oder abschließbare Fenstergriffe nach EN 1316-3 bezüglich der „Sicherheit des Verschluss-Systems“ bzw. dessen Schlüssel. In der neuen Tabelle 2B „Attack related security“ werden Anforderungen an Baubeschläge und definierte Klassen hinsichtlich des mechanischen Angriffswiderstands festgelegt. So muss bspw. ein Schutzbeschlag an einer einbruchhemmenden Tür der Widerstandsklasse RC 2 der Klasse 3 nach EN 1906 entsprechen. Sofern dies nicht der Fall ist, kann über eine neue alternative Nachweismöglichkeit durch die manuelle Prüfung die Tauglichkeit nachgewiesen werden. Diese Möglichkeit ist auch für weitere Baubeschläge wie Profilzylinder oder Schlösser realisierbar. Aufgrund dieser neuen Anforderungen in den Tabellen 2 C bis 2 H wurde der bis dato bekannte Anhang B komplett eliminiert.

Voraussichtliche Änderungen im „Nationalen Vorwort (NA) zur prEN 1627“ (Anforderungen und Klassifizierung)

Es ist zu erwarten, dass die Tabellen mit Anforderungen an das Mauerwerk erweitert werden. Grundlage für den Nachweis der Montage einbruchhemmender Bauteile in Ziegelmauerwerk mit Werkstoffen einer geringeren Festigkeitsklasse als 12 N/mm2 sind Ergebnisse eines Forschungsprojektes am ift Rosenheim, welche belegen, dass der Einbau von einbruchhemmenden Bauelementen in den Widerstandsklassen RC 1 N bis RC 3 in Ziegelmauerwerk mit einer Druckfestigkeitsklasse von 6 N/mm2 möglich ist.

Die Tabelle zeigt die Widerstandsklasse des Bauteils nach DIN EN 1627; Umgebende Wände unterteilt in "aus Mauerwerk" und "aus Stahlbeton nach", wobei "aus Mauerwerk" auch noch in Wanddicke (ohne Putz) mm; Druckfestigkeitsklasse der Steine (DFK); Rohdichteklasse der Steine (RDK) und die Mörtelgruppe und Außenputz. Auch "aus Stahlbeton nach" ist unterteilt in Nenndicke und Festigkeitsklasse. Nähre Informationen zur Darstellung erhalten Sie auf Anfrage unter +49 8031 261-2150.
Tabelle 1: Mögliche überarbeitete Tabelle mit Anforderungen an das Ziegelmauerwerk mit geringerer Druckfestigkeitsklasse (Quelle: Deutscher Spiegelausschuss Einbruchschutz)

Zusammenfassung und Ausblick

Mit den überarbeiteten Entwürfen von prEN 1627ff. ist im ersten Halbjahr 2019 zu rechnen. Aus jetziger Sicht sind dies die wesentliche Veränderungen und Neuerungen:

  • Integration mechatronischer Beschläge und Bauteile,
  • Veränderungen in den Anforderungen an Beschläge für Fenster und Türen,
  • Alternative Nachweismöglichkeiten zur Beurteilung von Beschlägen in einbruchhemmenden Bauteilen.

Inwieweit die Neuerungen in den Normentwürfen beim europäischen Abstimmungsverfahren angenommen werden, kann aktuell nicht abgeschätzt werden. Es zeigt sich jedoch, dass es schwer sein wird, innerhalb Europas einen Konsens zu finden.

Christian Kehrer

ift Rosenheim

Dipl.-Ing. (FH) Christian Kehrer leitet die ift-Zertifizierungsstelle und ist Lehrbeauftragter an der Hochschule Rosenheim. Er ist langjähriges Mitglied in nationalen und internationalen Ausschüssen der Normung, Technik und div. Verbänden. 

Lösungen aus diesem Themenbereich

Artikel aus diesem Themenbereich